Serena S. Murray

Celeste - Siehst du mich?


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Gesicht im Sand bewegte sich, Thalia konnte genau sehen, dass die Frau die Stirn runzelte.

      „Das verstehe ich. Aber die Gründe dafür habe ich dir erklärt. Manchmal ist es für euch Sterblichen gut, nicht immer alles zu wissen. Eure Ängste beherrschen euch zu sehr. Und deine Nichte hat eine Aufgabe vor sich.“

      „Kann ich denn nichts tun, um ihr zu helfen?“

      „Das machst du schon, indem du meinen Anweisungen folgst.“

      Thalia spürte, dass das Gespräch sich langsam dem Ende zuneigte. Sie konnte es an der Ungeduld in der Stimme hören.

      „Ich danke dir, dass du erschienen bist.“

      Der Kopf im Sand neigte sich leicht zur Seite, dann verschwand er. Zurück blieb eine ebene Fläche in der Schale. Ihre Knochen schmerzten, als Thalia schließlich aufstand und zum einzigen Fenster im Raum ging, das ihr einen magischen Blick auf die Außenwelt gewährte.

      Ihr Blick schweifte in die Ferne, über die Häuser und die Menschen hinweg. Auch wenn sie sich rein technisch gesehen unterhalb der Erde befand, hatte sie bereits einen Großteil ihres Lebens vor dieser Scheibe aus magischem Glas verbracht, die ihr mehr verriet als ein tatsächlicher Blick aus einem der höher gelegenen Stockwerke. Die Sorge verknotete sich in ihrem Magen und hinterließ ein Gefühl des Versagens bei ihr.

      Celeste lachte auf, als sie von Ophir auf den Rücken geworfen wurde und sein Fell sie im Gesicht kitzelte. Bevor er jedoch seine Zunge hervorholen konnte, stemmte sie die Hände gegen seinen riesigen Kopf.

      „Oh nein, du Riesenkatze. Du weißt genau, dass ich es nicht leiden kann, wenn du mich abschleckst.“

      Der geflügelte Löwe über ihr prustete voller Unwillen, ließ aber erst einmal von ihr ab. Als Celeste sich wieder aufsetzte, fiel ihr Blick auf Azia. Ihr Adler saß auf einem Felsen, den Kopf aufmerksam zur Seite gelegt. Doch ihr Blick verriet jedem, was sie jetzt wohl gern machen würde.

      „Ach komm schon, Azia. Du musst nicht eifersüchtig sein.“

      Als der Adler sich sichtlich beleidigt einfach umdrehte, war es diesmal Melina, die sich ihr Lachen nicht verkneifen konnte. Schließlich stand Celeste wieder auf und streckte ihren schmerzenden Körper der Sonne entgegen, die nun ungehindert zu sehen war. Auch wenn sie langsam wieder unterging. Es hatte sie fast den ganzen Tag gekostet, den restlichen Teil des Waldes zu durchwandern.

      Als sie Melinas Reittier genug gestreichelt hatte, schirmte sie ihre Augen vor den Sonnenstrahlen ab und schaute den Berg hinauf. Nur wenige kannten den Pfad, der zum Tempel hinaufführte. Und noch weniger hatten das Glück, eine Bergnymphe zur Freundin zu haben, die einen begleitete.

      Doch bevor sie sich an den Anstieg machte, drehte sie sich noch einmal um. Ihr Blick schweifte durch den dichten Wald, bis er links von ihr an einer aus Stein gemauerten Hütte hängen blieb.

      „Und du bist dir sicher, dass es die Weise Danae war, die du bei deiner Tante angetroffen hast?“, fragte Melina.

      „Ja.“ Ihre Freundin musste gar nicht aussprechen, dass das ein weiteres dunkles Zeichen war. „Lass uns in der Hütte nachschauen“, sagte Celeste.

      Um sie herum waren nur die Bewohner des Waldes als Geräusche zu hören, daher zog keiner der beiden eine Waffe. Doch trotz allem gingen sie langsam und vorsichtig auf das Zuhause der Weisen zu. Celeste umrundete das Gebäude und fand auf der Rückseite ein klaffendes Loch vor. Melina pfiff durch die Zähne, als auch sie die Zerstörung sah.

      „Ein Monster?“

      „Ja, ich denke schon“, antwortete Celeste.

      Als sie durch das Loch die Hütte betrat, schlug ihr sofort der Geruch nach verbranntem Holz entgegen. Blutspuren befanden sich auf dem Boden und an den Wänden. Doch die rote Lebensessenz war bereits so getrocknet, dass sie keinerlei Geruch mehr abgab. Tiefe Kratzspuren im Stein verriet ihnen, dass das Monster große Krallen und viel Kraft besessen haben muss.

