Solveig Kern

Brautwerbung


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für den Einzug in Mandrilar.“ Uluk sah Vorteile für Mauro. Das Widererstarken des ehemals verfeindeten Alicando-Clans beäugten die Xalmeidas allerdings mit gemischten Gefühlen.

      „Mit den Mandrilanen habt Ihr es Euch endgültig verscherzt!“ gab Vreden zu bedenken.

      „Da war nicht viel zu verscherzen. Die Mandrilanen mochten mich nie.“ Mauro lachte kehlig: „Für die Verhandlungen mit Fürst Torren habe ich nun eine hervorragende Ausgangsposition. Ich bin in diesem Land kein Fremdling mehr, der den Schutz seines Clans benötigt. Ich bin selbst Clanchef!“ Mauro hatte seine Worte gegenüber dem Beriahîr der Alicandos spontan gewählt. Nun erst begann er zu begreifen, welcher Nutzen ihm daraus erwuchs, dass er die Bezeichnung >Clanchef< für sich verwendet hatte. Er dankte seiner Seelenfamilie für die geschickte Führung.

      Vreden sah ihn schockiert an: „Fürst Torren ist gewiss nicht Euer Feind!“

      „Er ist auch nicht mein Freund“, gab Mauro knapp zurück.

      Wenig später konferierte Vreden telepathisch mit Fürst Torren. Pflichtschuldig berichtete er, dass Mauro mittlerweile zum Alicando geworden war.

      „Dass der König zum Erbteil seines Großvaters steht, erschüttert mich nicht. Deswegen ist er immer noch ein Tolego. Wenn er mag, kann er alle Alicandos der Welt in unseren Clan einbringen. Wir haben bloß ein paar gute Argumente weniger, um ihn zu überzeugen.“

      „Er fürchtet Euch, Vater.“

      „So scheint es auf den ersten Blick“, stellte Fürst Torren nachdenklich fest. „Doch da steckt mehr dahinter. Es ist kaum zu glauben. Mauro war ein Fremder, unbelastet von den Zerwürfnissen dieses Landes. Nun treiben ihn die Ereignisse tiefer und tiefer in das düstere Erbe des Feuerkönigs hinein. Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Mauro wird mit den Alicandos nach Mandrilar gehen, wie es sein Großvater und andere vor ihm getan haben. Die Mandrilanen werden gegen ihn aufstehen, und er wird die Rebellion blutig niederschlagen. Ein neuer Zyklus des alten Spiels hat begonnen.“

      „Was soll ich tun?“ wollte Vreden wissen.

      „Gar nichts. Ihr seid ein Tolego, kein Mandrilane, vergesst das nicht. Versichert den König unserer Treue und unserer Unterstützung. Lasst niemals Zweifel daran aufkommen, dass wir an seiner Seite stehen. Um alles andere werde ich mich kümmern. Was gibt es sonst noch?“

      „Der König hat zwei Garnisonen an der Nordgrenze genehmigt, am Morgor und an der Schweinefurth. Sein Togwed Hanok hat mich gebeten, ihm ein paar grenzerfahrene Hauptleute zu überstellen.“

      „Das ist interessant. Offenbar befürchtet der König dort Ärger. Sagt Hanok die Männer zu. Ich möchte eigene Informanten auf Burg Moringart haben. Die Hauptleute sollen mit ihren Familien übersiedeln. Kinder sind unauffälliger und lernen die kethische Sprache leichter. Ich spreche mit Togwed Nôrden, wo wir geeignete Männer herbekommen.“

      „Wir haben gute Leute in Hülle und Fülle. Pados Elitetruppe wurde aufgelöst. Unsere Männer waren ziemlich aufgebracht, denn er hat den ausständigen Wehrsold nicht bezahlt. Ich habe sie beruhigt, dass sie ihr Geld erhalten werden. Soweit ich weiß, hat Pado die Kiste mit dem Wehrsold noch gar nicht bei unserem Kämmerer abgerufen. Ich habe den Männern bestätigt, dass jeder einzelne von ihnen ein Rückkehrrecht nach Tolego besitzt. Sie sollen ins zivile Leben heimkehren. So viele Krieger können wir schließlich nicht brauchen.“

      „Was?!“ schrie Torren Vreden an. „Habt Ihr mir soeben gesagt, dass unsere Männer aus Pados Truppe entlassen wurden? Und keiner von Euch Schwachköpfen hat sich gekümmert, was aus ihnen werden soll?“

      „Das ist doch wohl Aufgabe des Beriahîr“, gab Vreden patzig zurück.

