K. Krista

LOST AND FOUND


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diese gut durchdachte und sich natürlich einfügende Eindämmung, überflüssig und konnte abgerissen werden.

      Die Dämme rechts und links des Flusses erhöhte man um einige Meter und beschwerte sie, mit großen Findlingen, ferner wurde dieser Bereich mit Bäumen und Gräsern bepflanzt. So ist ein Naherholungsgebiet von 13 Kilometern Länge, mitten in Augsburg entstanden, welches von Joggern, Hundebesitzern und Naturliebhabern freudig genutzt wird. Da der Fluss nahezu tagtäglich entweder ansteigt, oder abnimmt, legt er in unregelmäßigen Abständen, Kiesbänke frei, die vor allem im Frühjahr, oder im Sommer zum Verweilen einladen.

      Da ich heute sehr früh unterwegs bin, begegnen mir auf dem kiesbedeckten Weg nur wenige Menschen. Einige sind mit dem Rad, wahrscheinlich zur Arbeit unterwegs, ich treffe auf zwei Hundebesitzer, die schon früh am Morgen ihrer Tiere „Gassi“ führen und zu guter Letzt sind die unvermeidlichen Jogger unterwegs. Obwohl man heut zu Tage ja nicht mehr Jogger sagt, die Leute gehen heute „Laufen“.

      Dieser Sportart konnte ich noch nie etwas abgewinnen.

      Ganz fürchterlich finde ich die Personen, die auch noch mit Smartphone und Ohrstöpsel unterwegs sind und sich dadurch komplett von der Umwelt abschotten.

      Dabei ist es den größten Teil des Weges einfach nur ein Genuss, dem Rauschen des Flusses, oder dem Gesang der unterschiedlichen Vogelstimmen zu lauschen.

      Für mich ist ein Spaziergang an der Wertach fast einer Meditation gleichzusetzen. Wobei ich erwähnen muss, dass ich ein sehr schneller Spaziergänger bin. Dem „Laufen“ kann ich nichts abgewinnen, doch gegen ein schnelles, zügiges Spazieren gehen, ist nichts einzuwenden.

      Bis vor knapp einem Jahr war ich sportlich sehr aktiv, verbrachte zwei bis dreimal die Woche, mindestens ein bis zwei Stunden im Fitnessstudio. Nach einem Bandscheibenvorfall und einer Operation habe ich das Laufen, im Sinne von Spazierengehen für mich entdeckt. Da ich im Nachhinein und auch von Ärzten bestätigt, erkennen musste, dass der Bandscheibenvorfall durch eine falsche Haltung beim Sport passiert sein muss, habe ich das Fitnessstudio aufgegeben. Doch was bleibt dann, ohne einen persönlichen Trainer, den ich mir nicht leisten konnte und wollte?

      Laufen im Sinne von Joggen, Schwimmen oder Radfahren.

      Joggen kam für mich nicht in Frage, Schwimmen schon eher, klappte nach der OP aber leider nicht mehr so richtig. Das leichte Hohlkreuz, welches beim Brustschwimmen entsteht, vertrug sich nicht mit meinem Rücken und auf Rückenschwimmen hatte ich auf Dauer keine Lust. Radfahren wäre wohl machbar, macht mir jedoch keine Freunde. Außer zur Arbeit und dies auch nur aus Zeitersparnis fahre ich kaum mit dem Rad. Alle Wege, die nicht mit dem Faktor Zeit in Verbindung stehen, erledige ich zu Fuß.

      Deshalb bin ich, da ich mich nach wie vor sehr gern und viel bewege, beim zügigen Spazierengehen hängen geblieben. Das optimale Training für meine kleine Wanderung.

      Die Wertach ist eine geeignete Location dafür.

      Je nachdem, wie lange man Laufen möchte, durch die, alle paar Kilometer über den Fluss führenden Brücken, kann man den Spaziergang auf nahezu jede gewünschte Länge ausdehnen. Meine Lieblingsstrecke ist der Weg bis zum Stadtteil Inningen.

      Er verläuft circa zwei Stunden in eine Richtung, dann über die Brücke und auf der anderen Seite der Wertach wieder zurück. Ein super Sonntagsspaziergang von vier Stunden. Da man nicht dieselbe Strecke wieder zurück laufen muss ist der Weg sehr abwechslungsreich. Bänke oder große Findlinge, laden auf der gesamten Strecke zum Verweilen ein. Ich genieße es, mich ans Ufer des Flusses zu setzen und dem Plätschern des Wassers, oder den Vogelstimmen zu lauschen. Deshalb gehe ich niemals mit einem Ziel los, für mich ist der Weg das Ziel. Die Entscheidung, wie weit ich laufe, treffe ich grundsätzlich unterwegs und ist oft Stimmungs-, und/oder Wetterabhängig.

      Die weiteste Strecke, die ich bis heute gelaufen bin, führte mich an den Bobinger Stausee. Für die einfach Strecke benötigt man drei Stunden, mit Pausen natürlich.

