Tobias Fischer

Veyron Swift und das Juwel des Feuers


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»Ihre Leute sind für diese Sache hervorragend ausgebildet. Training in einem Terrorcamp, Planung und Durchführung von Attentaten, Nahkampf gegen Sicherheitskräfte. Das ist die beste Vorbereitung, die man heute bekommen kann. Sie besitzen das Wissen, die Mittel und die notwendige Skrupellosigkeit für eine solche Aktion. Mein Auftraggeber verfügt über das notwendige Kapital, um alles zu realisieren.«

      Charles Fellows war der Typ Mensch, mit dem sich Alec unter anderen Umständen niemals eingelassen hätte: schmierig, skrupellos, aber nicht willens, sich dafür die Hände schmutzig zu machen. Dazu kam seine schlanke Statur, die schmalen Schultern, ein ausdrucksloses Gesicht, ein fliehendes Kinn, eine kleine Nase, die Haare geölt, der schwarze Anzug maßgeschneidert, sicherlich mehrere tausend Dollar teuer.

      Alec zündete sich eine Zigarette an. Er saß zusammen mit seinen beiden Stellvertretern in einer riesigen, schwarzen Limousine auf dem Parkplatz des Kennedy Airports. Es regnete noch immer, wenngleich nicht mehr so stark wie noch heute Morgen.

      »Und was hilft uns das, wenn wir alle dabei draufgehen?«, fragte Alecs rechte Hand, Tamara. Sie war noch keine dreißig, aber schon seit zehn Jahren Mitglied des Roten Sommers. Damit gehörte sie bereits zu den Veteranen. Sie hatte ein hübsches Gesicht mit dunkelbraunen Augen, umrahmt von schwarzem Haar, das sie im Nacken zusammengeknotet hatte. Ihre Figur war die einer Kriegerin, gestählt vom Tragen schwerer Waffen und den pausenlosen Nahkampftrainings – und doch ausgesprochen kurvenreich. Zumindest Fellows war sie alle paar Sekunden einen Blick wert.

      Tamara war der Stolz des Roten Sommers, schneller und stärker als die meisten Kämpfer, die Alec in seinem Leben bisher kennengelernt hatte. Als ausgebildete Scharfschützin war sie eiskalt, ohne Mitleid. Tamara hatte noch nie ein Ziel verfehlt. Alec bewunderte sie für die Fähigkeit, in brenzligen Situationen stets einen kühlen Kopf zu bewahren. Er würde nie vergessen, wie sie diesem einen Bullen in Chile, ohne mit der Wimper zu zucken, ins Gesicht geschossen hatte. Er selbst neigte dagegen eher zum Ungestüm. In den Schießtrainings verbrauchte er stets mehr Munition als alle anderen Kämpfer des Roten Sommers. Alec liebte die Aufregung und den Kampf.

      »Dieses Risiko bestand schon immer, Tamara. Zum Beispiel bei dem Überfall auf dieses chilenische Polizeirevier vor zwei Jahren«, erwiderte Fellows kalt.

      Alec grunzte zustimmend. Er mochte Fellows nicht, er mochte niemanden mit einem Maßanzug. Aber der Mann war ein Analytiker und seine Aussagen zutreffend. Er hatte auch recht, wenn er sagte, dass Roter Sommer sein Geld brauchte. Keine Widerstandsgruppe überlebte lange ohne finanziellen Rückhalt. Hinter Roter Sommer standen keine milliardenschweren Fanatiker mit religiösen Motiven oder mächtige Staaten, sondern nur eine Gruppe meist mittelloser Studenten aus aller Herren Länder. Verglichen mit anderen Terrororganisationen war der Rote Sommer ein regelrechter Witz. Alec zählte keine dreihundert Kämpfer in ihren Reihen, nicht einmal fünfzig, sondern nur lächerliche fünfzehn; ihn selbst inbegriffen. Zehn nahmen an der geplanten Aktion teil, die übrigen fünf Mitglieder der Vereinigung kümmerten sich um die Verbindung zu anderen gleich gesinnten Studentengruppierungen. Sie gingen auf Werbetour oder überwachten die Aktivitäten im Internet. Es war ein Kampf von fünfzehn gegen den Rest der Welt.

      »Tamara hat recht. Ein Polizeirevier anzugreifen, ist weit weniger riskant, als ein Flugzeug zu entführen. Bei einem Überfall gibt es immer einen Fluchtweg, aber ein Flugzeug ist eine Mausefalle«, mischte sich Alecs zweiter Mann, Said, in die Diskussion ein. Der gebürtige Ägypter war ein ehemaliger Söldner und besaß mehr Kampferfahrung als alle Mitglieder des Roten Sommers zusammen. Er war groß und von schlanker Gestalt, seine Muskeln trainiert und hart wie Eisen – ebenso wie sein Wesen. Eine lange, dunkelrote Narbe durchlief sein Gesicht von oben nach unten und schien den Kopf zu spalten. Wo und wie er sich diese Narbe einst zugezogen hatte, verriet er nicht.

