Wilma Burk

Rätsel um Malipu


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druckste herum: „Na ja, ich wollte diesmal nicht zögern wie sonst und bin vor Babahu und Jojotu in die Wand. Doch dann ...“

      „Was dann?“, drängten die andern ungeduldig.

      „Da hat er nicht wieder herausgefunden.“ rief Babahu feixend dazwischen.

      „Ich konnte doch nichts sehen“, verteidigte sich Imada.

      „Wer kann das schon!“ antworteten alle und lachten.

      „Statt nun an einem Fleck zu bleiben, damit wir ihn finden könnten, sauste er wie verrückt durch das Mauerwerk des Hauses, hinauf und hinunter, quer durch Decken und Fußböden“, erzählte Jojotu weiter.

      „Wie schaffst du es nur, dabei nicht aus der Mauer herauszukommen?“, wunderte sich einer.

      „Das ist mir auch ein Rätsel“, meinte Babahu.

      „Ich versuche es ja. Ich weiß nicht, warum es mir nicht gelingt“, klagte Imada.

      „Na, jedenfalls, was glaubt ihr, wo wir ihn am Ende nach langer Zeit gefunden haben?“

      „Wo?“ Alle schauten gespannt zu ihm.

      „Oben auf dem Dach. Auf dem Schornstein saß er, völlig verwirrt und schwarz vom Ruß. Wie eine drohende Gewitterwolke auf der Erde sah er aus.“

      „Da hat er sich aber lange schütteln müssen, um die Rußflocken wieder aus seinem Wolkenköper herausfliegen zu lassen.“ Rief einer und schlug sich bei der Vorstellung vor Vergnügen mit beiden Händen an seinen Zipfelhut.

      Die Berge schallten wider vom Lachen der Magihexer. Das war ein Spaß! Nur Imada saß bedrückt dabei. Auch Malipu wirkte müde und hörte kaum noch zu, weil ihm Augen und Kopf wieder schmerzten.

      „Ich denke, irgendwann wird auch Imada das lernen“, bemerkte Magifa. „Doch was könnt ihr von Oma Berta und den Kindern berichten?“

      „Ja, was gibt es Neues von ihnen?“, drängten auch alle andern zu erfahren.

      Einer fragte allerdings: „Hat sie den Kindern wieder eine spannende Geschichte erzählt?“

      „Und ob!“, rief Babahu sofort.

      „Das glaubt ihr nicht!“, versicherte aufgeregt Jojotu.

      „Sie hat von uns erzählt“, verkündete jetzt Imada die sensationelle Tatsache:

      Verblüfftes Schweigen.

      „Jawohl, von uns!“, wiederholte Imada und nickte dazu, um die Wichtigkeit dessen, was er gesagt hatte, zu betonen.

      „Ach, kommt! Das geht gar nicht!“, riefen schließlich einige.

      „Doch! Sie weiß alles!“, bekräftige Babahu.

      „Es war richtig unheimlich, was sie alles von uns wusste, als wäre sie ständig dabei“, erklärte Jojotu und schüttelte sich.

      „Wer war das?!“ Wie mit einem Messer schnitt Malipus Frage jedes weitere Wort ab. Bis eben noch geistesabwesend, saß er jetzt hellwach da und sein streng forschender Blick traf jeden in der Runde.

      „Was?“, wollten einige verständnislos wissen.

      „Na, wer hat ihr die Fähigkeit dazu eingegeben?“

      Bedrückt sah einer den andern an. Da, ein Zipfelhut duckte sich auffällig. Er gehörte Tatani, dem Träumer, der den Menschen gute oder schlechte Träume bringen kann. „Ich!“, meldete er sich kläglich.

      „Du?“ Alle blickten fragend zu ihm.

      „Es heißt doch, wir sollen alles für Oma Berta und die Kinder tun. Oder?“, verteidigte sich Tatani.

      „Und das war wichtig, warum?“, fragte Malipu scharf.

