Wilma Burk

Du hast es mir versprochen!


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Fenster und sah dieser jungen Frau nach. „Eine bemerkenswerte Erscheinung“, sagte sie knapp. Das traf Vera mehr, als die Mutter mit vielen Worten hätte erreichen können.

      Vera zögerte nicht mehr. Sie lief an der Mutter vorbei, hoch zu Bernd.

      Er öffnete ihr zögernd die Tür. Fast sah es so aus, als wollte er sie nicht hereinlassen. Vera schob ihn zur Seite. Sie konnte ihre Aufregung kaum beherrschen. Er reagierte darauf mit ablehnender Haltung.

      „Nanu, mit dir habe ich heute nicht mehr gerechnet“, sagte er kühl.

      Vera sah alles, Weingläser standen auf dem Tisch, das Bett war offensichtlich hastig wieder glatt gezogen worden und der Aschenbecher lief über von Zigarettenkippen. Die Rauchschwaden hingen noch in der Luft, obgleich Bernd das Fenster geöffnet hatte.

      „Wer war das?“, fragte Vera heftig. In ihr zog sich alles zusammen. Angst, ihr Verdacht könnte stimmen, trieb ihr das Blut durch die Adern, dass es in ihren Ohren rauschte.

      „Wie klingt diese Frage? Darf ich keinen Besuch haben?“

      „Ich darf wohl fragen, wer das war?“

      „In anderem Ton, bitte!“ Ärgerlich ging er zum Fenster und schloss es wieder.

      Vera nahm sich zusammen. „Willst du es mir nicht sagen?“

      „Wie kommst du darauf? Das war Daniela ...“

      „Die Daniela?“

      „Ja, die Daniela aus Amerika! Sie gehört zu unserm Studien- und Freundeskreis.“

      „Und was wollte sie von dir?“ Veras Blick und Stimme bekam etwas Lauerndes, und noch immer stand sie hilflos herum und zupfte an ihren Ärmeln.

      „Nun ist es aber genug! Wird das ein Verhör?“ Er wandte sich von ihr ab und wischte zornig mit der Hand ein paar Krümel vom Tisch.

      „Nein, natürlich nicht“, stammelte sie. Sofort, von einem Moment zum andern, schlug ihre Erregung in Furcht um, er könnte sich von ihr abwenden, wenn sie ihn so erzürnte. Tränen würgten in ihrer Kehle. Sie wollte ihn nicht wütend machen. Sie wollte alles tun, damit er sie lieb hatte. Sie bereute, überhaupt gefragt zu haben.

      Als sie schwieg, drehte er sich um, sah ihr in die tränennassen Augen, erkannte wohl ihre Hilflosigkeit, nahm sie in die Arme und redete auf sie ein. „Du bist ein Dummchen. Sie hatte nur ein paar Fragen wegen einer Klausur. Daran musst du dich gewöhnen, das wird jetzt öfter vorkommen.“

      „Ach so!“ Nur zu leicht ließ sie sich beruhigen, ließ sich tröstend umfangen. Jede Geste schien ihr wieder ein Beweis seiner Liebe zu sein. Wie konnte sie zweifeln.

      Gelöst ging sie hinunter und ertrug den misstrauisch fragenden Blick ihrer Mutter. Nein, sie wollte an Bernd glauben. Versprach er ihr nicht seine Liebe, wenn er in liebevoller Stunde zu ihr sagte: „Du bist mir wichtig, Kleines. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, ohne dich zu sein. Ich brauche dich, nicht nur heute und morgen“? Meinte er damit nicht: „… für alle Zeit“, also fürs ganze Leben?

      Danach bemühte sie sich noch mehr, alles zu tun, was er von ihr erwartete. Aber es half nichts, als Daniela wieder bei ihm war, er darum keine Zeit für sie hatte, beschlich sie erneut das Gefühl, beiseite geschoben zu werden um einer anderen willen.

      *

      Bald geschah es häufiger, dass Bernd allein abends wegging und sie nicht mitnahm. Ging er dann zu Daniela? War Vera bei ihm, so fiel es ihr leicht, all ihre Zweifel zu verdrängen; doch sobald sie allein war, kehrten ihre misstrauischen Gedanken quälend zurück.

      Und dann begann er von einer Wohngemeinschaft, einer WG, zu schwärmen. Immer mehr Studenten schlossen sich ja in dieser Zeit zusammen, um sich eine Wohnung und die daraus entstehenden Kosten zu teilen. Bald bekam sie mit, dass er oft zu einer bestimmte WG ging. Ob Daniela dort wohnte?

