Birgid Windisch

Abenteuer im Odenwald 1+2


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Flasche und nahm eine Tafel Schokolade heraus, die sie in einem Seitenfach als Notration fast immer dabeihatte. Endlich wurde sie auch wirklich in einer Notsituation gebraucht, dachte Lene. Sie brach eine Reihe ab und reichte sie Wernher zu. „Was ist das?“ fragte er sie mit großen Augen. „Schokolade mit Nüssen.“ „Hm“, begeistert schloss er die Augen und ließ ein Stück auf seiner Zunge zergehen. „Ist das gut!“, so etwas Gutes habe ich noch nie gegessen!“ Lene lächelte glücklich und freute sich, dass es ihm schmeckte. „Aber wir müssen langsam los, oder?“ Lene sah ihn fragend an. Er legte die Stirn in Falten und antwortete zögernd. „Eigentlich wäre es sicherer, im Dunkeln zu gehen, damit uns niemand sieht. Ich weiß nicht, was passiert, wenn wir entdeckt werden. Immerhin haben sie meinen Tod in Kauf genommen als sie mich in das Loch warfen und eure Geschichte wird auch niemand glauben, ihr würdet höchstens noch der Hexerei verdächtigt werden.“ „Stimmt, du hast recht, Wernher!“ Bedrückt ließ sich Lene zurück auf ihr Lager fallen. „Was machen wir jetzt?“ Er setzte sich zu ihr und legte sich seinerseits zurück. „Wir versuchen zu schlafen. Die Hütte ist gut getarnt und niemand hat Grund, uns zu suchen. Keiner weiß, dass ich noch lebe und dass ihr hier seid, weiß auch Niemand.“ Lene antwortete nachdenklich. „Gut, ich denke, du hast recht. Du kennst dich hier aus und kannst eher beurteilen, was am besten ist. Versuchen wir zu schlafen. Ich glaube zwar nicht, dass ich es kann, aber ausruhen ist auch viel wert. Schläft mer nit, so ruht mer doch, sagte schon meine Oma immer.“ Wernher lächelte zufrieden, zog sie in seine Arme und legte sich gemütlich hin. Lene ließ es ganz selbstverständlich geschehen und ruckelte sich zurecht, bis sie bequem an ihn gekuschelt lag.

