Victoria vanZant

ShadowPlay - Entblößt


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… das war wirklich gelebte Liebe und Zärtlichkeit. Elena wendete diskret den Kopf zur Seite und sah direkt in ein Paar schwarze Augen, die sie fixierten. Irritiert senkte sie den Blick. Warum wusste sie selbst nicht genau. Als sie wieder aufblickte, stand David immer noch mit verschränkten Armen auf der Gangway an den Rumpf der Maschine gelehnt und sah ins Innere – genau auf sie. Und wieder durchlief sie dieser unangenehme Schauer, weil sie das Gefühl hatte, er könne ihr bis auf den Grund der Seele blicken.

      »Kann ich dich mit Elena alleine lassen, ich möchte David …«

      »Aber natürlich, Darling! Es sind doch nur Freudentränen. Weil ich so dankbar bin, dass du wieder da bist, dass du gesund bist, dass du uns liebst!«

      »Prinzessin«, flüsterte Ryan strahlend und küsste ihre Nasenspitze.

      »Nun geh schon«, schob sie ihn sanft von sich und nickte in Richtung der Gangway. »David wartet auf dich.«

      Jede in ihre eigenen Gedanken versunken, sahen die Frauen den Männern hinterher, die lachend aus ihrem Sichtfeld verschwanden.

      »Ich habe riesigen Hunger, wie sieht es mit dir aus?« Die Schwangere wartete die Antwort nicht ab und holte das Tablett mit den belegten Brötchen. Sie deutete auf die sich gegenüberstehenden Ledersessel. »Kannst du bitte den Tisch ausklappen? Einfach auf den Knopf neben der kleinen Lampe drücken.«

      Wie von Geisterhand öffnete sich eine Klappe, die in der dunklen Verkleidung unterhalb der Fenster eingelassen war. Amüsiert sah Elena zu, wie eine Platte aus hochglanzpoliertem Edelholz sichtbar wurde, die sich langsam senkrecht herausschob und in die Horizontale umklappte.

      »Du kennst dich hier ja schon gut aus«, grinste sie und nahm das Tablett von Fiona entgegen.

      »Ryan hat es mir vorhin erklärt. Er hat bestimmt schon geahnt, dass ich mit dem Essen nicht warten kann. Er weiß ja, wie verfressen ich bin – und jetzt sogar gleich doppelt«, grinste sie und strich sich über den Bauch.

      »Ich finde es erstaunlich, was du alles ohne Konsequenzen in dich reinschaufeln kannst!« Sehnsüchtig betrachtete Elena die Kurven der Freundin. Wie schaffte sie es, in der Schwangerschaft ausschließlich an den richtigen Stellen zuzunehmen? »Wenn ich nur an das denke, was du isst, platze ich schon aus allen Nähten.« Bedauernd zuckte sie die Schultern und ließ die Hände über ihre Hüften gleiten.

      »Also ich kann beim besten Willen kein überflüssiges Pfund an dir erkennen.« Fiona sah sie frech an. »Kann es sein, dass du dir seit exakt vierundzwanzig Stunden verstärkt Gedanken um das Thema machst?« Noch bevor Elena antworten musste, schob sie eine unverfängliche Frage hinterher: »Was möchtest du trinken? Kaffee, Kakao, Champagner?«

      »Champagner, wie dekadent um diese Uhrzeit!« Sie folgte ihrer Freundin zur Bordküche. »Aber ehrlich gesagt wäre mir ein Kakao am liebsten.«

      Auf dem Rückweg zum Tisch nutze Elena die Gelegenheit, um noch einmal aus der Tür zu sehen, doch weder hier noch durch die Fenster konnte sie einen Blick von David erhaschen.

      »Suchst du was?«, stichelte Fiona scheinheilig. Als sie Elenas bekümmerten Blick sah, tat es ihr sofort leid. »Hey, was ist denn mit dir? So kenne ich dich ja gar nicht. War es nicht schön mit David? Also ich meine …«

      »Es war nichts.«

      »Du wolltest nicht?«

      »Er wollte nicht.«

      Die Becher landeten so schwungvoll auf dem Tisch, dass der Kakao quer durch die Kabine spritzte. »Mist, es ist doch nichts auf die Sessel gekommen?« Panisch inspizierte Fiona die hellen Sitzflächen.

      Dankbar, der Inquisition auf diese Weise zu entkommen, sprintete Elena zur Bordküche, um ein feuchtes Tuch zu holen. »Flecken entdeckt?«

      »Zum Glück nicht, das wäre mir ziemlich peinlich.« Bittend hielt die Schwangere die Hand auf, doch die Freundin winkte ab.

      »Setz du dich hin und suche dir das erste Brötchen aus.«

      Geschickt umfuhr sie mit dem Tuch die Tassen und Teller im Slalom.

