Isabella Kniest

In Your Arms


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schenkend drücke ich sie zurück auf die weiche Matratze – und revidiere meine vorhin gefällte Entscheidung.

      Ihre Finger vergraben sich in meinem Rücken, sanfte Laute der Sehnsucht erfüllen den Raum.

      Kapitel 4 – Seine Traumfrau

      Jan sah sie an der Rezeption.

      Ein dunkelgrüner, figurbetonter, langer Mantel mit schwarzem kurzen Fellkragen, eine dazu passende elegante schwarze Fellhaube, schwarze Lederhandschuhe und Stiefel, goldenes Haar, welches sich wie ein Wasserfall über ihren Rücken ergoss … strahlende Augen … ihr unsicheres wie erschöpft wirkendes sanftes, ihn an einen Engel erinnerndes Lächeln …

      Für die ersten Sekunden hatte er vermutet, einen Herzschlag zu erleiden.

      Sie.

      Sie sah ihr derart ähnlich. Unglaublich ähnlich … als entsprünge sie seinem Buch.

      Konnte es stimmen? Konnte dies wahrhaftig der Möglichkeit entsprechen? Oder spielten Verstand wie Sehnsucht ihm einen bösen Streich?

      »Wer ist diese Frau?«, flüsterte er einer vorbeigehenden Tina zu.

      Woher kam sie? Warum war sie alleine unterwegs? Solch ein bezauberndes Geschöpf musste doch in Begleitung eines edlen Mannes stehen!

      Seine Kollegin drückte sich neben ihn an die Mauer und warf der Holden einen verstohlenen Blick zu. »Keine Ahnung … aber sie scheint dein Typ zu sein … niedlich, jung, naiv, unschuldig … meinst du, sie ist noch Jungfrau?«

      Grundgütiger!

      Eine unbeschreibliche Hitze stieg in ihm auf.

      »Wie kommst du auf eine solche Annahme?! Das kannst du unmöglich sagen. Das … das geht einfach nicht!«

      Gemeiniglich gefiel ihm Tinas Direktheit … aber manchmal … nun … da war diese Charaktereigenschaft schlicht und ergreifend fehl am Platze.

      Tina blieb von seiner Reaktion vollkommen unberührt. »Sie ist süß.« Ihre Lippen formten ein verschmitztes Lächeln. »Mach dich an sie ran, Tiger! Vielleicht wirds ja was.« Abschließend klopfte sie ihm mutmachend auf die Schulter und huschte davon.

      Bloß für eine Millisekunde vermochte er es, seiner Kollegin nachzublicken, ehe diese mysteriöse Schönheit einer Frau ihn wieder vollends in ihren Bann zog.

      Sie mutete wie ein Engel an … ein Engel des Herrn … nein, eine Göttin, herabgestiegen vom Himmel … Korrektur … entsprungen aus seinem Roman.

      »O nein«, kam es jäh geschockt aus ihrem Mund, sodass es ihm eisigkalt den Rücken hinab lief. »Nein …« Angestrengt durchsuchte sie ihr grünes Portemonnaie. »Das kann nicht wahr sein.«

      Was war geschehen? Hatte sie etwa nicht genügend Geld bei sich?

      …

      Nein. Ausgeschlossen. Hinsichtlich ihres Aussehens und ihrer Grazie musste sie von der gehobeneren Gesellschaft abstammen.

      Ihre Gesten, der Blick und ihre Körpersprache strahlten reine Eleganz und Selbstsicherheit aus … und etwas, das ihm nicht recht zu beschreiben gelang. Eine Art Distanz. Sie schien unnahbar … unerreichbar.

      Eine solche Wirkung besaß ausschließlich eine Person aus gut situierten Kreisen. Da war er sich sicher. Bestimmt verfügten ihre Eltern über ein gewaltiges Vermögen …

      Waren sie Rechtsanwälte?

      Makler?

      Bänker?

      Industrielle?

      Jan seufzte.

      Wusste dieses edle Geschöpf überhaupt, was es zu arbeiten bedeutete? Oder hatte sie gar genügend Stolz und Charakter, um ihr Leben eigenständig zu finanzieren, anstatt von Papi laufend mit Geld unterstützt zu werden?

      »Jan!«, donnerte eine tiefe männliche Stimme – die Stimme des Hoteleigentümers.