      »Genau da kommt der Einfluss meines Auftraggebers ins Spiel«, sagte Fellows. »Sie werden die Maschine um diese Uhrzeit übernehmen und exakt um diese Uhrzeit 37 Grad in Richtung Südosten drehen lassen. Der Treibstoff der Maschine sollte bis nach Ostafrika genügen. Dort werden Sie in Somalia landen und die Maschine bei Nacht verlassen. Das Bodenpersonal des Flughafens ist bestochen, Fluchtfahrzeuge stehen bereit. Die Sicherheitsbehörden des Flughafens sind ebenfalls auf der Gehaltsliste meines Auftraggebers. Ihr Entkommen ist damit gesichert.«

      Fellows reichte den drei Terroristen sein Pad, auf dessen Bildschirm sie den ganzen Plan sehen konnten. Alec schaute gar nicht so genau hin, ihn interessierten die Hintergründe eines Plans nicht. Ehrlich gesagt war es ihm egal, ob sie entkamen oder nicht. Er hoffte sogar, dass es zu einer wilden Schießerei mit den Sicherheitskräften käme. Opfer nahm er bereitwillig in Kauf, notfalls auch das seines eigenen Lebens. Bei dieser Sache ging es für ihn allein um das Prestige. Diese Aktion bedeutete die Aufmerksamkeit der ganzen Welt, Alec und all seine Mitstreiter würden in die Annalen der Geschichte eingehen. Sie würden Vorbilder für neue Generationen von Kämpfern. Man würde sie als Helden verehren.

      »Wir sind dabei«, entschied er, ohne die anderen lange um Rat zu fragen.

      Said reichte Fellows das Pad zurück. »Sie sind sicher, dass Sie unsere Waffen an den Sicherheitskontrollen vorbeischleusen können?«, wollte er wissen.

      Fellows setzte ein diabolisches Grinsen auf. »Nicht nur das. Ich kann Ihnen sogar die genaue Position nennen, wo die Frachtcontainer mit den Waffen stehen werden und durch welche Bodenluke Sie hinunter in den Frachtraum kommen!« Er holte einen kleinen USB-Stick aus der Tasche. »Da drauf ist der ganze Plan. Alles ist akribisch von meinen Mitarbeitern ausgearbeitet worden. Das Einzige, worum Sie sich noch kümmern müssen, ist die Ausführung.«

      Alec nahm den Stick entgegen und steckte ihn in seine Lederjacke. Er zog lange an seiner Zigarette. »Sie finanzieren Freiheitskämpfer, Fellows. Wieso tun Sie das«, fragte er den Geschäftsmann.

      Fellows Grinsen wurde noch breiter. »Natürlich für Geld. Ich bedaure, aber ich besitze nicht Ihren Idealismus. Mein Auftraggeber zeigt großes Interesse an Ihnen. Er hat all seine finanziellen Mittel eingesetzt, um Ihren Erfolg zu garantieren«, erklärte er kalt.

      Alec musterte ihn einen Moment prüfend und überlegte, ob er nun beleidigt sein sollte. Hielt der Mann sie etwa für eine Bande naiver Dummköpfe? Wahrscheinlich, schätzte Alec. Fellows war skrupellos, ein schmieriger Typ mit glatten Gesichtszügen, die keinen seiner Gedanken verrieten. Obwohl er drei der gefährlichsten Menschen der Welt gegenübersaß, zeigte er keinerlei Furcht.

      »Ihr Auftraggeber, was ist das für ein Typ? Auf welcher Seite steht er?«, wollte Said wissen. »Ich vertraue keinem Geldbeutel.«

      »Mein Auftraggeber steht ausschließlich auf seiner Seite. Fragen Sie mich nicht nach seinen Motiven, die kenne ich nicht. Ich würde es auch nicht wagen, ihn danach zu fragen. Seien Sie froh, dass Sie nur mit mir verhandeln, nicht mit ihm. Das ist das Einzige, was ich Ihnen verraten kann. Ehrlich gesagt kenne ich noch nicht einmal seinen richtigen Namen. Vielleicht ist das auch besser so. Er wird niemals mit Ihnen in Kontakt treten oder sich zu erkennen geben. Dennoch können Sie auf seine Unterstützung vertrauen, wenn Sie Ihre Sache wie verlangt ausführen«, erwiderte Fellows. Ein leichter Schauder zuckte über sein aalglattes Gesicht, während er über seinen Auftraggeber sprach.

      »Klingt unheimlich«, meinte Said sarkastisch.

      Fellows lächelte, ein herzloses, sardonisches Zähneblecken. »Oh ja, das ist er. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag.«

      Die Wagentüren wurden von zwei Mitarbeitern geöffnet. Fellows schloss die Augen. Alec erkannte, dass es nichts mehr zu sagen gab. Er stieg zuerst aus, danach Said und zum Schluss Tamara. Sie bedachte Fellows mit einem scharfen, misstrauischen Blick. Der Terror-Vermittler erwiderte ihn nicht, sondern wartete geduldig, ohne einen Muskel zu rühren. Schließlich stieg sie aus. Hinter ihr wurde die Tür zugeschlagen.

      Draußen im Regen stülpte Tamara die Kapuze ihres grauen Pullovers über den Kopf und schloss zu Alec und Said auf. Ihre Bewegungen waren die einer Katze, schnell und geschmeidig, Alec dagegen stapfte ein wenig statisch durch den Regen. Er stand stets unter Anspannung, als wüsste sein Körper nicht recht, wohin mit all der antrainierten Kraft. Sie gingen durch die Reihen der geparkten Autos und näherten sich langsam dem großen Terminal.

      »Mir