Michael Hamberger

Das Teufelskraut


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„Du“ übersprang:

      „Du bist jetzt eine junge Maid wie ich und von anderen nicht zu unterscheiden“

      Layla lächelte und machte eine übertriebene Verbeugung, die Elisabeth wieder zum Lachen brachte. Layla fühlte sich wirklich wieder, wie ein junges Mädchen, was zum einen daran lag, dass sie barfuß lief, was sie als Kind sehr gerne getan hatte, aber auch an dem Kleid. Eine ihrer frühesten Erinnerungen, die sie hatte, war, dass sie als ganz junges Mädchen ein Kleid gehabt hatte, dass auf den ersten Blick relativ ähnlich aussah, obwohl dieses damals natürlich viel moderner gewesen war. Trotzdem rief das Kleid, das Layla jetzt trug genau diese Erinnerung in ihr hervor. Layla lächelte bei dem Gedanken, dann wurde sie aber wieder ernst und sagte:

      „Elisabeth, ich habe wirklich keine Ahnung, wie ich mich in der Stadt richtig verhalten soll. Kannst Du mich bitte anleiten?“

      „Natürlich werde ich Dir zur Seite stehen, meine Liebe. Da solltest nur im Moment von Deiner seltsamen Aussprache keinen Gebrauch machen. Ich empfehle dir, dass Du im Moment kein Ton sprichst, bis Du unsere Aussprache kennst!“

      Layla nickte mit dem Kopf. Elisabeth hatte natürlich Recht. Je weniger sie sprach, desto weniger fiel sie auf. Sie musste fast unsichtbar werden. Layla beschloss, dass sie ein schüchternes kleines Mädchen spielen würde. Da fiel es auch nicht weiter auf, wenn sie den Blick immer scharmvoll zu Boden gleiten ließ und ihr somit niemand in die Augen sehen konnte.

      Blieb nur die Frage, wie Layla in der Stadt ihren Lebensunterhalt verdienen konnte. Ihre Dinge, die sie tauschen konnte waren fast aufgebraucht. Sie hatte zwar noch eine goldene Arm Kette, aber die hatte ihr Iztel, ihre Adoptivtochter geschenkt. Die einzutauschen wäre für Layla wirklich die allerletzte Option. Aber an die Planung würde Layla erst später denken können. Zuerst musste sie einmal in die Stadt kommen.

      Elisabeth hackte sich bei ihr unter und die beiden gingen langsam in Richtung Stadt. Das Mädchen wandte sich nach Westen. Offenbar wollte sie nicht das südliche Tor nehmen, das von ihrer Position aus näher gelegen wäre. Als sie näher an die Stadt heran kamen, sah Layla auch den Grund dafür. Das südliche Tor schien das Haupttor zu sein, da die Straße, über die auch Layla gekommen war, direkt dort ankam. Am Tor waren deshalb eine Unmenge Soldaten. Layla konnte auf den ersten Blick sieben erkennen, aber in einem kleinen Wachhäuschen, das sich direkt an die Stadtmauer schmiedete waren mit Sicherheit weitere.

      Die beiden Mädchen liefen über eine große Wiese, die bis zu dem angesteuerten westlichen Tor führte. Elisabeth begann wieder am Boden nach Pflanzen zu suchen, wie sie es schon getan hatte, als Layla sie das erste Mal gesehen hatte. Layla imitierte ihre Bewegungen, fragte dann aber, nach welchen Pflanzen Elisabeth denn suchte. Die antwortete:

      „Das Johanniskraut. Es wurde bei der Wundheilung als Medizin eingesetzt. Meine Mutter, meine Schwester und ich sind Kräutersammlerinnen für den Apotheker. Kennst Du das Aussehen dieses Krauts?“

      „Ja, es ist dieses hier mit den gelben Blüten.“

      „Genau dieses. Es ist sehr wichtig für den Apotheker, da er daraus eine Tinktur zu brauen gedenkt!“

      Die beiden Mädchen suchten noch weitere zehn Minuten nach der Pflanze, wobei sich der Korb relativ schnell füllte. Elisabeth schien ein Gespür dafür zu haben, wo das Kraut zu finden war. Langsam arbeiteten sich die beiden Mädchen in Richtung des westlichen Tors vor. Als der Korb dann letztendlich voll war, waren sie nur noch circa 100 Meter davon entfernt. Layla war so in ihre Aufgabe des Kräutersammelns konzentriert gewesen, dass sie das Tor gar nicht beachtet hatte. Als sie dann den Blick hob und das Tor sah, konnte sie sich ein Lächeln nicht verkneifen. Es waren lediglich zwei Wächter dort. Die beobachteten sie zwar, sehen aber eher gelangweilt aus. Offenbar waren Elisabeth und Layla lediglich eine Abwechslung in der öden Wache.

