J.D. David

Sonnenfeuer


Скачать книгу

Frau leise, als sie auf Königin Hega zuging. Sonya von Kargat hatte die gleichen, hellbraunen Haare wie ihre Mutter, die aber im Vergleich zu ihr leicht gelockt waren. Ihre tiefgrünen Augen gaben ihr etwas Mysteriöses, das doch ihre Schönheit nur hervorhob. Taskor war in diesem Moment dankbar über die beeindruckende Stärke, die die Prinzessin an den Tag legte. Immerhin waren es auch ihre Brüder und Neffen gewesen, die ihr Leben verloren hatten. dennoch wirkte sie gefasst, legte ihre Hand tröstend auf den Arm der Mutter.

      „Nein, Majestät, noch ist nicht alles verloren.“, sagte Taskor etwas steif. „Noch gibt es eine Nachfahrin Wulfrics, die das Königsgeschlecht weiterführen kann. Majestät, prinzliche Hoheit, wir müssen so schnell es geht aus Härengar fliehen. Die Stadt ist gefallen, aber so lange das Volk Kargats noch auf eine Königin hoffen kann, ist das Land noch nicht verloren.“

      Hega schaute ungläubig auf und fixierte Taskor erneut fast wütend. Ihre Augen waren rot, Tränen rannen über ihre Wangen. Aber Hega von Kargat war immer eine starke Frau gewesen. Wut war ihr näher als Trauer. Sie schaute den General giftig an.

      „Über was für eine Hoffnung redest du, Taskor? Du hättest an der Seite meiner Enkel stehen sollen, um tapfer mit ihnen zu sterben. Wie ein Feigling bist du in die Burg geflohen, um deine eigene Haut zu retten. Und nun willst du, dass ich genauso davon laufe? Niemals. Wenn das Königshaus von Kargat zu Grunde geht, dann mit erhobenem Haupt. Hier und heute.“

      „Mutter.“, sagte Sonya beruhigend und sofort wich die Wut Hegas ob der sanften Worte ihrer Tochter. „General Graufels hat Recht. Ich bin mir sicher, dass er mit Freuden als erstes gefallen wäre um unser Leben und das Leben der Prinzen zu schützen. Aber die Zeit lässt sich nicht zurück drehen. Lass uns fliehen, wenn wir können.“

      Taskor nickte wortlos. Er hatte die Wut von Hega verdient. Und konnte über die Stärke von Sonya nur staunen. Sie hatte Recht. In jedem Moment, den sie zögerten, kamen die kaiserlichen Truppen näher. Ohne weiter auf eine Entscheidung der Frauen zu warten, drehte sich Taskor zu dem jungen Soldaten an der Tür um.

      „Du, wie ist dein Name?“

      „Be…Benno. Benno Mühlknecht.“, antworte der junge Mann stotternd. Die Angst stand ihm im Gesicht.

      „Gut, Benno. Du wirst uns begleiten. Du bist für das Leben der Königin und der Prinzessin verantwortlich. Du wirst sie keine Sekunde aus den Augen lassen. So wie ich wirst du dich mit Freuden in jede Klinge stürzen, die ihnen zu nahe kommt, verstanden?“, sprach der alte General in zackigem Befehlston.

      Benno spannte den ganzen Körper an und verbeugte sich leicht. „Natürlich, mein General. Aber wie wollen wir fliehen?“

      Taskor legte die Stirn in Falten. Der Weg über den Burghof war zu gefährlich. Auch den Weg an die Anlegestelle der Festung konnten sie nicht nehmen, denn die Schiffe des Kaisers hatten den Hafen unter Belagerung genommen.

      „Es gibt einen Bediensteteneingang aus der Küche, der direkt in die Gassen von Härengar hinter der Burg führt.“, sagte Sonya und wandte sich mit den Worten direkt an Taskor. Dieser nickte. Ja, das war ein guter Plan. Vielleicht der einzige Weg.

      „Ja, sehr gut. Majestät, seid Ihr bereit?“

      Man merkte, wie Hega um Fassung rang, sich dann aber aufrichtete und ihren Rücken durchstreckte. Sie strich über ihr Kleid und wirkte von einem Moment auf den anderen wieder wie eine wahre, würdevolle Königin. Sie schaute Taskor direkt in die Augen.

      „In Ordnung, General Graufels. Dann zeig mir, dass es gerechtfertigt war, dein Leben zu schonen. Bring mich und die Prinzessin aus Härengar.“

      Der Rauch lag tief über der Stadt und zog auch in die kleine Gasse, in die sie aus der Burg traten. Taskor schaute sich zu allen Seiten um, bevor er die beiden Frauen hinauswinkte. Beide hatten sich unscheinbare Umhänge umgeworfen, um im besten Fall unentdeckt zu bleiben. Zögerlich folgte als letztes der junge Benno.

      „Wir versuchen einen Weg nach Norden zu finden, um dort aus der Stadt zu fliehen.“, erklärte Taskor der Königin und schaute zum Himmel. Es war nicht viel zu sehen, aber zwischen den Rauchschwaden waren die Strahlen der Mittagssonne zu erahnen. Also wandte er sich in die entgegengesetzte Richtung und lief los.