      „Ja. Nur dass unser Beriahîr seit Wochen in Gralta festsitzt. Er kann die Festung nicht verlassen, ehe die Ablösung eintrifft. Seit Tagen nervt mich sein Verbindungsmann mit Gerüchten, auf die wir reagieren sollten. Ich habe alles abgeschmettert. Ihr seid so dicht dran am Geschehen. Ich war überzeugt, Ihr würdet uns informieren, wenn etwas Wahres dran wäre!“

      „Herr, ich hatte keine Ahnung...“

      „Wollt Ihr mich glauben machen, dass Pado gegenüber seinem zukünftigen Schwiegervater niemals erwähnt hat, dass seine Truppe vor der Auflösung steht?“

      „Ja. Schon“, musste Vreden eingestehen. „Er meinte, der König wäre ein Narr, diese wertvolle Elitetruppe aufzulösen. Ich habe ihm beigepflichtet. Doch was hätte ich mit dieser Information anfangen sollen?“

      „Was hättet Ihr...“ Torren war sprachlos. „Ihr seid ein hoffnungsloser Fall. Selbstgefällig, faul und inkompetent. Womit habe ich einen solchen Sohn verdient!“

      „Ich bringe es in Ordnung!“ Vreden fürchtete den Zorn seines Vaters.

      „Was wollt Ihr in Ordnung bringen? Euch sind die Konsequenzen dieser Truppenauflösung doch überhaupt nicht bewusst!“ donnerte Torren. „Nichts da, ich werde mich selbst drum kümmern. Kein Krieger soll uns jemals nachsagen, sein Clan hätte ihn im Stich gelassen!“ Damit kappte Torren die Gedankenübertragung mit seinem Sohn.

      Am nächsten Morgen saß Mauro mit Hanok und Alagos zusammen, um die bevorstehende Reise nach Mandrilar zu besprechen. Er hatte sich mittlerweile gut genug unter Kontrolle, um nicht mehr bei jeder Gelegenheit loszupoltern. Im Gegenteil, er gewöhnte sich an, ruhig zuzuhören, was seine Leute zu sagen hatte. Am Ende traf er eine wohl erwogene Entscheidung. Die Atmosphäre in seiner Umgebung hatte sich bereits spürbar entspannt. Den Verlust seiner Liebe hatte er keineswegs verschmerzt, doch auch in diesem Punkt exerzierte er eiserne Disziplin. Sobald ein Gedanke an Sigrun hochkam, ließ er ihn geduldig passieren und wandte sich anschließend sofort wieder seinen Aufgaben zu. Davon gab es im Moment wahrlich genug.

      Nachdem Mauro den Standortkommandanten der Hauptstadt seines Amtes enthoben hatte, musste sich nun jemand anders um die Absicherung des Einzuges und die Vorbereitung der Krönungsfeierlichkeiten kümmern. Wie von diesem befürchtet trug Mauro dieses schwierige Amt Alagos an.

      „Nehmt zwei Einheiten der neu gegründeten Reichstruppe mit. Die einen sollen den Einzug in die Stadt absichern. Die andern lasst Ihr entlang der Fernstraßen patrouillieren. Meine Feinde müssen nicht wissen, auf welcher Route ich reisen werde.“

      „Kommt Ihr nicht mit dem Haupttross?“ fragte Alagos erstaunt.

      „Nein, ich werde über die Kupferberge nach Mandrilar reiten. Ich will nach Aglar, um mit Eurem Vater Kelros zu sprechen.“

      Alagos war nicht begeistert, dass Mauro nach Aglar kommen wollte. Niemals hatte ein fremder König die verborgene Stadt der Rhûn-Maiyar betreten. Wenn es nach Alagos ging, sollte das so bleiben: „Wenn Ihr meinen Vater sprechen wollt, wird er gerne nach Passar kommen…“

      „Nein. Ich möchte Auskunft von ihm über den Fluch des Feuerkönigs. Es ist besser, ich gehe zu ihm“, erläuterte Mauro.

      Alagos kam nicht mehr dazu, etwas zu entgegnen. Ein Kethischer Wächter trat ein und meldete zackig Fürst Torrens Besuch.

      Wie beim letzten Mal wartete der alte Zauberer nicht darauf, hereingebeten zu werden. Noch ehe Mauro sich von seinem Schreck erholt hatte, stand er im Raume.

      „Ich sehe, Ihr seid gerade mit Euren Heerführern zugange“, sagte Fürst Torren freundlich. „Das trifft sich gut. Vreden informierte mich, dass Hanok von ihm einige Hauptleute erbeten hat. Gestattet Ihr, dass der Togwed mir Eure Planungen erläutert? Dann kann ich sofort über sein Ansinnen entscheiden.“

      Mauro war erstaunt, dass der alte Fürst sein Domizil wegen einer solchen Nebensächlichkeit verlassen hatte. Vreden kannte sämtliche Pläne. War er zu dumm, um sie zu begreifen und an seinen Vater weiterzuberichten? Mit einer generösen Geste bedeutete er Hanok, die Planungen für die Reichstruppe zu erläutern. Er selbst lehnte sich zurück und konzentrierte sich auf die Beobachtung von Torren. Fasziniert beobachtete er, wie der alte Meister Hanok, den klügsten Kopf seiner Truppe, mit seiner Fragetechnik ausmanövrierte.

      „Ihr