Bastian Litsek

Der Amok-Insasse: Die Psychothriller Parodie


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haben wir jetzt keine Zeit“, sagte Horst und klopfte dem Kutscher wieder auf die Schulter.

      Der Motor röhrte. Die Tachonadel zuckte wie unter Stromstößen. Der Mercedes preschte weiter, als würde hinter ihm Roland Emmerich die Zerstörung der zivilisierten Welt per CGI einläuten.

      „Pass auf, Phill. Du bist ein ehemaliger Soldat, solltest den Stress, der auf dich zukommt, daher gewöhnt sein. Wir hatten ursprünglich vor, dich unter der Identität eines Toten einzuschleusen, doch das wäre etwas riskant. Zu viele Stellen, an denen etwas hätte durchsickern können, und da du Torfkopf eh schon mit Dr. Bieder telefoniert hast, gehst du als du selbst.“

      Phill nickte.

      „Du wirst drinnen eine Kontaktperson haben.“

      „Ihr habt noch mehr Leute in der Anstalt?“

      „Na ja, nicht wirklich. Wir haben mal das Münztelefon dort angerufen und dem Erstbesten, der ran ging, einen Vorschlag gemacht.“

      „Es gibt dort noch ein Münztelefon?“

      „Erzähl ich gerade oder du?“, fuhr ihn Horst energisch an, während sie von links nach rechts geschüttelt wurden.

      „Tschuldige“, sagte Klax’ Vater kleinlaut.

      „Ihr Name ist Freda und sie ist unberechenbar. Eine Konifere Koryphäe auf dem Gebiet der Verrückten.“

      „Und die soll wofür gut sein?“

      „Sie ist deine Kontaktperson.“

      „Zu dir?“

      „Nein, dafür haben wir in einem Buch in der Bibliothek, in Enid Blytons Unter dem Roten Dach, ein Smartphone versteckt. Mit Powerbank, eine große, also mach dir keine Gedanken, wenn du damit das Internet besuchst, wenn dir langweilig wird.“

      „Sehr gut. Aber wozu brauche ich dann Freda?“

      „Du wirst es erkennen, wenn es so weit ist.“

      „Aha“, machte Phill skeptisch.

      „Denk dran, dich da rauszuholen, ist recht einfach. Dich wieder reinzubringen, weil du zu früh Hilfe geschrien hast, nicht. Das ist eine Psychiatrie, kein Bahnhof. Du kannst nicht kommen und gehen, wie es dir beliebt, also äh in diesem Beispiel bist du der Fahrgast, verstanden? Die Züge kommen und gehen wirklich, wie sie wollen.“

      „Verstanden.“

      Der Mercedes wurde langsamer.

      „Sind wir da?“, fragte Phill. Er konnte durch die verdunkelten Scheiben kaum etwas sehen.

      „Nein, wir gehen etwas essen.“

      Ein gelbes „M“ leuchtet plötzlich durch die schwarze Scheibe.

      „Wie?“, fragte Phill, „McDonalds?“

      „Was hat denn sonst abends um die Uhrzeit noch offen? Es geht schon auf Mitternacht zu. Du wirst froh drum sein. Dein größtes Problem da drin wird nicht die mentale und körperliche Folter, die schlechten hygienischen Umstände, die anderen Patienten oder der Dauer besoffene Chirurg, welcher die Anstalt leitet, sondern das furchtbare Kantinenessen. Glaub mir, nach einer Woche wird dein Verstand Land unter anmelden. Ich weiß nichts Genaueres, oder ich habs wieder vergessen, Quintessenz ist, das Essen da drin könnte unter Umständen nicht sooo toll sein.“

      „Da hätte ich wirklich andere Sorgen.“

      Tüten wurden ins Auto gereicht. Niemand hatte Phill gefragt, was er wollte. Die Polizistin vor ihm reichte ihm wortlos ein Happymeal. Er öffnete es und fing an zu essen. Horst biss in einen Royal mit Käse.

      „Ich habe etwas aus meinem persönlichen Drogenkoffer dabei“, sagte Horst, „damit du schön zugedröhnt wirkst, wenn du bei der Anstalt ankommst.“

      Phill winkte mit einer Hand ab und schleuderte dabei ein paar Pommes in den Fußraum.

      „Oh“, machte er.

      „Egal“, brummelte der Fahrer mit einem Cheeseburger in der Gosche. Die abenteuerliche Fahrt ging schon weiter. Sie schossen dahin wie eine Rakete, die versuchte, die Schallmauer zu durchbrechen.

