Bastian Litsek

Der Amok-Insasse: Die Psychothriller Parodie


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wir zu dir, wo du mich mal so richtig von hinten zum Eis essen einlädst, was?“, Klax’ Stimme hatte sich verändert. Er klang nicht mehr wie ein kleiner Junge, sondern älter, reifer. Der Blick, den er dem Kerl zuwarf, war reserviert für Amateure, die mit einem Profi sprachen.

      Svenson schaute verdutzt drein.

      „Wie lautet das Passwort?“, fragte Klax wieder in kindlicher Stimme.

      „Öh … Keine Ahnung?“, sagte Svenson.

      Klax klatschte sich mit der Hand ins Gesicht und schüttelte den Kopf. „Eine Welt voller Idioten“, murmelte er leise.

      „Sag mal, hättest du Lust …“

      Klax fiel ihm wieder ins Wort. Er nahm seinen Rucksack vom Rücken. „Helfen Sie mir mal kurz?“, fragte er und drückte dem nächtlichen Triebtäter den Rucksack in die Hand. Dann zog er das Raumschiff der Borg daraus hervor, holte aus und machte aus Svensons Familienjuwelen Rührei.

      Der Mann griff sich in den Schritt und fiel Kopf voraus fiepend hinten über. Dick und Doof hätten Applaus geklatscht, wären sie Zeuge gewesen.

       Klax nahm Svenson seinen Rucksack aus den Händen. „Einen schönen Abend noch.“

      „Danke“, hechelte der mit dem letzten bisschen Luft in seiner Lunge.

      Er setzte den Rucksack leer auf und stellte das Borgraumschiff vor sich ab. Dann klingelte er bei Hannah.

      Ihre liebliche Stimme ertönte blechern aus dem Lautsprecher neben dem Klingelschild.

      „Ja?“

      „Guten Abend Hannah.“

      Sie lachte. „Guten Abend Klax. Was kann ich für dich tun?“

      „War in der Gegend und ich hab da was, das ich dir unbedingt mal zeigen muss.“ Das Wort unbedingt zog er unnötig in die Länge.

      „Was ist es denn?“

      „Ein Raumschiff.“

      „Na dann komm mal hoch, kleiner Raumfahrer.“

      Die Tür surrte und mit dem Borgraumschiff in beiden Händen arbeitete sich Klax die Treppen hoch. Klopapier sei dank waren es nicht so viele. Hannah und ihre Eltern wohnten in der zweiten Etage. Einem merkwürdigen Gesetz nach schienen ansonsten alle, die man besuchen wollte, immer im obersten Stockwerk zu wohnen, nur damit man möglichst viele Treppen zu laufen hatte und es sich zweimal überlegte, ob man überraschend zu Besuch kam.

      Und da stand sie in der Tür. Hannah. Enge Jeans und weiße Sneakersocken. Als Oberteil einen warmen Pullover, den ihr vielleicht ihre Oma gestrickt hatte. Sie lächelte und zeigte dabei ihre Zahnspange.

      „Guten Abend“, sagte Klax noch mal und kam zum Stehen.

      Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Der ein oder andere Fruchtzwerg war in letzter Zeit definitiv zu viel gewesen. „Schau mal, was ich hab“, sagte er und hob das Raumschiff an.

      „Wow, was ist das denn?“

      „Es ist das Raumschiff der Borg.“

      „Aus Star Trek?“

      „Genau. Kennst du die Serie?“

      „Klar. Wir haben auch Netflix.“

      „Wollen wir vielleicht eine Folge zusammen anschauen? Es ist zwar schon längst über meine Bettzeit hinaus, aber ich bin aufgewacht und konnte nicht mehr schlafen. Star Trek hilft mir immer beim Einschlafen.“

      „Tut mir leid, Klax, aber es ist schon recht spät. Bist du etwa alleine hier rübergekommen?“

      „Ja, meine Eltern macht das nix aus. Mama ist zu betrunken und Papa googelt gerade, wieso Fingernägel nur in eine Richtung wachsen oder irgend so einen Piepes.“

      „Piepes“, wiederholte Hannah und kicherte. „Selbst wenn es deinen Eltern egal wäre, Klaxi, meine sind gerade nicht zu Hause.“

      Klax ließ das Raumschiff fallen und lehnte sich mit einer Hand cool gegen den Türrahmen. „Umso besser“, sagte er und wackelte mit den Augenbrauen, „dann schauen wir gleich zwei Folgen. Wenn die Mäuse aus dem Haus sind, tanzen die … äh … wie ging das noch mal?“, er versuchte, sich an das Sprichwort zu erinnern.

