Wilma Burk

Rätsel um Malipu


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reichte auch nie für alle, weil sich viel zu schnell der Gipfel wieder gelb färbte, der süße Trank versiegte und nur noch der übliche Quellsaft floss.

      So gab es auch diesmal einige, die nichts abbekamen und enttäuscht zu ihren Höhlen zurückkehrten. Sogar Babahu gehörte dazu. Er, der sonst nur allzu gewitzt war und mit seinen Streichen den andern auf die Nerven ging, war diesmal nicht schnell genug gewesen, Das sollte ihm nicht noch einmal passieren! Besonders Pontulux hatte sich vor ihm an der Quelle breitgemacht. Wie Babahu es auch versuchte, er war an ihm nicht vorbeigekommen. Sogar weggezwickt hatte er ihn. So konnte er den köstlichen Trank zwar riechen, doch nur zusehen, wie er in die Kehlen der anderen floss. Das ärgerte ihn. Pontulux würde sich noch wundern, dem wollte er es bald mit einem Streich heimzahlen. Enttäuscht steckte er seinen Becher in seinen Wolkenkörper zurück – in dem sie alles hineinstecken können, was sie mit sich tragen wollen - und schwebte zu seiner Höhle.

      Gelangweilt saß er davor und schaute, was die andern machten. Einige unterhielten sich, einige schwebten in den Bergen umher. Andere wiederum holten ihre bunten, funkelnden Steine, mit denen sie ihre Höhlen ausschmückten, heraus und putzen sie. Das waren für sie Schätze, die sie eifersüchtig hüteten. Jeder hoffte darauf, einmal einen so großen, funkelnden Stein bei den bunten Gipfeln zu finden, dass ihn alle anderen darum beneideten. Deshalb war es auch eine ihrer liebsten Beschäftigungen, durch die Berge zu ziehen und nach bunten Steinen zu suchen.

      ‚Als Rache müsste ich mal einen von Pontulux Steinen verstecken, wenn er sie putzt’, überlegte Babahu. Wie verzweifelt er dann danach suchen würde, das wäre ein Spaß. Doch noch hatte er dazu keine Gelegenheit.

      Unten am Lebensfluss sah er Magifa sitzen. Was machte er da? Warum schaute er so angestrengt in das goldfarbene Wasser? Schon wollte er sich strecken um zu ihm zu schweben, da sah er, wie sich gerade Malipu zu ihm gesellte. Dem jetzt zu begegnen, hatte er keine Lust. Ein Elfling, den er jagen, ein Koboldiner, den er necken könnte müsste mal vorbeikommen, das wäre gut. Er sah aber nur die beiden Magihexer dort unten, die nun gemeinsam in den Lebensfluss schauten. Was sie da wohl suchten? Das würde er zu gern wissen.

      Doch als er daneben, nur ein Stück entfernt von den beiden, einen Koboldiner entdeckte, der gemütlich seines Weges brummte, da vergaß er es. Hei, das war es! Schon schwebte er geschwind hinunter.

      *

      Noch saßen Magifa und Malipu ahnungslos nebeneinander und schauten den goldenen Lebenstropfen zu, die leise klingelnd mit dem Fluss auf dem Weg zum schwarzen Loch und weiter zur Erde waren.

      „Wie klein und unschuldig sie hier noch aussehen. Kaum zu glauben, dass mitunter auf der Erde ein Mensch daraus werden kann, mit dem wir unsere liebe Not haben, um ihn nicht den Eisluchsen zu überlassen“, überlegte Magifa.

      „Was grämst du dich? Wenn alle Menschen so wären, wie es dem Herrn des Lebens gefällt, dann hätten wir nichts zu tun“, antwortete Malipu.

      Kaum hatte Malipu das ausgesprochen, schoss Babahu in seinem Eifer so dicht über ihre Köpfe hinweg, dass sie sich duckten. Erschrocken hielten sie ihre Zipfelhüte fest.

      „Verdreibelt noch mal! Kannst du nicht aufpassen?“, rief Malipu ihm nach.

      „Wo will der so eilig hin?“, wunderte sich Magifa.

      „Der? Der hat nichts als Unsinn im Sinn“, murrte Malipu, und rückte seinen Zipfelhut zurrecht. „Da, habe ich es nicht gesagt!“ Und er wies auf den Koboldiner in ihrer Nähe, der gerade vergeblich versuchte, an Babahu vorbeizukommen.

      Der tanzte vor seiner Nase herum, verstellte ihm den Weg, plusterte sich auf und streckte sich wieder. Dabei lachte er vor Vergnügen.

      „Hast du nichts Besseres zu tun!“, rief Malipu ihm zu.