      Im Prinzip war die Lage, wie die Königin gesagt hatte, fast ausweglos. Die kaiserlichen Truppen hatten die Tore im Süden und Osten niedergerissen und marschierten durch die Straßen der Stadt, um den letzten Widerstand niederzuschlagen. Gleichzeitig hatte eine Flotte des Kaisers den Hafen erst verschlossen und setzte dann zum Angriff von See aus an. Der Belagerungsring umschloss Härengar auch im Norden, aber hier waren deutlich weniger Soldaten zu sehen gewesen. Mit ein bisschen Glück konnten sie vielleicht dort hindurch schlüpfen, um dann… ja, um dann wohin zu gehen? Doch Taskor konnte sich nur einen Gedanken auf einmal erlauben. Aktuell musste er sich nur darauf konzentrieren, aus der gefallenen Stadt zu fliehen.

      „Nicht so schnell, General Graufels.“, hörte er die Stimme des jungen Soldaten Benno. Er drehte sich um und erkannte, dass er in Gedanken verloren einen zu scharfen Schritt angeschlagen hatte, dem die Frauen nicht folgen konnten. Er hielt inne und wartete, bis sie aufschlossen. Sonya stützte ihre Mutter, die immer noch schwach wirkte. Wohl ob des Rauches, genauso wie der Trauer und Angst, die sie empfand.

      „Entschuldigung, Majestät. Geht es?“, fragte er dann die Königin. Hega nickte zaghaft.

      „Ja, Taskor, lass uns weitergehen.“

      „Vorsicht!“, hörte Taskor noch den warnenden Ruf des jungen Soldaten. Blitzartig stellte er sich schützend vor die Königin und spürte gerade noch den Bolzen der Armbrust, der wenige Finger entfernt an seinem Gesicht vorbeiflog. Er riss die Klinge aus seiner Scheide und schaute die Straße hinunter, um die Situation zu analysieren.

      Am Ende der Gasse standen sechs oder sieben Soldaten in den roten Farben des Kaiserreiches. Die Truppen schienen sich langsam aufzuteilen, um die Gassen zu durchkämmen. Zu ihrem Glück hatte nur einer der Männer eine Armbrust, die er gerade versuchte nachzuladen. Dennoch waren es sechs gegen einen, denn Taskor ging davon aus, dass der junge Benno kaum eine Hilfe war. Eine schwierige Aufgabe. Aber keine Unmögliche. Und eine Alternativlose.

      „Benno, führ die Königin und Prinzessin weiter nach Norden. Kargats Hoffnungen ruhen auf dir. Ich werde die hier aufhalten.“, befahl der General dem Jungen. Hega schien noch etwas einwenden zu wollen, aber Taskor lief in seiner schwarzen Rüstung bereits auf die Feinde zu. Er mobilisierte seine letzten Kräfte.

      Krachend schlug sein Stahl auf den großen Schild des ersten Soldaten. Doch er ließ dem Feind keine Zeit zu kontern. Bevor dieser sein Schwert nach vorne stoßen konnte, führte Taskor einen seitlichen Hieb aus, der über den Rand des Schildes schliff und die Schulter des Feindes aufriss. Mit Schmerzensschreien ging der Mann zu Boden.

      Der Triumph war für Taskor allerdings von kurzer Dauer. Mit einer Bewegung nach rechts versuchte er, der Speerspitze eines Angreifers auszuweichen. Jedoch waren seine besten Tage lange her, und die eiserne Spitze schlug in die Seite seiner Rüstung und verbeulte das Metall, sodass ihm die Luft genommen wurde. Gerade noch rechtzeitig konnte er sein Schwert hochreißen, um einen Hieb eines anderen Soldaten abzuwehren. Aus dem Augenwinkel erkannte er, wie der Kaiserliche mit der Armbrust diese neu geladen auf ihn anlegte.

      Nur ein Feind. Er hatte nur einen Feind niederringen können, bevor das Ende kam. Ein erbärmliches Ende. Vielleicht hatte er Benno zumindest genug Zeit erkauft, damit dieser Hega und Sonya in Sicherheit bringen konnte. Dann hörte er das Klacken der Armbrust und einen Schrei.

      Der Bolzen schlug neben Taskor in der Mauer ein, und wie er wandten sich auch seine beiden Feinde erschreckt um. Man erkannte noch die blutige Klinge, die dem Armbrustschützen aus der Brust ragte, bevor er zu Boden fiel und den Blick auf einen stämmigen Mann freigab. Seine Arme und Schultern waren kräftig, sein Haar kurz, militärisch und grau, und sein Gesicht entstellt von mehreren Narben und einer Augenklappe. Mit einer schnellen Bewegung zog er die Klinge aus dem Leib des Mannes und baute sich vor dem nächsten Feind auf.

      Taskor nutzte den kurzen Moment der Unaufmerksamkeit seiner Feinde. Mit einem Ausfallschritt nach vorne griff