      „Leider ist mein Freund heute da.“

      „HANNAH, VERDAMMT, WAS MACHST DU DA SO LANGE“, schrie einer aus der Wohnung.

      „Du solltest besser gehen“, sagte Hannah.

      Doch schon war es zu spät.

      Ein Teenager in einer Badehose, der das Oberteil einer Postbotenuniform trug und dazu noch die stinkenden Handschuhe eines Müllmanns kam hinter Hannah zum Vorschein. Seine Haare waren lang, wild und ungewaschen.

      „Na, wen haben wir denn da?“, fragte der Kerl.

      „Das ist Mike“, stellte Hannah ihren Freund vor.

      „Der Gartenzwerg kommt wie gerufen“, sagte Mike und griff nach Klax.

      „Wie lautet das Passwoooooo…“

      Weiter kam er nicht. Mike hatte ihn in die Wohnung gerissen. Denn, was Klax nicht wusste, war, dass seine angehende Freundin einen bösen Fetisch für ungezogene Jungs hatte, und Mike war einer von der besonders schlimmen Sorte.

      Und Klax war nur ein weiterer Name in einem noch nicht geschriebenen Wikipedia-Artikel über die Opfer des PostbotenBademeisterMüllmannMeuchelMörders vom Wannsee.

      Hannah rollte mit den Augen und knallte die Tür zu.

      Armer kleiner Klax.

      Er würde weder Trixie noch seine Mutter je wiedersehen.

      Ein Jahr und viele, viele Tote später

      Phill Jerkoff saß vor seinem Fernseher und tat, was Leute gemeinhin tun, wenn sie vor einem Bildschirm saßen und ihr Hirn geistig über eine Wäscheleine hing:

      Er glotzte dumm drein.

      Gerade lief ein Bericht über die Serienkillerin Mariam Karkuffian, die mindestens einen erwachsenen Mann und vier Kinder ermordet haben sollte. Unter anderem vielleicht auch seinen Sohn Klax, der vor einem Jahr spurlos verschwunden war. Zumindest deutete einiges darauf hin, oder es ließ sich zumindest bequem in die Handlung hineindichten.

      Das Einzige, was von ihm zurückgeblieben war, war das olle Borgraumschiff, das Phill seither über eBay Kleinanzeigen für 200 € als „Raumschiff vom Mordfall Klax Jerkoff“ verkauft hatte.

      Sein Sohn war in der Nacht vor einem Jahr verschwunden, hatte früh Morgens das Haus verlassen, und ward nie mehr gesehen. Er und seine Frau hatten keine Mühe gescheut, ihn zu suchen. Sie waren gleich einen Tag danach, schließlich nützte es nichts, unausgeschlafen jemanden zu suchen, runtergegangen, um nachzusehen, ob Klax vor dem Haus stand. Da war er aber nicht. Ihn anzurufen, ergab keinen Sinn, denn Klax besaß kein Smartphone, und jegliche Versuche, ihn zu suchen, wurden so lange auf später vertagt, bis die Polizei klingelte und sachkundige Beweise lieferte, dass Klax tot war und man den Mörder gefunden hatte: Mariam Karkuffian. Man hatte seine Leiche in einem ihrer Folterkeller gefunden, oder zumindest etwas, das gut seine Leiche hätte sein können. Da die Sache recht eklig und prekär war, erkannte man die naheliegendste Vermutung als absolute Wahrheit an, machte früh Feierabend und ließ den lieben Herrgott einen guten Mann sein.

      Seine Frau Olga hatte Phill verlassen und ihre Tochter, deren Namen er schon längst vergessen hatte, mitgenommen.

      Ihm war ein langer Bart gewachsen. Sein Haupthaar reichte ihm die Schultern herab. Er sah aus wie ein Obdachloser, der zu etwas Geld gekommen war, und roch auch so.

      „Du musst es dir ansehen“, sagte eine Stimme aus dem Dunkeln.

      Ihm gefror das Blut in den Adern. Sein Penis kroch innerhalb der Vorhaut zurück