      Da sie nun häufig abends allein war, suchte sie wieder die Nähe von Marita. Staunend erkannte sie, wie die sich so leicht und locker in der Beachtung junger Männer sonnte.

      „Wie kannst du dich nur so sehr an einen hängen?“, fragte Marita verständnislos. Der Reiz des Neuen bei diesem oder jenem faszinierte sie. Manchmal war sie bis über beide Ohren verliebt; manchmal ließ sie auch eine flüchtige Beziehung bereits sehr intim an sich heran. Das verstand Vera nicht. Wie konnte sie, wenn sie es nicht ernst meinte.

      Marita lachte darüber. „Komm mit in meinen Kreis! Du musst auf andere Gedanken kommen, wenn dein Bernd keine Zeit für dich hat“, forderte sie Vera erneut auf.

      Doch auch diesmal lehnte Vera es ab. Sie liebte Bernd und hatte ihm gesagt, dass sie ihn immer lieben werde. Dazu musste sie stehen. Aus ihrem Verständnis heraus war sie ihm das schuldig. Selbst wenn sie es gewollt hätte, sie konnte nicht einfach mitgehen, um ein anderes Vergnügen zu finden. Das wäre für sie Verrat gewesen.

      „Du bist doch noch nicht an ihn gebunden“, versuchte Marita sie umzustimmen. „Wer weiß, vielleicht macht er sich gerade schöne Stunden und du hängst hier sauertöpfisch herum.“

      „Ach, was!“ Vera wehrte es ab. Aber wusste sie wirklich, wo er war und was er gerade tat? Er erzählte ihr nichts davon, redete immer drum herum, gab nie genaue Auskunft, wurde sogar böse, wenn sie zu hartnäckig fragte. Das machte sie Marita gegenüber unsicher.

      „Glücklich siehst du nicht aus. Was ist los?“, drängte Marita.

      Da erzählte sie ihr von Daniela, und wie sehr sich Bernd verändert hatte, seit diese junge Frau aufgetaucht war. Am Ende versuchte sie es aber gleich zu entschuldigen. „Es ist sicher dumm, mir darüber Gedanken zu machen, schließlich studieren sie zusammen“, sagte sie und zupfte dabei nervös an ihren Händen.

      Schweigend hatte Marita zugehört. Doch nun hielt sie ihr die Hände fest und beschwor sie: „Vera, wach auf! Bernd hat niemals ernste Absichten mit dir.“

      „Wie kannst du das sagen?“, erregte sich Vera und zog ihre Hände zurück. „Wenn diese Daniela nicht wäre, dann ...“

      „...wäre es eine andere!“, vollendete Marita den Satz.

      Sprachlos sah Vera sie an. Ärgerlich, abwehrend und ihren eigenen Verdacht wegwischend, schlug sie mit der Hand durch die Luft. „Hätte ich dir nur nichts erzählt! Du verstehst ja gar nichts! Er hat eben weniger Zeit. Das ist sicher alles!“ Nein, sie wollte es nicht wahrhaben, was Marita eben angedeutet hatte. Noch kämpfte sie darum, jedes aufkommende Misstrauen zu verdrängen, wollte jede eigene warnende Stimme des Zweifels nicht hören.

      *

      Und dann kam ein Tag, der sie ratlos machte. Bernd brachte Umzugskartons mit nach Hause und begann zu packen. Sprachlos stand sie bei ihm in der Tür. „Was machst du ... wohin willst du ... du hast nichts gesagt.“

      „Aber doch! Oder hast du es nicht richtig verstanden. Ich ziehe in eine Wohngemeinschaft. Dort zu wohnen, ist viel billiger für mich. Da ist eine tolle Truppe zusammen.“ Er erklärte es ihr, als würde er nur für ein paar Tage verreisen.

      „Und ich?“ Den Tränen nah, stand Vera hilflos vor ihm.

      „Was, und du?“

      „Was wird aus mir? Soll ich nicht mitkommen?“

      Bernd lachte.

      Das tat Vera weh.

      Die Frage war ihm sichtlich unangenehm. „Wie stellst du dir das vor?“, fragte er leicht gereizt.

      „Ich dachte ... du sagtest doch ...“

      „Was dachtest du? Was soll ich gesagt haben?“

      „Du sagtest: Ich sei dir wichtig und du brauchst mich …“

      „Ja, und? Ich bin nicht aus der Welt.“

      „Aber hier sind wir uns nah, und dort …? Ich dachte, von hier würden wir nur gemeinsam wegziehen“, antwortete Vera leiser und zaghafter werdend.

      „Wie kommst du darauf? Ich habe