Tessa Koch

Liebe ist tödlich


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Ärztin das Zimmer betritt. Lela hat darauf bestanden, den Eingriff von einer Frau durchführen zu lassen. Seit der Vergewaltigung zieht sie Frauen den Herren der Schöpfung im Allgemeinen vor. Es ist ihr lieber, von einer Frau berührt zu werden (vor allem an einer so intimen Stelle) als von einem Mann. Zwar weiß ein kleiner Teil in ihr, dass diese Scheu vor den Männern geradezu lächerlich ist, da nicht jeder so ist wie Leon, dennoch fühlt sie sich in den Händen einer Frau einfach wohler.

      „Frau Foster, wie geht es Ihnen heute?“ Die Ärztin lächelt freundlich, während sie sich die Gummihandschuhe überstreift.

      „Den Umständen entsprechend, würde ich sagen, Dr. Martins.“ Lela versucht sich ebenfalls an einem Lächeln, scheitert jedoch kläglich.

      Das Lächeln der Ärztin verblasst. „Sie wissen, dass Sie sich jederzeit anders entscheiden können, wenn Sie das nur wollen. Noch ist es nicht zu spät, Sie müssen nur etwas zu mir sagen, dann blasen wir das Ganze hier einfach ab.“

      „So habe ich das nicht gemeint!“ Lelas Tonfall ist barscher, als sie es beabsichtigt hat.

      Dr. Martins bemüht sich erneut um ein Lächeln. „Natürlich nicht. Können wir dann?“ Lela nickt. „Gut. Ich habe Ihnen bereits bei unserem letzten Treffen erklärt, wie ich vorgehen werde, möchten Sie trotzdem, dass ich es Ihnen noch einmal erkläre?“

      „Bitte holen Sie einfach nur dieses Ding aus mir heraus, ja?“

      Es fällt der Ärztin immer schwerer, ihr Lächeln aufrecht zu erhalten. „Selbstverständlich.“

      Der Eingriff dauert nicht lange und als man Lela erlaubt, sich wieder aufzusetzen und ihre eigenen Klamotten anzuziehen, spürt sie nicht einmal eine großartige Veränderung. Doch das bloße Wissen, dass dieses Ding, diese widerwärtige Brut, aus ihr entfernt worden ist, scheint sie um Tausende von Kilos zu erleichtern. Denn nun weiß sie, dass sie nichts mehr von Leon in sich trägt. Dass es nichts mehr gibt, dass sie an ihn binden könnte. Von nun an ist sie wieder ihr eigener Herr, sie ist ihm nicht mehr verpflichtet, verbunden, ausgeliefert. Sie ist einfach nur noch sie selbst.

      Und das Baby, sein Baby, das sie unter ihrem Herzen getragen hat, ist tot.

      Kapitel 19

       Liebste Lela,

       es amüsiert mich zu sehen, dass Du einen erneuten Versuch gewagt hast mir zu entfliehen. Hast Du nicht die letzten beiden Umzüge zuvor bereits gemerkt, dass Du mir nicht entkommen kannst? Es ist geradezu paradox, dass Du es dennoch immer wieder versuchst.

       Denn Du weißt doch, dass Du mir nicht entkommen kannst. Dass ich immer da bin, in Deiner Nähe, ohne dass Du mich sehen, hören oder riechen kannst. Doch ich kann Dich sehen. Und ich darf auch Deiner wunderschönen Stimme lauschen. Ich kann sogar Deinen Duft wahrnehmen … Fly High ist doch der Name Deines neuen Parfums, nicht wahr?

       Wie Du siehst, bin ich tatsächlich in Deiner Nähe, immer und überall, egal wo Du bist. Daher amüsiert es mich nur umso mehr, wenn Du wieder einmal versuchst mir erneut zu entkommen. Denn es ist unmöglich. Man kann nämlich nicht vor seinem Schatten davonlaufen, meine wunderschöne Prinzessin, hat Dir das denn zuvor nie jemand gesagt?

       Es schmerzt mich beinahe, Dir nun selbst diese Wahrheit nahe legen zu müssen. Denn im Laufe der letzten sechs Monate musst Du einfach gemerkt haben, dass ich Dein Schatten bin . Ich bin Dir so nahe, wie kein anderer, ich bin Dir so vertraut, geliebt und verhasst, wie kein anderer Mann jemals zuvor.

       Dies erfüllt mich mit Stolz und Freude.

       Denn niemand soll Dir jemals so nah sein dürfen, wie ich Dir nah sein durfte.

