Wilma Burk

Du hast es mir versprochen!


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daran musst du dich gewöhnen.“

      Doch Vera gewöhnte sich nicht daran. Die Freunde waren eben alle schon älter als sie, erfahrener, freizügiger, auch die jungen Frauen, die keine Mädchen mehr waren wie Vera. Auch sie flüsterten manchmal miteinander und lachten so verhalten. Vera spürte, dass sie über etwas sprachen, was sie nicht hören sollte. Es beunruhigte sie. Doch Bernd fühlte sich sichtlich wohl unter ihnen und lachte manchmal selbst über das, was man ihm zuflüsterte. Dann traf sie so ein eigenartiger Blick von ihm. War es Besitzerstolz oder war es Unsicherheit, Angst, sie könnte etwas erfahren, was nicht gut wäre?

      Bald hatte Vera den Eindruck, die andern wussten mehr von ihm als sie. Irgendetwas verschwieg er ihr. Eifersucht kam in ihr auf, Eifersucht auf Menschen, die mit ihm vertrauter zu sein schienen, als er es bei ihr zuließ.

      „Gibt es etwas, das ich wissen sollte, was du mir verschweigst?“, drängte sie ihn, als sie allein waren.

      „Kleines, wie kommst du darauf? Aber nein!“ Er lachte und nahm sie in die Arme.

      „Versprich mir, dass du mich nie belügen wirst“, forderte sie.

      Er zuckte zurück. „So etwas muss man nicht erst versprechen.“

      „Du willst es mir nicht versprechen?“

      „Nun hör aber auf! Ich mag solche Szenen nicht! Entweder du vertraust mir, oder du kannst gehen.“ Eiskalt sagte er das.

      Sofort ergriff Vera Panik, Angst ihn zu verlieren. Das wollte sie nicht. „Nein, nein, ist gut! Aber du musst verstehen ...“

      „Komm her, Kleines! Lass dich von den andern nicht verwirren. Die reden manchmal dummes Zeug. Du musst nicht alles glauben.“ Da war er wieder ganz der väterliche Liebhaber. Er verstand es, sie, die er eben in Panik versetzt hatte, in den Arm zu nehmen und zu trösten.

      „Ich will dir ja auch glauben“, stammelte sie.

      „Da tust du recht dran“, murmelte er, zog sie zu sich aufs Bett und ließ sie alle Zweifel vergessen.

      *

      Aber die Zweifel brachen doch wieder auf. Eines Tages, als sie in einem Lokal in fröhlicher Runde mit den andern zusammensaßen, kam die Schwester Alice von Bernd dazu. Ihm war das sichtlich unangenehm. „Aha, das ist also deine kleine Freundin, von der ich gehört habe“, sagte sie, gab Vera die Hand, hielt sie einen Moment fest und musterte sie abschätzend.

      Vera wollte sagen, sie freue sich, Bernds Schwester kennen zu lernen, doch dieser seltsam prüfende Blick von ihr ließ sie verstummen.

      Die Schwester wandte sich auch gleich den andern zu. „Wisst ihr schon, Daniela kommt aus Amerika zurück“, rief sie in die Runde.

      Alle Augen richteten sich auf Bernd. Verblüfftes Schweigen für einen Augenblick, bis sich einer räusperte und fragte: „Ist die Zeit bereits um?“ Dabei warf er kurz einen Seitenblick auf Vera.

      „Bin gespannt, was sie erzählt“, überlegte eine junge Frau.

      Nun redeten alle durcheinander: – „Amerikanisch kann sie jetzt bestimmt perfekt sprechen“, vermutete jemand und „War bestimmt eine interessante Studienzeit für sie“ eine andere. Bis sich einer vorlehnte, Bernd herausfordernd ansah und rief: „Pass nur auf, vielleicht hat sie sich einen Ami mitgebracht, hahaha!“

      Abrupte Stille danach.

      „Na und?“ Bernd tat betont gleichgültig.

      Eine Frau kicherte, die Männer grinsten vor sich hin.

      Vera saß wie versteinert. Sie verstand nicht, was hier vorging. Wer war diese Daniela? Das wollte sie wissen.

      Und sie fragte Bernd auf dem Nachhauseweg darum. Er reagierte sofort verärgert. „Jetzt fang nur an, bei jeder Gelegenheit eifersüchtig zu werden. Das kann ich überhaupt nicht haben. Merke dir das! Du kannst nicht auf jede Bemerkung von den andern etwas geben!“

      Diesmal nahm er sie nicht tröstend in den Arm, ließ sie einfach vor ihrer Tür stehen und ging allein nach oben.