      Elisabeth hackte sich wieder bei Layla unter und begann ihr eine nutzlose Geschichte über das Sammeln von Kräutern, den optimales Standorten und so weiter zu erzählen. Layla, die den Sinn dahinter natürlich verstand, nickte fleißig mit dem Kopf, sagte aber keinen Ton. Gemächlich gingen die beiden auf das Tor zu. Layla senkte wie aus Scharm den Blick. Erst schien auch alles gut zu gehen. Die Wächter sahen die Mädchen nur gelangweilt an, dann kam aber plötzlich ein Reiter, der genau auf die Wachen zuhielt. Wichtigtuerisch drängte er Layla und Elisabeth zur Seite und sagte mit viel zu lauter Stimme:

      „Anweisung vom Hauptmann: Jede Person hat körperlich gründlich überprüft zu werden. Es wurde eine verdächtige Person erkannt, die sich aber dem Zugriff entzogen hat. Jede verdächtige Person ist sofort zu melden.“

      Daraufhin zog der Soldat an den Zügeln des Pferdes und wendete es in einem engen Kreis. Dann gab er dem Pferd die Sporen und galoppierte davon. Die Soldaten sahen ihm mit wütendem Blick nach. Offenbar war ihnen die Anweisung gar nicht Recht. Bisher hatten sie ganz gemütlich im Schatten ihres Wachhäuschens stehen können, jetzt mussten sie aber direkt in die pralle Sonne gehen. Da sie ihre Wut aber nicht an dem Reiter, der offenbar ihr Vorgesetzter war, ablassen konnte, sahen sie jetzt mit diesem wütenden Blick Elisabeth und Layla an.

      Kapitel 6

      Die Überprüfung war dementsprechend unangenehm für Elisabeth und Layla ausgefallen. Die Männer hatten ihre Aufgabe wirklich ernst genommen und hatten ihre Hände dementsprechend nicht bei sich halten können. Zum Glück hatten Elisabeth und Layla in weißer Voraussicht alle verdächtigen Gegenstände in ihrer Unterwäsche versteckt. Dort getrauten sich nicht einmal die Wächter nachzusehen. Auch das Klebeband mit dem Amulett hatten sie nicht gefunden. Trotzdem hatte Layla das Gefühl, von den Männern beschmutzt worden zu sein. Es war einfach ekelhaft gewesen. Wenn sie jedes Mal, wenn sie die Stadt betreten würde, genauso gründlich untersucht würde, dann drehte Layla sicher einmal durch.

      Elisabeth war auf jeden Fall stolz auf sie. Kaum waren die beiden um die erste Kurve verschwunden, nahm sie Layla bei beiden Händen und tanzte fröhlich um sie herum, was Layla herzlich auflachen ließ. Dann gingen die beiden weiter. Die Stadt schien ein regelrechtes Labyrinth zu sein. Die Häuser standen ohne erkennbare Anordnung kreuz und quer durcheinander. Eine Stadtplanung gab es hier mit Sicherheit nicht. Layla sah sich die Häuser näher an. Sie vermutete, dass sie in einem ärmeren Viertel der Stadt gelandet sein musste, da die Häuser zum überwiegenden Teil aus Holz gebaut waren. Trotzdem waren fast alle Häuser zweistöckig. Layla hätte sich gerne die Häuser näher betrachtet, aber dazu fehlte einfach die Zeit. Deswegen liefen die beiden Mädchen wieder los. Trotz ihres durch ihre Werwolf Gene deutlich verbesserten Orientierungsvermögens wusste Layla schon nach kurzer Zeit nicht mehr, wo sie war. Da jedoch Elisabeth völlig entspannt war, glaubte sich Layla zuerst einmal in Sicherheit. Trotzdem wollte sie nicht in ihrer Wachsamkeit nachlassen. Layla hatte immer noch das Gefühl in warmer Erinnerung, als sie meinte, der schwarze Mann hätte sie entdeckt. Layla fiel ein, dass sie immer noch nicht wusste, wer dieser schwarze Mann denn war. Sie war sich sicher, dass er eine sehr wichtige Persönlichkeit war. Deshalb fragte sie Elisabeth nach ihm. Die machte ein erschrecktes Gesicht und sah sich mit furchterfülltem Blick um. Dann sagte sie:

      „Das ist der Obermagier, ein Zauberer. Er lebt in dem Kloster da oben über der Stadt. Du solltest vorsichtig sein. Er hat die Fähigkeit, alles zu hören und zu sehen, was in dem Dorf geschieht!“

      „Und wer sind diese riesige Bären?“

      „Das sind seine Diener. Es sind gleichfalls mächtige Zauberer und sie sind die besten Kämpfer, die es in der Geschichte jemals gab. Bitte vermeide die Konfrontation mit diesen äußerst gefährlichen Wesen.“

      „Warum haben sie rote Augen?“

      „Du hast ihre roten Augen gesehen? Das ist ein überaus schlechtes Zeichen. Die Überlieferungen berichten, dass nur die direkten Feinde dieser Wesen ihre roten Augen zu sehen bekommen. Für alle anderen Wesen sind ihre Augen schwarz. Ich ermahne Dich nochmals zu absoluter Vorsicht, meine Liebe. Diese Wesen pflegen nicht, Gnade walten zu lassen.“

      Layla sah Elisabeth tief in die Augen. Ihre Aussage hatte sie regelrecht geschockt. Wenn sie das Mädchen richtig verstanden hatte, dann konnten nur die direkten Feinde dieser Wesen die Augen rot