       Geliebte Zeit, wie ich Dir hinterher trauere! Wie ich Deinen Berührungen hinterher trauere, Deinen Blicken und Küssen, Deiner Nähe ! Wie ich Dir hinterher trauere, liebste Lela!

       Doch so glaube mir, es wird eine Zeit kommen, in der wir wieder vereint sind. In der wir wieder eins sind. Denn wir gehören zusammen. Niemand kann sich dem Schicksal entziehen, niemand kann den göttlichen Plänen der Geheiligten entkommen, nicht einmal Du, die Du da selbst eines Engels gleich bist.

       Wenn Du nur wüsstest, wie sehr mein Herz sich nach Dir sehnt! Meine Finger möchten Deine Haut streicheln, meine Lippen die Deine berühren, meine Blick die Deinen streifen, mein Körper den Deinen spüren … Was gäbe ich nicht alles dafür!

       Ich gäbe alles , liebste Lela. Einfach alles.

       Bitte sage mir nicht, dass Du nicht auch des Öfteren von mir träumst. Dass Du Dich nicht auch nach mir und meinem Körper sehnst! Ich weiß, dass es so sein muss. Es kann nicht anders sein.

       Denke immer an das Schicksal, dass uns beieinander wissen will. Und denke immer an das, was ich gedenke zu tun, wenn wir uns endlich wieder nah sein können. Ich möchte Deinen nackten Körper in meinen Händen spüren, ich möchte sehen, wie die Fesseln in Dein zartes Fleisch einschneiden, ich möchte Deine Angst riechen, Deine Schreie hören und Dein Blut schmecken. Ich möchte mich an Dir laben und ergötzen und Dich heiliger behandeln als die alten Priester eine der Götter willen zu opfernde Jungfrau.

       Du sollst mein sein, nur mein.

       Und dann möchte ich an Dir, mit Dir, tun und lassen, was immer ich will, was immer mich überkommt, und dabei möchte ich in Deine wunderschönen braunen Augen blicken und die Hoffnungslosigkeit in ihnen lesen, die mir verrät, dass Du begreifst, nur mein zu sein und mir nie mehr entkommen zu können. Dein wunderschöner Körper soll unter meinen Händen zerbrechen, sich winden und langsam sterben, während ich Dein Innerstes töte und Dich langsam den Verstand verlieren lasse.

       Schmerz kann Dir so viel geben, meine Schöne, so viel und er kann Dir auch so viel nehmen. Und dann wird es nur in meinen Händen liegen, was Dir gegeben und was Dir genommen wird. Ich werde dann über Dich entscheiden, über Dich richten dürfen, ich werde Gott spielen und Dir zeigen, was Gotteslästerung bedeutet.

       Denn Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

       Und Du sollst nicht das Baby Deines Herren ermorden.

       Ups, siehst Du, da ist es raus. So einfach, so schnell geht es, meine strahlende Sonne, so leicht lässt der Mensch sich dazu verlocken, seine Trümpfe auszuspielen. Doch nun kann ich Dir nicht mehr verbergen, was ich weiß.

       Ja, ich habe von dem Kind erfahren, dass Du in Deinem Leib getragen und schändlich hast töten lassen. Hat Dich der Gedanke, ein Kind von mir zu empfangen, etwa so sehr angewidert? Wolltest Du dieses Kind der Liebe nicht als das Deine ansehen? Oder aus welchem Grund sonst hast Du es über Dich gebracht, sein kleines, schwaches Leben einfach auszulöschen?

       In diesem Punkt, meine Teuerste (und ich gebe es ganz offen zu) kann ich Dich nicht verstehen. Auch wenn sich Deine Gedanken und Emotionen mir sonst wie die aufgeschlagenen Seiten eines Buches darlegen, vermag ich diese eine Sache, die Abtreibung von unserem Kind, nicht zu verstehen.

       Doch ich hoffe, dass Du es mir bald selbst wirst erklären können.

       Und wenn dies der Fall ist, wenn Du mir endlich wieder so nah bist, dass wir miteinander sprechen, einander fühlen und spüren können, dann werde ich Dich solange nehmen, bis Du wieder ein Leben in Dir trägst und dann werde ich dafür sorgen, dass sich Dir keine Möglichkeit bietet dieses wieder einfach wegzuwerfen, wie den wertlosen Müll eines McDonalds-Besuches.

       Denn was, meine Geliebte, gibt es denn Schöneres als ein gemeinsames Kind zu erwarten, die Höhen und Tiefen der Schwangerschaft und die Schmerzen