Kadhira del Torro

Geliebt wird anders


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lach mich tot.“

      Wieder dieses leise Lachen. „Es dauerte schon etwas länger als eine Stunde.“

      „Okay, zwei Stunden. Sie lieben eine Frau also vom Vorspiel bis zum Orgasmus gut zwei Stunden und nicht eine Minute länger. Sie lieben sie nicht mal einen einzigen Tag in Ihrem Leben. Und was kommt danach? Das böse Erwachen? Die Enttäuschung, dass die Dame neben Ihnen im Bett doch nicht die ist, für die Sie sie im alkoholisierten Zustand gehalten haben?“

      „Ich habe noch nie mit einer Frau geschlafen, wenn ich betrunken war.“

      „Und wenn, könnten Sie sich sowieso nicht daran erinnern“, frotzelte sie. „Kommen Sie sich dabei nicht benutzt vor?“

      „Warum sollte ich?“

      „Weil nicht nur Sie sich mit unzähligen Damen brüsten, sondern die Damen auch mit Ihnen. Sie sind ein Sexobjekt. Nichts weiter. Leidet ihr Ego nicht darunter?“

      „Nicht die Spur. Und wie ist es mit Ihnen?“

      „Was soll mit mir sein?“

      „Sie sind auch ein Sexobjekt. Jeder Mann, den ich heute getroffen habe, wollte nicht von mir wissen, wie wir zusammen arbeiten, wie die Aufgaben verteilt werden oder warum wir überhaupt miteinander arbeiten. Jeder war nur an der Information interessiert, wie hoch ich meine Chancen einschätze, Sie ins Bett zu kriegen. Die Männer treffen sich mit Ihnen, weil es gut für ihr Image ist, mit Ihnen gesehen zu werden. Sie bekommen werbewirksame Schlagzeilen, wenn man Sie zum Lachen bringt und einen Orden, wenn Sie mit dem Mann tanzen. Gut, bislang war da für Sie Schluss. Sie haben sich nie nach Hause fahren lassen, sind auf keiner Party bis zum Schluss geblieben und sie kommen und gehen immer alleine. Wenn man mal von Ihrem Hund absieht. Leidet Ihr Ego darunter, nichts weiter als ein Objekt der Begierde zu sein?“

      „Nein. Ich bringe Verträge mit nach Hause. Und Sie? Sie sind lediglich ein paar Spermien losgeworden, haben geschwitzt und einer Frau was vorgemacht. Es ist nicht das gleiche.

      „Wie hoch schätzen Sie Ihren Marktwert ein, nachdem Sie mit einem Mann geschlafen haben?“

      Nicoles Stirn runzelte sich zusammen und bildete über der Nasenwurzel eine steile Falte. „Ich habe nie darüber nachgedacht“, gab sie zu, glättete ihr Gesicht und sah ihn an. „Aber vergleichsweise höher als Ihren, wenn Sie Ihren Job als Casanova aufgeben.“

      „Werden Sie deutlicher.“

      „Ich schätze meine Chancen höher ein, Verträge und Männer zu bekommen, als Ihre, Verträge zu bekommen und auf die Frauen zu verzichten. Mich nimmt man auch noch ernst, wenn ich den Titel Iron Virgin nicht mehr verdiene. Aber Sie als seriöser Geschäftsmann?“ Ihre Augenbraue hob sich, der Spott war nicht zu überhören.

      „Wollen Sie es ausprobieren?“

      Nicole lächelte nicht mehr – sie lachte. Man drehte sich nach ihnen um, erstaunt, amüsiert und tuschelte. „Nein, will ich nicht. Es ist eine Laune der Natur, dass Jungfräulichkeit keinen Versuch duldet.“

      „Sie gehen ziemlich locker mit diesem Thema um.“

      Es war ihr fröhliches Lachen, das die Leute erneut aufmerksam werden ließ. „Wollen Sie mir etwa erzählen, dass es Ihnen unangenehm ist, darüber zu reden?“

      „Sie haben ein schönes Lachen“, meinte er unvermittelt.

