Michael Hamberger

Das Teufelskraut


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hatten nur darauf gewartet, dass Elisabeth das Geld in den Händen hatte.

      Layla übergab die Führung wieder an Elisabeth, die offenbar so schnell rannte, wie sie konnte. Trotzdem holten die Idioten schnell auf. In Layla stieg die Wut auf. Sie spürte, wie sehr Elisabeth unter den Arschlöchern leiten musste. Leider waren es sehr schnelle Arschlöcher, die sehr schnell näher kamen. Wenn sie Elisabeth und sie stellen würde, würde dies Layla in eine ganz schöne Zwickmühle bringen. Es war für sie absolut unmöglich, Elisabeth von ihnen ausrauben zu lassen. Aber wenn sie die Scheiße aus ihnen herausprügelte, dann würde der Obermagier nur Sekunden später wissen, wo sie zu finden war. Sie konnten also nur hoffen, die vier im Labyrinth der Straßen abzuhängen.

      Das war auch offensichtlich Elisabeths Ziel, die direkt eine kleine, fast nicht zu erkennende Gasse ansteuerte. Kurz später hatten sie diese erreicht. Layla ließ Elisabeth den Vortritt, als sie in die winzige Öffnung hineinstürmen. Die Gasse war gerade breit genug, dass Elisabeth und Layla darin rennen konnten. Die vier Aufseher hatten da mehr Probleme. Deshalb kamen sie auch nicht mehr so schnell voran. Trotzdem wollten sie noch nicht aufgeben und blieben den beiden Mädchen hartnäckig auf den Fersen.

      Immer tiefen drang Elisabeth, gefolgt von Layla in die Häuserschluchten hinein. Die Gassen waren dabei so eng, dass oft auch die beiden schmalen Mädchen Probleme hatten, schnell voranzukommen. Dementsprechend wurde es auch immer dunkler. Layla schätzte, dass mittlerweile später Nachmittag war und dass deshalb die Sonnenstrahlen nicht mehr ihren Weg in die Gassen fanden.

      Inzwischen war Elisabeth total außer Atem. Sie würde nicht mehr lange durchhalten können. Da sah Layla plötzlich eine winzige Öffnung in einem Steinhaus. Offensichtlich kamen sie in eine etwas bessere Gegend. Hier waren schon fast mehr Stein- als Holzhäuser zu sehen. Neben der Öffnung lagen einige Steine und tarnten sie fast perfekt.

      Sie machte Elisabeth ein Zeichen. Die nickte aufgeregt und begann sich in das winzige Loch zu zwängen. Zum Glück hatten sie in der Enge der Gassen etwas Vorsprung herauslaufen können, sodass auch Layla in der Öffnung verschwinden konnte, bevor sie die vier Verfolger erreichen konnten. Hinter der Mauer spürte sie keinen Boden. Offenbar waren sie in einem Keller gelandet.

      Layla glitt zu Boden, der nicht sehr tief war. Dann drehte sie sich schnell wieder um und ging zu dem Loch zurück, damit sie die vier Idioten beobachten konnte. Die waren ganz verwirrt, dass die beiden Mädchen so plötzlich verschwunden waren. Unschlüssig blieben sie stehen. Der Anführer der vier war stocksauer und schlug mit seinem langen Stock auf den Jungen ein, der die Führung bei der Verfolgung gehabt hatte. Wütend brüllte er ihn an, während jeder seiner Worte von einem brutalen Schlag begleitet wurde:

      „Du wirst mir das verlorene Geld ersetzten, Du Nichtsnutz!“

      Der geschlagene Junge versuchte noch seinen Kopf mit den Händen zu schützen, musste aber trotzdem die Mehrzahl der Schläge einstecken. Aus zahlreichen Wunden blutend sank er zu Boden. Layla konnte hören, wie er weinte. Der Schläger spuckte auf den Boden, drehte sich um und ging ungerührt von dannen. Ein zweiter Junge, wie Layla sich zu erinnern glaubte, genau der, der Elisabeths Korb untersucht hatte, spuckte auch auf den Boden und folgte dem Bandenchef. Der vierte blieb unschlüssig stehen. Offenbar wusste er nicht, ob er ebenfalls den beiden folgen, oder aber seinem Kameraden helfen sollte. Dann drehte aber auch er sich um und ging den beiden hinterher. Er spukte jedoch nicht auf den Boden. Der geschlagene Junge blieb weinend zurück. Er tat Layla leid. Offensichtlich wurde diese Bande von Aufsehern von ihrem Chef und seinem Speichellecker auf brutale Art geführt. Wer nicht spurte, oder in Augen des Chefs versagte, der wurde brutal abgestraft. Konnte dies vielleicht sogar eine Gelegenheit für sie sein? Layla konnte es sich schon vorstellen. Die Wahrscheinlichkeit war sehr hoch, dass der Geprügelte nicht gerade mit vollen Herzen dabei war und dass er vielleicht sogar auf Rache hoffte. Layla beschloss, dies mit Elisabeth zu besprechen.