      Allerdings führen die letzten 40 Minuten nicht direkt am Fluss vorbei. Dieser Weg wurde bereits vor Jahren gesperrt, da das Ufer, beziehungsweise der Damm nachgibt und einzustürzen droht. Da der Fluss nicht mehr eingeengt, oder gestaut wird, verbreitert er sein Bett Jahr für Jahr ganz natürlich und deshalb wurde der Weg für Spaziergänger mit der Zeit zu gefährlich. Was der Strecke aber keinen Anbruch tut, denn dieses letzte Teilstück führt durch ein Waldstück, welches einen ganz besonderen Reiz und Abwechslung bietet. Nicht zuletzt deshalb, weil man auf diesem Abschnitt kaum noch auf Spaziergänger trifft. Da sich dieser letzte Teil des Weges in einer Zone befindet, die so gut wie überhaupt nicht besiedelt ist, begegnen einem nur noch vereinzelt wenige Radfahrer.

      So habe ich mir, auch für heute kein Ziel gesteckt.

      Auch auf dieser Wanderung ist der Weg das Ziel.

      Ich genieße die noch frische Morgenluft und freue mich auf einen sonnigen Frühlingstag.

      ***

      Kurz vor 12.oo Uhr habe ich die Strecke bis zum Bobinger Stausee geschafft, nicht ohne einige Rauchpausen am Rande des Flusses einzulegen. Es ist so entspannend, dem Rauschen der Wertach zu lauschen, die sich auf der gesamten Strecke immer wieder anders anhört. Je nach Wassertiefe und Fließgeschwindigkeit, hört sie sich manchmal wild und ungestüm an und dann, ganz unvermittelt, plätschert sie weich und sanft vor sich hin. Ich genieße die Stille an diesem Wochentag, an dem nur sehr wenige Menschen unterwegs sind, lausche dem Wasser, und lasse mich von den, im Hintergrund ertönenden Vogelstimmen verzaubern.

      Am Stausee mache ich eine länger Pause, breite eine Kälteisolierende Decke aus und mache es mir darauf bequem. Schwäne lassen sich über den See treiben und einige Gänse kommen von der nahen Wertach herüber geflogen. Die Idylle und die Ruhe dieses Ortes nehmen mich gefangen. Die Sonne wärmt bereits und ich strecke mich auf der Decke lang aus und beobachte die wenigen vorüberziehenden Wolken.

      Bis hierher ist mir der Weg bekannt, ab jetzt muss ich mir den weiteren Weg entlang der Wertach suchen. Zwei bis drei Stunden möchte ich noch weiterlaufen, dies ist das einzige Ziel, welches ich mir für meine Wanderung gesteckt habe. Fünf bis sechs Stunden am Tag laufen, dann eine Pension oder Hotelzimmer für die Nacht suchen, je nach dem was sich bietet und am nächsten Morgen entscheide ich dann, ob ich weiterlaufe, oder umkehre.

      Jetzt bin ich doch tatsächlich kurz eingenickt.

      Für Mai strahlt die Sonne bereits ziemlich intensiv und langsam wird es mir zu warm. Ich ziehe meine Jacke aus und verstaue sie, zusammen mit der Decke, in meinem Rucksack und weiter geht’s.

      Eine weitere Stunde führt mich mein Weg direkt am Stausee entlang.

      Der See ist ca. 20 ha groß und ich hatte mir schon immer einmal vorgenommen, ihn zu umwandern, heute führt mein Weg allerdings nur in eine Richtung und ich wandere an seinem Ende etwas Ziellos durch die Gegend, bis ich zufällig an einem Schild vorbeikomme, welches Radfahrern einen Weg nach Schwabmünchen weißt.

      Da dies meiner angestrebten Richtung entspricht laufe ich in diese Richtung weiter und siehe da, nach etwa 100 Metern, finde ich mich auf einem Weg entlang der Wertach wieder. Ich denke doch, dass es die Wertach ist, könnte auch der Fluss Singold sein, da dieser jedoch um einiges reißender und vor allem tiefer ist, gehe ich stark davon aus, immer noch an der Wertach entlang zu wandern.

      Hier ist der Fluss noch richtig ursprünglich.

      Dieser Teil des Flusses wurde niemals begradigt, hier mäandert das Gewässer still vor sich hin und da weit und breit keine menschlichen Ansiedlungen mehr zu sehen sind, umgibt mich nach einer weiteren halben Stunde eine perfekte Stille. Ich atme mehrmals tief durch und genieße die Luft, die Ruhe und die Wärme der Frühlingssonne in vollen Zügen.

      Zügig führt mich mein Weg entlang des Flusses immer weiter weg von jeglicher Zivilisation. Kurz kommt der Gedanke auf, dass ich mich hoffentlich nicht total verirre, doch dann fällt mir ein, dass ich mein Handy zwar wie immer ausgeschaltet habe, doch ich habe es dabei. Sollte ich mich also völlig verlaufen, habe ich Hilfe dabei.

      Glücklich