      „Und Sie haben meine Frage nicht beantwortet.“

      „Nein, es ist mir nicht unangenehm. Im Gegenteil. Ich kämpfe seit Jahren erfolgreich dagegen an.“

      „Sie werden es nicht schaffen, alle Jungfrauen dieser Welt auszurotten. Wir sind nämlich ein ständig nachwachsender Rohstoff.“

      „Ich gebe mein bestes.“

      „Davon bin ich überzeugt.“ Sie schob ihren Teller etwas von sich und nippte an ihrem Wein. Er war eine gute Wahl. Überhaupt machte ihr dieses Treffen wider Erwarten Spaß. Lag das wirklich an der Ausstrahlung, dem Charme, von Jonathan Dunmore? Oder einfach nur daran, dass sie heute geschäftlich einen sehr guten Tag gehabt hatte?

      „Stoßen wir an“, unterbrach er ihren Gedankengang und hob sein Glas.

      „Worauf?“

      „Auf uns beide.“

      „Auf eine gute Zusammenarbeit“, korrigierte sie ihn, stieß mit ihm an und trank erneut einen Schluck.

      Er stellte sein Glas auf den Tisch und beugte sich vor, das Grinsen deutlich breiter als zuvor. „Eigentlich haben wir jetzt ja so etwas wie Brüderschaft getrunken.“

      „Aber?“

      „Aber dazu gehört ein Kuss.“

      Sie beugte sich ebenfalls vor, war von seinem Gesicht höchstens eine Handbreit entfernt. „Allerdings verzichten wir aus bekannten Gründen darauf.“

      „Ungern.“

      „Das macht nichts.“

      „Wann hast du das letzte Mal jemanden geküsst?“

      Nicole musste darüber nachdenken. Sie lehnte sich zurück, griff nach dem Dessertlöffel und drehte ihn zwischen den Fingern. „Das ist schon ein paar Monate her“, meinte sie langsam.

      „Du hast tatsächlich einen Mann geküsst?“, staunte er.

      „Ja, habe ich. Vor vier Monaten. Da haben wir uns das letzte Mal gesehen.“

      „Wen?“

      „Steve Miller.“

      „Ach so.“ Es klang schon ein wenig enttäuscht, als er sich nun zurücklehnte und sie ansah. „Dein Stiefbruder zählt nicht. Kein anderer Mann in Sicht? Irgendwas harmloses?“

      „Kein Mann ist harmlos.

      „Hattest du schon mal einen Freund?“

      „Ja.“

      „Na also. Hast du wenigstens mal daran gedacht, mit ihm ...?“

      „Nein, habe ich nicht.“

      „Warum nicht?“

      „Warum? Nur weil man mit jemanden zusammen ist, muss man doch nicht gleich miteinander ins Bett gehen.“

      „Man muss nicht. Aber es ist nicht das schlechteste, was man miteinander tun kann. Habt ihr euch wenigstens geküsst?“

      „Ja.“

      „Jetzt wird es interessant.“

      „Für eine Schlagzeile reicht es lange nicht“, winkte sie ab. „Es war eine einmalige Angelegenheit und hat meine Vermutung eigentlich nur bestätigt. Es macht absolut keinen Spaß und ist widerlich.“

      „Dann war es der verkehrte Mann. Oder stehst du auf Frauen?“

      Nicole legte den Löffel sorgfältig zurück und rückte ihn gerade. „Nein. Für mich ist Sex und alles, was damit zu tun hat, genau das gleiche wie für andere Leute Lesen oder Stricken. Man interessiert sich dafür oder nicht.“

      „Ich habe noch nie gehört, dass jemand Sex und Stricken miteinander verglichen hat.“

      „Es gibt für mich keinen Unterschied. Manche wollen Stricken lernen, andere wollen Sex.“

      „Und was willst du?“

      „Erfolg.“

      „Du kannst aber beides haben. Sex und Erfolg. Und wenn du willst, kannst du auch noch stricken lernen.“

      „Danke. Aber ich bin ausgelastet genug.“

      „Das bin ich auch.“

      „Kein Wunder. Die Damen hier im Restaurant verdrehen sich schon die Hälse. Ich warte nur darauf, dass die erste mit einem Genickbruch vom Stuhl kippt.“

      „Keine Angst, das