      Layla drehte sich zu Elisabeth zurück, die mit großen Augen mitten im Raum stand. Sie hatte die Hand wieder vor den Mund gepresst. Da sah auch Layla, wo sie gelandet waren. Sie stehen in einem circa 8 x 8 Meter großen Raum. In einem Ofen brannte ein Feuer, was bei den heißen Temperaturen, die bei dem Sommertag draußen herrschten, schon sehr seltsam war. Im Raum war es deshalb auch fast unerträglich heiß und stickig. In der Mitte des Raums war ein großer Steintisch. Und auf diesen Steintisch standen verschiedene Glasflaschen in unterschiedlicher Größe in einem verwirrenden Durcheinander. Auch auf dem Boden, der ebenfalls aus Stein zu bestehen schien, lag eine Vielzahl von Flaschen. Einige waren zerbrochen und die Flüssigkeit war ausgelaufen. Ein beißender Geruch nach Chemikalien raubte Layla fast den Atem. Sie waren in einem Labor gelandet!

      Neugierig sah sich Layla um. Es sah wirklich aus, wie in einer mittelalterlichen Hexenküche. An einer Wand war ein großes Regal aus groben Holzbrettern. Auch dort war alles voll gestopft mit Flaschen und Büchsen. An der Nebenwand war ein weiteres Regal mit einer Unzahl von Büchern. Beide Regale waren genau, wie der Steintisch in einem totalen Chaos. Einige Bücher lagen sogar auf dem Boden herum. Es sah aus, als hätte eine Bombe in dem Labor eingeschlagen. Layla fand auch ein dickes Buch, das in Leder eingebunden war, und in dem offensichtlich handschriftlich irgendwelche Ergebnisse zusammengefasst waren. Leider konnte Layla die Schrift nicht lesen.

      Da fiel Laylas Blick auf die Wand, an der sie durch das Loch eingestiegen waren und ihre Augen weiteten sich. Fast die ganze Wand war schwarz, als hätte jemand versucht den Stein zu verbrennen. Sie konnte auch neben dem Loch, noch andere kleiner Lücken in der Wand erkennen. Einige Steine waren locker, andere sogar richtiggehend verschoben. Layla erinnerte sich, dass sie einmal eine Reportage gemacht hatte, wo es um eine Explosion in einem Labor der Basler Chemie gegangen war. In diesem Labor hatten die Spuren recht ähnlich ausgesehen. Es hatte hier also höchst wahrscheinlich eine Explosion gegeben.

      Layla wollte gerade Elisabeth ein Zeichen machen, dass es wohl besser wäre, wenn sie wieder gingen, da sah sie unter einem umgefallenen Buchstapel eine Hand hervorgucken. Mit zwei großen Sprüngen, die Elisabeth erschreckt aufschreien ließen, war Layla bei dem Stapel und begann die Bücher auf die Seite zu räumen. Nach der offensichtlichen Wucht der Explosion zu schließen, war sie auf das Schlimmste gefasst. Kurz später hatte sie die Person von den Büchern befreit. Es war ein älterer Mann mit Glatze aber dafür einem fast brustlangen, schneeweißen Vollbart. Er war sehr groß, bestimmt über zwei Meter, dafür aber spindeldürr. Er trug eine braune Kutte aus einem recht fein gewebten Leinen, das wohl sehr teuer gewesen sein musste.

      In diesem Moment öffnete der Mann die Augen und sah Layla an. Dann begann er zu lächeln und fragte:

      „Bin ich gestorben? Seid ihr ein Engel?“

      Layla musste herzhaft lachen. Da sah der Mann Elisabeth, die neugierig neben Layla getreten war. Er erkannte sie offenbar, denn sein Blick nahm einen strengen Blick an.

      „Maid Elisabeth, was habt Ihr in meinem Labor zu suchen? Wie seid ihr überhaupt hier hinein gekommen?“

      Ohne Worte zeigte Layla auf das Loch in der Wand. Als der Mann dieses sah, wurden seine Augen groß. Dann schien er sich zu erinnern. Er versuchte sich aufzurichten, aber Layla hielt ihn sanft davon ab:

      „Langsam, guter Mann, Sie haben nach der Beule zu schließen, die auf ihrer Stirn wächst, einen ganz schönen Bums abbekommen. Wo haben Sie denn Wasser, dass wir die Wunde erst einmal waschen können?“

      „Im angrenzenden Nebenraum, hinter dieser Türe, die Ihr dort seht. Aber was habt Ihr für eine seltsame Aussprache junge Maid?“

      „Ich komme von weit her. Elisabeth, kannst Du bitte das Wasser, und wenn möglich ein sauberes Tuch, holen.“

      Das Mädchen folgte augenblicklich, während Layla, die bei der Ausbildung des Convento auch eine gründliche Erste Hilfe Ausbildung genossen hatte, den Mann zu untersuchen begann. Außer der Beule und einer schmerzhaften Prellung an der linken Schulter konnte sie nichts finden. Der Mann sah sie die ganze Zeit dabei seltsam an. Als Elisabeth mit dem Wasser zurückkam, begann Layla, die Wunde zu waschen. Dann half sie dem Mann sich aufzurichten. Der sah sie immer noch auf diese seltsame Art an und fragte dann:

      „Junge Maid, wo habt ihr dies gelernt? Es schien fast so, als seid Ihr ein Medikus.“

      Layla