Isabella Kniest

In Your Arms


Скачать книгу

Miene sich auf. »Wie wäre es dann mit Soja? Wir haben Sojamilch. Ich kann Ihnen damit einen Pudding kochen.«

      Es erwärmte mein Herz … und ein weiteres Mal meine Wangen. Derartige Fürsorge von einem mir gänzlich fremden Mann … das erlebte ich heute zum ersten Mal.

      »Leider … leider gibt es da noch ein Problem.« Allmählich wusste ich nicht mehr wohin mit meiner Scham. Dieser wunderbare Mensch versuchte alles, um mir etwas zu essen zu richten, und ich vertrug keine seiner genannten Zutaten. »Ich bin gegen Soja genauso allergisch wie gegen Milch und Weizen.«

      Als der Jüngling dies vernommen hatte, hielt er inne – musterte mich bloß intensiv. Es lief mir im Sekundentakt heiß und kalt den Rücken hinab.

      »Nun –« Unvermittelt eilte er zur linken Seite, öffnete einen Schrank, griff nach zwei Eiern und hielt sie mir entgegen. »Wie wäre es mit Eierspeise? Dürfen Sie Eier essen?«

      Ich warf ihm ein erleichterndes Lächeln zu. »Ja, die darf ich.«

      Meine Worte brachten sein Gesicht zum Strahlen. »Dann koche ich Ihnen diese ganz flott.«

      »Warten Sie.« Ich trat zu ihm, und er machte einen Schritt auf die Seite. »Ich kann das selbst … Sie müssen sich nicht für mich abmühen.«

      Das wäre ja noch schöner gewesen, wenn er mir zu dieser späten Stunde ein Essen kredenzt hätte! Er war lediglich der Kellner. Darüber hinaus beschlich mich die Vermutung, dass seine Schicht längst beendet sein sollte.

      »Aber … aber das ist immerhin mein Job.«

      Lächelnd streckte ich die rechte Hand zu ihm. »Geben Sie mir die Eier. Ich mache das gerne selbst.«

      »Aber …«

      Weshalb zierte er sich solchermaßen? Brachte ich ihn dadurch etwa in Schwierigkeiten? Durfte ich mich nicht in der Küche aufhalten?

      Unsicherheit stieg in mir auf. »Ist es verboten, wenn ich mir das Essen selbst koche? Bekommen Sie Probleme, wenn ich hier bin?« Zwar klangen meine Zweifel laut ausgesprochen noch tausendmal unlogischer – immerhin half ich ab morgen in der Küche aus – andererseits reagierte dieser Mann derart seltsam, sodass ich allmählich selbst nicht mehr wusste, was ich denken oder wie ich mich verhalten sollte.

      Er schüttelte sein hübsches Haupt. »Nein, überhaupt nicht.«

      »Warum darf ich mein Essen dann nicht alleine kochen?«

      »Weil ich dafür da bin.«

      Nun war ich es, die den Kopf schüttelte. »Wie lange sind Sie schon auf den Beinen?«

      Ich musste gestehen, normalerweise hätte ich einem fremden Menschen niemals eine persönliche Frage wie diese gestellt. Erstens trat ich ihm damit viel zu nahe, zweitens ging es mich nichts an.

      Hier allerdings gab mir irgendetwas das Gefühl, es geradewegs zu tun. Dieser Mann wirkte nicht wie meine unfreundlichen Kolleginnen oder eine Person, welche andere gerne schikanierte oder beleidigte.

      Er mutete einfühlsam an … und introvertiert.

      Wie ich.

      »Nun.« Der Jüngling hielt inne. »… seit circa sechs Uhr morgens.«

      Ich atmete lautlos aus. »Dann wird es Zeit, dass Sie langsam ins Bett kommen. Es ist doch schon neun.«

      Würde ich mich in seiner Situation befinden – ich wäre im Stehen eingeschlafen.

      Ich brauchte meine acht bis zehn Stunden Schlaf – mindestens.

      Er errötete. »Dann machen wir es anders.« Mit den Eiern in der Hand trat er zum rechts gelegenen Herd. »Kochen wir gemeinsam, dann sind wir am schnellsten.« Aus einem unteren Schrank zog er eine kleine Pfanne hervor, stellte diese auf die Herdplatte und schaltete sie ein. »Sie können die Eier aufschlagen … und ich hole die Zutaten. Sonst würden Sie bestimmt ziemlich lange danach suchen, oder?«

      Meine Wangen erglühten.