      „Die Tabletten werde ich nicht brauchen“, sagte Phill. „Da habe ich eine bessere Idee“, er lehnte sich vor zum Fahrer.

      „Bringen Sie mich zum nächstbesten Gestüt. Diese Situation erfordert vier Hufe und einen Sattel!“

      Der Polizist nickte, wendete mit einer Vollbremsung mitten auf der Straße und heizte den Wagen unter Verlust von Reifengummi in die andere Richtung.

      Am Ende ihrer halsbrecherischen Fahrt war der Tank leer, die Reifen abgefahren und die Bremsen glühten wie Eisen im Feuer.

      Doch Phill bekam, was er wollte.

      Einen Gaul.

      Armes Hottehü

      Während sich irgendwo zu Halloween ein Psychopath mit Benzin übergoss, in einen Elternabend platzte und sich mit den Worten „Schaut mal, was ich kann!“ anzündete, ritt Phill Jerkoff gemächlich auf die psychische Heilanstalt von Dr. Bieder zu.

      Der Gaul, den er sich besorgt hatte, sollte eigentlich morgen früh geschlachtet werden und trug den Namen Till der Träge. Sie kamen zwar nicht sonderlich schnell voran, doch voran kam er.

      Sein Schwager hatte ihm geraten, er sollte dort auftauchen und schön den Bekloppten markieren. „Kassengelder hat noch keine vernünftige Anstalt abgelehnt“, so Horsts Worte, „selbst wenn sie dich in die Besenkammer sperren, nur um dich abrechnen zu können.“

      Aufgrund dessen hatte Phill das einzig Richtige getan. Er war in vollem Jamie-Lee-Curtis-Outfit losgegangen, hatte sich noch einen Cowboyhut besorgt sowie Till den Trägen und ritt durch Berlin bis zu der Irrenfarm draußen in ländlicher Gegend (sehr präzise, nicht wahr). Dabei hatte er den Fehler gemacht, davon auszugehen, ein Pferd wäre ein Langstrecken-Tier. Weit gefehlt. Der halb blinde Ackergaul, den man ihm als Reitpferd erster Klasse verkauft hatte, war schon nach der Hälfte der Strecke vom Galopp in den Trab und jetzt zum Schritt übergegangen. Die ungeschlachtete Salami schlappte dahin in der Hoffnung, dass es bald vorbei war.

      Und das war es auch!

      Phill konnte die helle Schrift am Eingang der Anstalt bereits lesen. Eine Beleuchtung so prunkvoll wie die eines alten Theaters verkündete den Namen der Einrichtung „Dr. Bieders Hilarious House of Madness.“

      Die Gruselbahn, in der jeder mitspielen durfte, der versichert war.

      Sein Schwager, immerhin jemand, der viel Polizeifunk hörte und auch Polizist sein könnte, war oder gewesen war, hatte ihm gesteckt, dass Mariam im Hochsicherheitstrakt eingesperrt war. Also war alles, was er tun musste, da drin einen Feueralarm auszulösen oder mit einem Terroranschlag zu drohen, und schon würden sie das Gebäude räumen.

      Letztere Idee hinkte zwar etwas, da er sich dafür theoretisch nicht als Verrückter inhaftieren lassen musste, doch wie oft bekam man im Leben schon die Chance, einfach mal zu machen, ohne die Konsequenzen zu spüren.

      Till der Träge zuckelte dahin.

      Phill hatte schon immer ein Pferd haben wollen. Der Wunsch reihte sich gleich hinter dem ein, eine Korvette zu besitzen, welcher daraus erwachsen war, dass Phill in seinem Leben bisher doppelt so viele Runden Schiffe versenken gespielt hatte als jeder normale Mensch.

      Vor dem rechteckigen riesigen Gebäude, über das es kaum mehr zu sagen gab, denn es hatte wie jedes andere Haus auf dem Planeten Türen, Toiletten und Fenster, erstreckte sich ein großer Rasen mit einem Springbrunnen. Gerade war Phill dabei, sich zu überlegen, wo er am besten seinen vierbeinigen Freund parken sollte, als sich ein Garagentor öffnete und ein Porsche herausgeschossen kam.

      Der Fahrer kam mit hoher Geschwindigkeit auf ihn zu.

      „HEY“, schrie Phill, „BIST