      „Sie wurde also von einem Monster überfallen, getötet und wahrscheinlich verschlungen“, fasste Melina das Offensichtliche zusammen.

      Celeste nickte zustimmend, bevor sie einen Bilderrahmen aufhob, der beim Kampf zerbrochen war. Das Foto war angesengt, doch sie konnte noch eine junge Frau erkennen, die lächelnd in die Kamera sah. Das musste die Weise sein, bevor sie in den Wald gezogen war, um hier ihre Gebete ungestört sprechen zu können. Denn seit Celeste denken konnte, hatte noch niemand Danae lächeln gesehen.

      „Warum ist ihre Seele dann bei deiner Tante gelandet? Warum hat sie dich dorthin gelockt?“, sprach Melina ihre Gedanken laut aus.

      Celeste sah ihre Freundin ratlos an. „Ich weiß es nicht. Mir ist bereits durch den Kopf gegangen, dass man mich in eine Falle locken könnte. Aber wozu? Um Lösegeld von meiner Familie zu erpressen? Um mich zu töten? Wer hätte etwas davon?“

      „Vielleicht deine Rivalen in deiner Einheit?“

      Celeste schüttelte den Kopf. „Sie würden sich nicht solch einen Plan ausdenken. Jeder Konflikt wird immer sofort angesprochen und gelöst. Außerdem hätten sie dann mit Thalia Kontakt aufnehmen müssen, um die Falle aufzustellen.“

      Melina fuhr mit den Fingerspitzen über die tiefen Kratzspuren an der Wand neben ihr. „Dein Gefühl sagt dir, dass du den Worten deiner Tante glauben kannst. Und es sagt dir, dass du so schnell wie möglich zum Tempel gelangen solltest.“

      „Ja.“

      „Dann solltest du darauf vertrauen. Es kam seit Jahrzenten nicht mehr vor, dass eine Weise eines gewaltsamen Todes gestorben ist. Wir haben in kürzester Zeit bereits zwei Monster getroffen. All das sind Hinweise, die wir nur noch entschlüsseln müssen.“

      Da Celeste ihrer Freundin nur zustimmen konnte, verließen sie den Ort, an dem ein Leben so gewaltsam beendet wurde. Das Haus würde irgendwann verfallen und der Wald würde sich jeden Millimeter Boden zurückerobern. So verlangte es das Gesetz der Natur.

      Azia hatte unterdessen auf dem Felsen auf sie gewartet, genauso wie Ophir, der sich dicht an Melinas hochgewachsene Gestalt schmiegte, als diese sich neben ihn stellte. Celeste nahm in Gedanken Kontakt mit Azia auf, die nur widerwillig auf ihren Arm flog. Es brauchte ein paar Streicheleinheiten und ein Stück Fleisch aus ihren Vorräten, doch dann entspannte sich der Adler endlich.

      Die zwei Frauen und die zwei Tiere legten das erste Stück des Weges zu Fuß zurück, denn ansonsten konnten sie den Eingang zu einem Geheimgang leicht übersehen. Nacheinander schlüpften sie durch den schmalen Spalt, der in das Innere des Berges führte.

      Zum Glück konnte Ophir sich so strecken, dass auch sein massiger Körper hindurchpasste. Azia hatte bequem auf Celestes Schulter Platz genommen und sah den geflügelten Löwen hochmütig an. Erst als Ophir seine messerscharfen Zähne zeigte, drehte sich der Adler weg.

      Stickige Luft und magische Fackeln an den Wänden begrüßte sie, während sie langsam weiterliefen.

      „Ich weiß immer noch nicht, warum dieser Tempel nicht aus der Luft erreicht werden kann. Es wäre so leicht, einfach hinzufliegen“, murrte Melina, die es selten lassen konnte, sich über die Menschen aufzuregen.

      „Genau deswegen. Es wäre zu einfach“, antwortete Celeste. Doch auch Celeste musste gestehen, dass ihr ein anderer Weg lieber gewesen wäre.

      Zu ihren eigenen Gefühlen bezüglich der massigen Wände und der Enge kam noch Azias Angst hinzu, die ein Geschöpf der Luft war und nur Celeste zuliebe mitreiste. Sie konnte sich auch nicht auflösen und die Gänge einfach so passieren. An fast jeder Ecke wartete eine Falle auf ungeschickte Reisende. Melina und Celeste wechselten sich dabei ab, diese zu entschärfen, damit sie ungehindert passieren konnten.

      „Wirst du deinem Bruder sagen, dass du mich zum Tempel begleitet hast?“, fragte Celeste, um sich von der beklemmenden Umgebung abzulenken. Sie zuckte auch nicht zusammen, als hinter ihr vergiftete Pfeile aus der Decke geschossen kamen.

      „Nein. Ich