      »Seit du schwanger bist, bist du hungrig noch weniger zu ertragen als ohnehin schon!«, feixte Elena, beförderte den Lappen mit einem gekonnten Wurf in die Spüle und ließ sich in ihren Sessel fallen. Um nicht wieder auf die Nacht, die es nicht gegeben hatte, zurückkommen zu müssen, ergriff sie das Wort, bevor ihre Freundin den Mund geleert hatte. »Aber jetzt erzähle doch mal, was gestern eigentlich passiert ist! Also ich meine vor deinem Anruf.«

      Augenblicklich strahlte Fiona übers ganze Gesicht. »Du weißt ja, dass ich ins Penthouse gefahren bin, weil ich so Sehnsucht nach Ryan hatte … Seine Möbel, seine Kleidung, all die vielen Kleinigkeiten, die ihn ausmachen. Ich hatte gerade meine Nase ganz tief in ein Plaid vergraben – in der Hoffnung noch einen Hauch von seinem Duft finden zu können –, da ging die Tür auf. Ich dachte, es sei seine Schwester Charlotte, und als ich mich umgedreht habe, stand Ryan plötzlich selbst vor mir! Ich weiß nicht, wer von uns beiden erschrockener war.«

      »Und dann?«, bohrte Elena atemlos nach. »Wie ging es weiter? Was hat er gesagt? Was hast du gesagt?«

      »Ryan ist auf seine Knie gefallen und hat vor Glück geweint, als er gesehen hat, dass ich noch schwanger bin. Diesen starken Mann dort am Boden zu sehen, weinend vor Glück … Ich kann es überhaupt nicht in Worte fassen … Alles, was zwischen uns gestanden hat war plötzlich weg. Alles, was uns getrennt hat war so gleichgültig. Es gab nur noch uns: Ryan, Hope und mich.«

      »Oh mein Gott, wenn ich mir das bildlich vorstelle … Du musst dich doch gefühlt haben wie im Märchen. Und wie ging es dann weiter? Erzähl, erzähl!« Elena hüpfte vor Aufregung auf ihrem Sitz auf und ab. »Klasse Federung«, bemerkte sie beiläufig.

      Fiona senkte den Blick und grinste feist vor sich hin. Sie genoss es, die Neugierige noch ein wenig auf die Folter zu spannen und pustete in aller Seelenruhe ein Muster in den Schaum ihres Kakaos.

      »Fi, ich platze gleich! Erzähl doch endlich weiter!«

      »Nun ja, was soll ich sagen? Nachdem Ryan mir klipp und klar gesagt hat, dass er keine Zärtlichkeiten mehr mit mir austauscht, ehe ich nicht seinen Namen trage …«

      »Das ist ja unerhört!«, empörte sich Elena breit grinsend. »Er hat dich also quasi zur Ehe genötigt?«

      »Könnte man so sagen! Und um seiner Drohung Nachdruck zu verleihen, ist er vor mir auf die Knie gefallen und hat mir mit dem Verlobungsring seiner Mutter einen Heiratsantrag gemacht!«

      »Oh mein Gott, ist das romantisch! Aber apropos Hochzeit: Wo sind deine Eltern, Ryans Schwester, ihr Mann und Liam samt Frau?«

      »Die kommen alle übermorgen nach. Und ehrlich gesagt finde ich es klasse! So haben wir noch mehr Zeit alles vorzubereiten. Du hilfst mir doch?«

      Der vorwurfsvolle Blick sprach Bände. »Sag mal, was denkst du denn von mir? Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen!«

      »Das ist wunderbar. Mein größtes Problem wird sein, ein passendes Outfit zu finden, in das Hope und ich zusammen reinpassen …«

      »Hm«, bestätigte Elena abwesend – den Rest von Fionas Ausführungen hörte sie schon gar nicht mehr.

       Was macht David da draußen?

      Aufmerksam umrundete er das Flugzeug, klemmte etwas unter seinen Arm und fummelte an einer Manschette herum. Wie er die Ärmel langsam hochkrempelte, das hatte etwas von einem sinnlichen Ballett. Der Anblick seiner langen schlanken Finger in Aktion genügte, um sofort wieder die sehnsuchtsvolle Glut in ihrer Körpermitte zu entzünden. Elenas Blick wanderte hinauf zu seinen vollen Lippen, mit denen er sie heute Nacht beinahe an den Rand des Wahnsinns getrieben hatte … Beim Sprechen verzog er sie immer wieder leicht. Genau wie eine Augenbraue. Offenbar war David bester Laune und da draußen nicht allein. Außerhalb ihres Sichtbereiches musste noch jemand sein, mit dem er offensichtlich Informationen austauschte. Wiederholt sagte er etwas zu dem anderen und machte sich dann Notizen auf seinem Klemmbrett. Plötzlich veränderte sich der gelassene Ausdruck