      Eine Mischung aus Panik, Adrenalin und Ertappt-worden-Sein veranlasste Jan, sich wie von der Tarantel gestochen umzudrehen. Dabei geriet er ins Straucheln, vermochte es in weiterer Folge nicht mehr, sich an der kleinen Holzkommode festzuhalten, infolgedessen er mit dem Gesicht voran geradewegs zu Boden stürzte.

      »Jan. In Gottes Willen! Hast du dich verletzt?«

      Er stemmte sich hoch, fühlte dabei kurz durch seinen Körper: Die Knie taten ihm ein wenig weh … und sein rechter Ellbogen.

      »Nein, nein … nichts passiert.«

      Der Chef musterte ihn besorgt. »Warum erschreckst du dich andauernd so heftig?«

      Jan blickte dem mit einer schwarzen Anzughose, dem typisch österreichisch geblümten Trachtenhemd und der dazu passenden Weste bekleideten kleinen rundlichen Mann, dessen ergraute Halbglatze und die rötlichen Bauschbäckchen seinen gönnerhaften und gutgläubigen Charakter ebenso visuell darlegten, entschuldigend ins Gesicht. »Bitte verzeihen Sie. Ich habe –«

      Des Chefs Augen begannen zu leuchten. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.« Der vierundfünfzigjährige Mann nickte zur Rezeption. »Kann es sein, dass du die junge Frau da beobachtet hast?«

      Eine unangenehme Wärme stieg ihm in die Wangen. »Nun –« Er räusperte sich. »Ja … Ich wollte kurz auf die Toilette … und da habe ich sie gesehen.«

      Ein breites Grinsen auf den Lippen tragend machte der Hoteleigentümer einer ausladenden Geste Richtung Gang. »Dann erledige mal das, was du zu tun gedachtest.«

      Jan nickte und rauschte davon.

      Himmelherrgottsakrament!

      Dies hatte die unüberbietbar beschämendste Situation des Tages dargestellt!

      Mit kontinuierlich glühenderem Haupt trat er in die Angestelltentoilette.

      Was war heute bloß los mit ihm?

      Erst drifteten seine Gedankenspiele unkontrollierbar ab, und dann musste er obendrein von seinem Chef aufgeklatscht werden …

      Nun, ein Gutes hatte diese Situation dennoch: Peinlicher konnte es fürwahr nicht mehr werden.

      Kapitel 5 – Eierspeise für Schüchterne

      Nachdem ich den Koffer vollständig ausgepackt hatte, machte ich mich auf zur Theke.

      Wie ausgemacht fand ich Walter dort vor, ein kleines dunkles Bier in der Hand, den Barkeeper bequatschend – so man den jungen Mann mit der stämmigen Figur, den kurzen schwarzen Haaren und dem Trachtenoutfit benennen durfte.

      »Ah, da kommt sie ja endlich!«, rief mein Retter und hob das Bier in die Höhe. Ein Blick zum Barkeeper folgte. »Das ist Lisa. Sei bloß nett zu ihr!«

      Letztgenannter nickte mir zu. »Willst du etwas trinken?«

      Lächelnd setzte ich mich auf einen der aus Vollholz bestehenden dunkelbraunen Barhocker. »Nur Leitungswasser –« Ich stockte. »Wenn das denn geht. Ich mag Mineralwasser nicht besonders.«

      Wie oft hatte ich ob dieser Bestellung schiefe Blicke geerntet oder mir dumme Sprüche anhören müssen?

      »Kein Problem.« Er zwinkerte mir zu, fasste nach einem Glas und füllte es. »Du kommst wohl aus der Stadt.«

      »Du meinst wegen des Wassers, oder?«

      »Ja … In den Städten ist es normal, Leitungswasser nicht mehr anzubieten, weil die Wirtshäuser damit nichts verdienen … Aber wir –« Mit stolzen Gesichtszügen und einer gleichermaßen ausladenden Körpersprache stellte er das Wasser vor mich auf den polierten dunklen Holztresen. »Machen da nicht mit.«

      »Einmal kein Kommerz? Das gibt es selten.«

      Und einmal mehr ertappte ich mich dabei, wie ich völlig ungezwungen meine Gedanken laut aussprach.

      Halte