Nadja Christin

Natascha


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es flackerte kurz. Die Farbe war dieselbe geblieben, nur dass sie sich jetzt bewegte, zähfließend im Kreis drehte, wie Lava, die träge dahin floss. Das Braun wurde begrenzt von einem schmalen, glutroten Ring, der leicht pulsierte.

      Es war, als starrten mich Ansgars Augen aus dem Spiegel an. Aber sie sahen nicht genauso aus, irgendetwas war anders an meinen Augen. Ich überlegte, ich grübelte, aber ich kam nicht dahinter, während ich weiterhin in mein Spiegelbild starrte.

      Deine Augen sind weicher, hörte ich Ansgars Stimme in meinem Kopf. Sie haben noch nicht so viel Leid gesehen, jede Menge Unschuldige getötet und noch nicht so viele Kriege angeführt.

      Plötzlich stand er hinter mir, umarmte mich und legte sein Kinn auf meine Schulter. Und das ist auch gut so. Er blickte mich im Spiegel an und lächelte.

      Das sind die Augen der necessitudo, er küsste mich auf den Hals. Der engen Verbundenheit.

      Ich drehte mich um und schlang meine Arme um ihn.

      »Sie gefallen mir, ich möchte gerne, dass es so bleibt«, flüsterte ich an seine Brust gelehnt.

      »In perpetuum«, er nahm mein Gesicht in beide Hände und sah mich an. Der begrenzende Ring pulsierte ein paar Mal.

      »Auf immer, auf ewig«, sagte er leise, dann umarmte er mich heftig, in meinem Kopf hörte ich ihn seufzen.

      Wir saßen alle drei in Joshs Hinterhof und unterhielten uns über die bevorstehende Jagd auf Justin und Dennis.

      Meine veränderten Augen hatte Josh mit einem Stirnrunzeln und einem grimmigen Blick auf Ansgar quittiert. Dann war das Thema vom Tisch.

      »Wir müssen auf jeden Fall zusehen, dass sie dich nicht so weit von uns weg locken können.« Sagte Josh gerade, ich hörte kaum zu, konnte mich nicht richtig konzentrieren, ich hatte irrsinnigen Durst. Wollte aber keine Konserve, da ich befürchtete, sonst nicht hungrig genug auf meine Beute zu sein.

      Erstmals, seit langem, meldete sich mein inneres Monster wieder, es kreischte und jaulte.

      Bis hierhin hatte ich es gut in Schach gehalten, da ich es immer schneller mit Blut ruhig stellte, bevor es überhaupt schreien konnte.

      »Zu nah darf es aber auch nicht sein, sonst haben sie euch entdeckt. Vergiss nicht, sie sind nicht dumm.« Ansgars Stimme drang kaum zu mir durch. Ich starrte vor mich auf den Tisch und lauschte dem Monster, wie es brüllte, schrie und nach Blut verlangte.

      Josh stand auf und hob Ansgars leeres Glas an.

      »Auch noch was?«, ich hörte keine Antwort, achtete aber auch kaum auf die Beiden.

      Plötzlich war Ansgars Stimme wieder in meinem Kopf, er übertönte das Monster, das Knurren und Kreischen wurde schlagartig leiser.

       Du bist, wer du bist, Ich werde immer bei dir sein, egal was geschieht, vergiss das niemals!

      Sofort wurde das Monster wieder laut und erfüllte meinen ganzen Körper mit seinem Geschrei. Ich starre weiter vor mich hin, unfähig eine Antwort zu geben.

      »Es ist bald soweit«, Josh kam mit neuen Gläsern wieder und setzte sich hin.

      »Alles in Ordnung?« Die Frage war an mich gerichtet. Ich sah ihn flüchtig an. »Ja, ja alles klar.« Dann starrte ich weiter vor mich hin.

      Plötzlich war er da, wie aus dem Nichts war er aufgetaucht, dieser Geruch, dieser herrliche Duft, der nur darauf wartete, sich mit mir zu vereinigen. Josh hatte Recht, diese Beute konnte ich einfach nicht ziehen lassen. Es würde mich innerlich zerreißen. Mein Monster würde mich auffressen, wenn ich darauf verzichten würde.

      Mein Mund zog sich schmerzhaft zusammen, ich blickte auf und spürte, wie meine Zähne wuchsen

      Wie mochten jetzt meine Augen aussehen?

      Ansgar sah mich an, lächelte, für eine Sekunde wurden seine Augen zu roter Lava, der begrenzende Ring wuchs an, verdrängte das Feuer und drehte sich im Kreis, dann waren seine Augen wieder wie vorher.

      Ich lächelte zurück, meine Frage war beantwortet.