      „Warum? Ich tu ihm ja nichts. das ist nur ein Spiel“, rief er zurück und ließ für einen Moment von dem Koboldiner ab. Der nutzte den Augenblick, um ihm zu entkommen. Doch schon war Babahu ihm wieder hinterher, griff nach seinem Schwanz und versuchte ihn festzuhalten. Er wusste, das mochte der gar nicht. Nein, dem Koboldiner machte dieses Spiel keinen Spaß. Babahu aber kümmerte das nicht. Dennoch so unbeeindruckt blieb er von Malipus Worten nicht. Bald verlor er die Lust daran und verschwand.

      Danach saßen Malipu und Magifa zunächst schweigend nebeneinander. Bis von fern aus den Bergen verhaltenes Hämmern und Sägen klang.

      „Hörst du das?“, fragte Magifa. „Das kommt aus der Höhle von Larifax. Seit Magitagen geht das so. Was treibt er da? So viel Lärm kann es doch nicht machen, seine Schätze, die bunten Steine, an den Wänden neu zu sortieren oder die Mooskissen umzuordnen.“

      „Hast du versucht, ihn danach zu fragen?“

      „Ja. Er sagt, er baue nur etwas um, hat mir aber jeden Blick in seine Höhle verwehrt. Ich traue ihm nicht. Wer weiß, was er wieder ausheckt.“

      „Hoffentlich gibt das keinen Ärger. Den Menschen mit List zu helfen, ist seine Aufgabe, aber bei uns sollte er es lieber lassen“, meinte Malipu.

      „Ist er überhaupt beim süßen Trank dabei gewesen?“, überlegte Magifa.

      „Und eben in der Runde? Ich meine, ihn da auch nicht gesehen zu haben“, stimmte Malipu zu.

      Wo war Larifax, der Listige? Seltsam, wer von ihnen kam nicht zur Quelle, wenn der süße Trank sprudelte, und wer wollte versäumen, was einer von der Erde zu erzählen hatte? Was war für ihn so wichtig, dass er darauf verzichtete? Das würden sie zu gerne wissen.

      *

      Doch Larifax tat alles, um gerade das vor ihnen geheim zu halten. Seit Magitagen hämmerte er in seiner Höhle und war kaum einmal davor zu sehen.

      Näherte sich einer neugierig, so glitt er schnell aus seiner Höhle, versperrte ihm den Blick und sagte beiläufig, er baue darin etwas um.

      In Wahrheit aber hämmerte er sich aus einem Stein einen Krug, in den er sich heimlich süßen Trank schöpfen wollte. Dann hätte er immer noch einen Vorrat davon, wenn sich die andern längst mit dem üblichen Quellsaft begnügen müssten. Er war auf der Hut, dass niemand erraten konnte, was er tat. Denn er wusste, darüber würden sich alle sehr aufregen und das als einen unberechtigten Vorteil ansehen, den er sich damit verschaffen wollte.

      Allein das Geheimnis, was er daraus machte, ärgerte die Magihexer bereits. Warum sollte es nicht möglich sein, zu erfahren, weshalb er sich so zurückzog? Was war so wichtig, dass er es vor ihnen verbarg?

      Sie steckten ihre Zipfelhüte zusammen und berieten sich. Man könnte ja, wenn der Berg wieder rot wird und Larifax zur Quelle schwebt ...“, wollte einer vorschlagen. Doch sofort lehnten die andern es ab. Bei aller Neugier, wer wollte freiwillig zurückbleiben und auf den süßen Trank verzichten, um in der Höhle von Larifax heimlich nachzusehen?

      Ratlos sahen sie sich an, bis Imada, der Eifrige, aufgeregt hin und her rutschte und rief: „Ich weiß, wie wir Larifax aus seiner Höhle locken können, ohne selbst einen süßen Trank zu versäumen.“

      „Ach, du!“, winkten alle ab. Was sollte diesem Tollpatsch schon einfallen? Nein, sie einigten sich darauf, zu warten. Vielleicht wurde ja Larifax bald zur Erde gerufen, dann konnten sie ungehindert in seine Höhle gelangen, um nachzusehen. Damit streckte sich einer nach dem andern und schwebte davon.

      „So wartet doch!“, rief Imada ihnen enttäuscht nach. Aber keiner hörte auf ihn. „Und ich werde es euch beweisen“, murmelte er trotzig vor sich hin. Dann wartete er eine Weile, bis kein Magihexer mehr zu sehen war und rief so laut er konnte: „Der Berg wird rot!“

      Das wirkte! Aufgescheucht kamen alle wieder hervor und schwebten so schnell sie konnten zur Quelle. Jeder wollte der Erste sein. Nur Imada und Larifax blieben zurück. Doch Imada hatte vergeblich darauf gehofft, Larifax würde auch zur Quelle schweben und er könnte ungestört in seiner Höhle nachsehen. Nur einen Moment lang sah es so aus, als wollte er den andern folgen, dann verharrte er unentschlossen und kehrte in seine Höhle zurück.

      Pech für Imada! Bald hatten die andern gemerkt, dass