      Vera schlich in ihr Zimmer, fiel auf ihr Bett und weinte, weinte vor Angst, weil sie spürte, ihre wundervolle Beziehung zu Bernd war in Gefahr. Nein, sie wollte nie mehr Fragen stellen, die ihn ärgerten; sie wollte die andern reden lassen, gar nicht mehr hinhören, wenn sie damit nur Bernd halten könnte. Wie sollte es ohne ihn weitergehen? Sie konnte es sich nicht vorstellen. Sie zitterte bei dem Gedanken, noch einmal verlassen zu werden, so, wie ihr Vater sie damals verlassen hatte.

      *

      In der nächsten Zeit nahm Bernd sie nicht zu den Treffen der Freunde mit. „Du hast nichts davon. Wir stehen vor einer wichtigen Klausur und besprechen nur alles, was dazu nötig ist. Das ist für dich langweilig“, behauptete er.

      Vera war ratlos. Er holte sie auch nicht mehr von ihrer Arbeitsstelle ab. Gelangweilt verbrachte sie die Abende zu Hause. Wenn er nicht da war, wusste sie nichts mehr mit sich anzufangen, lauschte nur zur Treppe hin. Sobald sie dann meinte, seine Schritte zu hören, rannte sie zur Tür.

      „Du machst dich lächerlich! Lass ihn gehen, wenn er gehen will.“ Die Mutter beobachtete sie mit Sorge.

      „Wer redet denn davon, dass er gehen will!“ Vera wies das entrüstet von sich. Irgendwann holte er sie doch wieder nach oben und ließ sie all ihre Zweifel vergessen. Nein, das wollte sie der Mutter nicht eingestehen, wie sehr sie sich um ihre Liebe sorgte. Und sie gab sich Mühe, alles für ihn zu tun. Was er von ihr auch verlangte, ob er sie in seiner Wohnung putzen ließ, ob sie ihm etwas besorgen sollte oder wann er Lust auf Liebe mit ihr zeigte, nichts schlug sie ihm ab. Wenn sie sich unentbehrlich machte, würde er sicher merken, was er an ihr hatte, und sie nie verlassen, davon war sie überzeugt.

      „Was bist du, seine Putzfrau?“, fragte die Mutter, als sie es mitbekam.

      Doch Vera ließ sich nicht beirren. Sie begann für jedes gute Wort von ihm, für jede liebevolle Geste, dankbar zu sein. Nur zu Marita sprach sie von ihrer Sorge darüber, dass er sich in seinem Verhalten verändert hatte.

      Daraufhin begann Marita auf sie einzureden: „Vera, komm mit zu dem Kreis meines Freundes, wenn Bernd dich allein lässt. Du musst auf andere Gedanken kommen, kannst dich nicht so abhängig von ihm machen.“

      Doch Vera schüttelte den Kopf und lehnte ab. „Das wäre, als würde ich ihn hintergehen.“

      „Auch wenn er inzwischen eine andere hat?“

      „Das glaube ich nicht!“ Vera war entsetzt, wie Marita das denken konnte. Sie gab nicht zu, dass ihr diese Daniela nicht aus dem Kopf ging.

      Bis - ja, bis eines Tages ein flotter Schritt von Stöckelschuhen zu hören war, der die Treppe hochkam. Da ging jemand hinauf bis unter das Dach zu Bernd.

      Vera stand hinter der Tür und lauschte ins Treppenhaus. Oben wurde die Tür geöffnet. Sie hörte Bernds Stimme, hastige Worte, gleich fiel die Tür wieder ins Schloss. Vera kämpfte mit sich, sollte sie nach oben gehen und ihn überraschen? Was würde sie vorfinden? War es Ahnung, war es Eifersucht? War es Angst, ihn zu verlieren? Schon wollte sie nach der Türklinke greifen, da stand die Mutter hinter ihr.

      „Ist es so weit? Spionierst du ihm nach?“

      „Blödsinn! Wer wird schon gekommen sein?“

      „Ja, wer weiß?“

      Vera antwortete nicht, drehte sich um und ging in ihr Zimmer. Aber sie lauschte nur nach oben. Es dauerte lange, bis bei Bernd die Tür wieder zugeschlagen wurde und stöckelnde Schritte die Treppe herunterkamen. Sie hastete ins Wohnzimmer zum Fenster zur Straße hin. Sie wollte sehen, wer das Haus verließ, wer das war, der da von Bernd kam. Es kroch ihr eiskalt über den Rücken, als eine junge Frau heraustrat, vielleicht so alt wie Bernd. Jeder ihrer Schritte zeugte von Selbstbewusstsein. Die wusste, was sie wollte. Weshalb war sie so lange bei ihm gewesen? Die Fremde drehte sich um, blickte suchend zu den Fenstern hoch. Bemerkte sie Vera dahinter? Wie gut sie aussah! Ein Lächeln zog über ihr Gesicht. Erschrocken trat Vera einen Schritt zurück. Wie selbstsicher