      Langsam stand ich auf und ging über die angrenzenden Hinterhöfe der Nachbarn in Richtung Straße.

      Dem Duft hinterher.

      Ich wurde wieder zu einem Raubtier, wenn auch meine Augen verändert waren, meine Instinkte waren nach wie vor die Gleichen. Ich wollte nur noch ihr Blut, mich mit dem Duft vereinen, ihn aufsaugen, mein Monster in mir ruhig stellen.

      Langsam ging ich durch die dunklen, menschenleeren Straßen. Immer wieder hielt ich meine Nase kurz in den Wind, ich war noch auf der richtigen Spur. Weit konnte es nicht mehr sein.

       Du bist, wer du bist, Ich werde immer bei dir sein, egal was geschieht, vergiss das niemals!

      War das wirklich Ansgars Stimme in meinem Kopf, oder erinnerte ich mich nur daran, was er zu mir sagte?

      Noch nicht mal mein Raubtierinstinkt war stärker als seine Stimme. Selbst wenn ich an nichts anderes mehr denken konnte, als an den Duft vor mir, hörte ich ihn immer noch in mir.

      Wie war das noch? Die Augen der engen Verbundenheit?

      Ja, das traf es. Ich werde immer bei dir sein, hatte er gesagt, egal, was geschieht. Egal, was geschieht, die Worte verdoppelten sich in meinem Kopf, wie ein Echo hörte ich sie immer wieder. Egal, was geschieht? Was soll denn schon geschehen…

      Mittlerweile blieb ich stehen, damit ich besser nachdenken konnte. Dann ruckte mein Kopf hoch, was machte ich hier? Ich hatte eine Aufgabe, ich musste diesem verdammten Geruch hinterher, ich musste den Köder spielen, damit zwei Monstern Gerechtigkeit wiederfuhr.

      Du bist, wer du bist, hatte er auch noch gesagt, und er hatte völlig recht damit, ich bin wer ich bin und ich bin ein Raubtier.

      Ich zog die Nachtluft in meine Nase und ging weiter, ihrem Geruch hinterher.

      Plötzlich war ich so dicht an ihr dran, dass ich sie auch sehen konnte. Sie war genau vor mir, was sollte das nur? Warum ging meine Beute nicht weiter, wollten sie mich hier überraschen? Ich sah mich um, ich war beinahe am Fluss angekommen. Nur noch durch eine schmale Gasse, dann konnte ich den Fluss sehen, wie er träge in der Dunkelheit dahin floss. Hier war nichts, was sich für einen Überraschungsangriff lohnte.

      Die Kleine ging in die schmale Gasse hinein. Nochmals zog ich die Luft in meine Nase und suchte diesmal auch nach Vampirgeruch.

      Ich bemerkte keinen, auch nicht den feinen Geruch von Justin, der noch in meiner Erinnerung haften geblieben war. Vielleicht roch er aber jetzt auch anders, die Zeit veränderte einen, wer wusste das besser als ich.

      Ich folgte dem Mädchen in die Gasse, sie war am Ende angekommen und bog gerade nach links ab. Langsam und vorsichtig schlich ich hinterher.

      Plötzlich schienen die Häuser, rechts und links neben mir, zu brennen, ich hörte ein Geräusch, ein Fauchen, ein Zischen, dann kamen die Flammen. Nur ein paar Meter vor mir prallte ein Strahl aus, wie mir schien, flüssigem Feuer auf dem Boden auf. Ich starrte in die Flammen. Dann kam der Geruch, ein Gemisch aus Diesel, Kerosin und Propan Gas Das ist ein Flammenwerfer, schoss es mir durch den Kopf. Dann sprang ich hoch, stützte mich mit den Füßen an der Hauswand ab und entging dem sich bewegenden Flammenstrahl nur um Haaresbreite. Ich wollte raus aus dieser engen Gasse, das war ein Hinterhalt, ich saß in der Falle, wie eine Maus.

      Ich lief in die entgegengesetzte Richtung, aber schon zischte ein weiterer Feuerstrahl knapp vor mir auf den Boden, sie hatten mich in die Zange genommen. Der Strahl bewegte sich auf mich zu, abermals drehte ich mich um und sah den nächsten Feuerstoß. Das gibt es doch nicht, dachte ich, sie haben mich erwischt, sie wollen mich brennen sehen. Wie kam ich hier nur wieder raus? Ich spürte eine leichte Panik in mir hoch steigen, jetzt nur ganz ruhig bleiben, dachte ich. Ich machte die Augen zu und zog in meine Lungen die verbrannte Luft ein. Dann ducke ich mich schnell, nur knapp über mir schoss ein Feuerstrahl vorbei, der hätte mich erwischt.

      Durch