      Ich war so dumm! Wie kam ich auf die Idee, alleine zu kochen, wenn ich nicht einmal im Ansatz wusste, wo all die benötigten Küchenutensilien lagen und standen, um mir eine Eierspeise zuzubereiten?

      »Da haben Sie wohl recht.«

      Ein herzerwärmendes zartes Lächeln huschte über seine sanften Gesichtszüge. »Dann hole ich das Salz und den Pfeffer.«

      Peinlich berührt gesellte ich mich zu ihm. »Ich brauche bloß Salz. Das reicht völlig.«

      »Gut.« Er eilte auf die andere Seite.

      Und ich wandte mich der Pfanne zu.

      Fehlte noch etwas? Ja … die Butter.

      Angestrengt hielt ich nach einem Kühlschrank Ausschau.

      Wo war er nur? Die Kästen sahen sich alle zum Verwechseln ähnlich.

      Das konnte in den kommenden Tagen ja noch heiter werden …

      »Wo ist denn der Kühlschrank? … Ich bräuchte nämlich etwas Butter.«

      Exakt gegenüber dem Herd öffnete der Mann eine mit Edelstahl verkleidete Schranktür. »Hier ist er. Man erkennt ihn beinahe nicht, oder?«

      »Ja, alles sieht gleich aus. Wie lange haben Sie gebraucht, bis Sie sich gemerkt haben, wo sich all die Dinge befinden?«

      Die Butter in der linken Hand und den Salzstreuer in der rechten haltend trat er zu mir. »Ganz ehrlich?« Seine schmalen Lippen formten ein weiteres zärtliches Lächeln. »Bei manchen Sachen suche ich selbst jetzt noch.«

      Es war mir unmöglich, ein Kichern zu unterdrücken. »Ernsthaft?«

      Von einer Sekunde auf die andere verschwand sein liebreizender Ausdruck, und Furcht legte sich über ihn.

      Und mir wurde es kalt.

      Hatte ich etwas Falsches gesagt? Hatte ich ihn verletzt?

      …

      O Gott!

      Hegte er etwa die Vermutung, ich würde ihn auslachen?

      »Mir gehts bei vielen Dingen gleich«, versuchte ich freundlich-beruhigend einzulenken. »Nur betrifft es weniger Dinge, die ich suche … sondern Dinge, die ich andauernd vergesse, obwohl ich sie längst dutzende Male gemacht habe.«

      Glücklicherweise entspannten seine Züge sich. »Wie genau meinen Sie das?«

      »Nun ja …« Ich zuckte die Achseln, fasste nach der Butter und öffnete sie. »Ich –«

      »Warten Sie.« Vorsichtig nahm er mir die Butter aus der Hand. »Das kann ich erledigen.« Er machte einen Schritt nach links, öffnete eine Lade und entnahm einen kleinen Holzkochlöffel.

      Eine jede seiner Bewegungen vollführte er mit unwahrscheinlicher Sanftheit und Bedachtsamkeit.

      Wenn er nach einem Gegenstand fasste, dann griff er diesen nicht einfach an – seine Finger küssten ihn, liebkosten ihn. Sie gaben ihm das Gefühl, besonders zu sein … gebraucht zu werden.

      Sorgsam gab er etwas von der Butter in die Pfanne.

      »Bitte, fahren Sie fort«, ermunterte er mich, seine Stimme unsagbar sanft klingend – und mich aus meinen kruden Überlegungen ziehend.

      Himmelherrgott Sakrament!

      Dass meine Gedanken sich ab und an einmal in höhere Gefilde aufmachten, stellte nichts Neues dar … Doch derart abgelenkt … das war ich wahrhaftig noch nie gewesen. Erst recht nicht durch eine anwesende Person!

      Zum wiederholten Male stieg mir eine beschämende Wärme ins Gesicht. »Mir … nun –« Ich hüstelte. »Zum Beispiel wird mir gezeigt, wie ich eine gewisse Abrechnung machen muss … und beim nächsten Mal habe ich wieder alles vergessen.«

      Die Erinnerung daran schmerzte mir in meinem Innersten – und es nagte an meinem nahezu nicht mehr vorhandenen Selbstwertgefühl.

      »Das