      Kapitel 11

      Schöne Nähe

       In Gedanken versuchte sie, sich ein Bild von der Situation zu machen - dachte an das Loch, den sonderbaren Traum, das Geräusch, an Wernher. Hm, Wernher - sie lächelte verträumt - der fühlte sich gut an, wie er so nah bei ihr lag. Er roch ganz angenehm und war schön warm und kuschelig. Sie fühlte sich sicher und langsam driftete sie in den Schlaf. Sie erwachte von einem lauten Schrei und wollte schnell aufspringen. Eben dies ging jedoch nicht, weil etwas Schweres halb auf ihr lag. Wild sah sie sich in der inzwischen einsetzenden Dämmerung um und erkannte, dass es Wernhers Bein war, das so schwer auf ihr lastete. Wernher selbst atmete heftig und fuchtelte mit einer Hand herum. „Hinweg, sage ich euch, verschwindet!“, brüllte er wie von Sinnen. Lene sah aufgeregt um sich. Wer denn?! Da war doch niemand! Offenbar hatte er einen Albtraum. „Schhhhhh“, machte sie vorsichtig. Nicht, dass er sie für einen Feind aus seinem Traum hielt und ihr den Garaus machte. „Wernher, alles ist gut, ich bin ja da.“ Tröstend strich sie über seinen Rücken und streichelte ihm über die Haare. Mit einem Ruck setzte er sich auf und drehte sich zu ihr herum, ein Messer in der Hand. Langsam kehrte das Verständnis in seine Augen zurück. „Ach so, ihr seid es!“ er legte das Messer zur Seite und Lene schluckte erleichtert. Er hatte ganz schön bedrohlich ausgesehen. Zum Glück hatte er sie erkannt und nicht gleich zugestochen. Er legte sich wieder hin und schloss die Augen, wobei er Lene fest an sich zog und ihr über die Wange streichelte. „Ihr seid ein schönes Weib und lieb dazu. Wie kommt es, dass ihr noch keinen Mann habt. Oder habt ihr einen, Weib?“ „Ich heiße Lene“, meinte sie erbost und ich habe keinen Mann, weil ich noch keinen wollte!“ „Vielleicht hast du ja auch auf mich gewartet“, meinte Wernher selbstgefällig. „Oh ja, ganz sicher habe ich auf einen schmutzigen, stinkenden Mann aus der Vergangenheit gewartet, der mich glücklich macht!“, meinte Lene zornig. „Das war nicht nett von euch. Wartet nur bis morgen, dann werdet ihr genauso stinken wie ich, oder habt ihr etwa Seife und Wasser dabei?“ Kleinlaut sah ihn Lene an und schämte sich, dass die Wut mit ihr durchgegangen und sie gemein zu ihm gewesen war. „Es tut mir leid, du hast recht. Es war nicht nett, das zu sagen.“ Wernher war zum Glück nicht nachtragend und nahm sie wieder in die Arme. Das tat so gut, da konnte sie sich direkt daran gewöhnen. Sie sah in sein inzwischen vertrautes Gesicht. Die Augen hatten sich bereits an das Dämmerlicht gewöhnt und sie sah, dass seine blauen Augen voller Freundlichkeit und einem anderen, undefinierbaren Ausdruck auf ihr ruhten. Sie schaute ihn forschend an. Er sah so liebevoll und gleichzeitig so, hm – lustvoll – aus? Oh je! Sie spürte, wie ihre Beine weich wurden und sich im Bauch ein flaues Gefühl ausbreitete. Was war das denn? Seine Augen kamen immer näher. Gebannt sah sie hinein und dann auf seinen Mund, soweit er in diesem Bartgestrüpp zu erkennen war. Nicht übel sah er aus! Ob das kitzelte? Er legte seine Lippen auf die ihren und sie ließ es aufgeregt geschehen. Nein, es kitzelte nicht. Sie lächelte glücklich. Zärtlich spielten ihre Zungen miteinander und es war, als ob sie sich schon ewig auf diese Weise nahe wären. Vertraut - und doch aufregend - und einfach wunderschön. Lene war ganz überrascht von ihrer Reaktion. Nie und nimmer hätte sie gedacht, dass sie sich so schnell auf einen Mann einlassen würde, aber es war ja nicht irgendein Mann, es war Wernher, ein ganz und gar besonderer Mann und es war eine außergewöhnliche Situation. Wer weiß, was noch alles passieren konnte, oder würde! Sie lächelte zufrieden. Es war wie ein Traum. Sie lebte einfach, so gut sie konnte und dazu gehörte alles, anscheinend auch die Liebe. Lene spürte seine Hand auf ihren Brüsten und es fühlte sich wunderbar und vollkommen richtig an. Ihr ganzer Körper kribbelte und sie legte nun ihrerseits mutig die Hand in seinen Schritt. Eine imposante Wölbung erwartete sie dort und nun gab es kein Halten mehr. Mit Ziehen und Zerren wurden sämtliche hinderlichen Kleidungsstücke entfernt und mit einem tiefen Stöhnen drang er in sie ein. Ah, war das schön und kein bisschen komisch, sondern einfach vollkommen, gut und richtig! Lene stöhnte wohlig lächelnd und genoss in vollen Zügen, ihm nahe zu sein. Komisch, wie konnte das so schön sein, ein fremder Mann in einer anderen Zeit. Wie, sich so vertraut anfühlen? Lene küsste ihn und bewegte sich dabei in müheloser Choreografie mit ihm. Als hätten ihre beiden Körper ein Eigenleben und würden sich schon ewig auf diese Weise kennen. Danach lagen sie da, streichelten und küssten sich und sprachen leise miteinander. Erzählten sich gegenseitig kleine Geschichten aus ihrem Leben von den Menschen, die sie liebten und die ihnen nahestanden. Wernher hatte eine Ziehmutter gehabt, weil seine eigene Mutter früh verstarb, wie ihm seine Ziehmutter erzählt hatte, als er erst acht Jahre alt gewesen war. Die Ziehmutter war gut zu ihm gewesen, er hatte Glück gehabt und so war er zu diesem Pfaffstangengut in Hausen gekommen. Seine Zieheltern wollten ihn nicht mittellos zurücklassen, sollten sie sterben. Sie kannten ihre Söhne und deren Habgier zu gut. Der Ziehvater war jedoch in Ungnade gefallen, bei der Obrigkeit und die hohen Herren weigerten sich, nach dessen Tod das Pfaffstangengut als Wernhers Erbe und Besitz anzuerkennen. Der Ziehvater hatte seinerzeit nicht die vollständige Pacht bezahlen können und so betrachteten sie es inzwischen als Besitz des Aschaffenburger Stifts und sich als die Weisungsbeauftragten, da sie alle Güter in der Gegend, die etwas wert waren, verwalteten. Es tat ihm gut, sich alles einmal von der Seele reden zu können.

      Kapitel 12

      Rückblende

      Wernher -12. Juli 1441

      „Wernher!“ erscholl ein lauter Ruf. Wernher war gerade dabei gewesen, die alte Stute zu füttern, die im kleinen Stall neben der zerstörten kleinen Wasserburg Nuwenstat stand. Dort hauste er mit seinen Ziehbrüdern Hans und Madern Bache von Nuwenstat, im Keller der zerstörten Burg, der noch einigermaßen gut erhalten war. Von den Stallungen daneben war nichts mehr übrig, bis auf eine Box, in der die alte Stute Rosalinde stand. „Was ist denn?“ Wernher nahm den Eimer, in dem er Rosalinde Hafer gebracht hatte und trat zu Hans. „Wernher, wir bräuchten dich morgen!“ Die Brüder ließen Wernher spüren, dass er als Ziehbruder in ihrem verarmten Zuhause nur noch geduldet war. Sie hatten einen Groll auf ihn, weil ihre Mutter stets freundlich zu ihm gewesen war, genau wie ihr Vater Jorg, der diese Wasserburg 1403 erbaut hatte. Als ihr Vater einmal zu viel getrunken hatte, rutschte ihm heraus, dass er die Burg in den letzten 20 Jahren nur erhalten konnte, weil er Wernher damals als seinen Ziehsohn aufnahm, als dieser mit seinen Eltern verfolgt wurde und in Gefahr geriet. Die Eltern von Wernher mussten reiche Leute in Not gewesen sein und so konnten sie Jorg, als Lohn für seine Hilfe ermöglichen, die Wasserburg zu erhalten und instand zu halten. Er nahm Wernher dankbar auf und behandelte ihn fast wie seine eigenen Kinder, die darauf nicht freundlich reagierten, waren sie doch 6 und 8 Jahre älter als Wernher, der als Sechsjähriger in den Haushalt kam. Es kam ihnen