      „ Weil … weil Oma Berta wieder so traurig war, dass sie keine Geschichten mehr für die Kinder wusste. Wir aber erleben und erzählen uns hier so viele. Da dachte ich ...“

      „… dass es ja nichts ausmacht, ihr im Traum die Fähigkeit ins Ohr zu blasen, alles in ihr Unterbewusstsein aufzunehmen“, vollendete Malipu zornig den Satz. „Dreimal verdreibelter Magidreck! Wie konntest du das tun?!“

      „Aber sie weiß es doch nicht! Sie glaubt noch immer, dass sie alle Geschichten selbst erfindet, dass sie ihrer Fantasie entspringen. Weder sie noch die Kinder können wissen, dass es uns wirklich gibt“, behauptete Tatani bedrückt.

      „Das glaubst auch nur du!“, fuhr Malipu ihn an. „Doch einer von uns hat den Vater so beeinflusst, dass er Paul das Modellauto gekauft und uns damit vielleicht bereits verraten hat. Wer war das? Wer hat das getan?“, fragte Malipu erbost.

      „Das war ich“, gestand Jubila, der Glückliche, leise ein.

      „Du hast was ...?“, rief Tatani überrascht. „Ich dachte, außer mir wüsste niemand davon, dass Oma Berta von uns erzählen kann?“

      „Das wird ja immer besser! Wer hat noch davon gewusst und nichts berichtet?“ Das regte Malipu auf. Herausfordernd blickte er erneut in die Runde.

      Es meldete sich niemand mehr.

      „Wie konntet ihr das Gesetz der Magihexer brechen?“, hielt er ihnen erzürnt vor. „Kein Mensch darf von unserer Existenz etwas wissen. Stets sollen sie denken, dass der Zufall oder sie selbst etwas geregelt hätten. Sonst verlassen sie sich nur noch auf uns, geben sich keine Mühe mehr, ihre Probleme selbst zu lösen. Und wir verlieren ...“ Mitten im Satz brach er ab, fasste sich erneut an den Kopf, nahm seine Brille ab und fuhr sich wieder über Stirn und Augen.

      „Was ist mit dir? Was wolltest du noch dazu sagen?“, drängte Magifa erneut besorgt.

      „Ach, nichts. Es ist ja nicht mehr zu ändern“, wehrte Malipu ab.

      „Geht es dir nicht gut?“ fragte jetzt auch Jojotu.

      „Ich darf mich wohl nicht aufregen“, murmelte Malipu mehr zu sich selbst. Dann setzte er seine Brille wieder auf und sagte: „Ich bin müde. Muss in meine Höhle und in meinen Zipfelhut. Wir reden später noch darüber.“ Er streckte sich und schwebte hinauf in die Berge.

      Ratlos sahen ihm die andern nach. Das hatten sie noch nie bei ihm erlebt. Beunruhigt rätselten sie, was mit ihm los sei und wussten es sich doch nicht zu erklären.

      Eine Weile redeten sie noch über die ungeheuerliche Tatsache, dass ein Mensch nun von ihnen erzählen konnte, auch wenn er nicht wusste, dass es sie wirklich gab. Dann schwebte auch von ihnen einer nach dem andern aus dem Kreis der Magihexer vom Ufer des Lebensflusses zurück in die Berge.

      Nur Jojotu, und Pontulux, spürten, dass sie zur Erde gerufen wurden. Pontolux, eben erst zurückgekehrt, knurrte unwillig: „Warum wieder ich?“

      Doch es half ihm nichts. Wer gerufen wurde, der musste folgen. Noch ehe sie das schwarze Loch erreicht hatten, trafen sie mit einem Koboldiner zusammen. Der wurde auch zu den drei Schwestern gerufen, damit er dort auf einen kleinen Kanarienvogel Acht gab. Denn so, wie die Magihexer für die Menschen zuständig sind, so müssen sich die Koboldiner um die Tiere auf der Erde kümmern. Gemeinsam glitten sie durch den wabernden dunklen Nebel des schwarzen Lochs und flogen weiter durchs Universum zur Erde. Was würde sie dort erwarten?

      Wer ließ Pepe fliegen?

      Es machte den Eltern Sorgen, dass es zwischen den Schwestern Miriam, Annika und Josi zu oft Streit gab. Doch um Josi, die Jüngste, mussten sie sich besonders kümmern. Seit einer bösen Krankheit konnte sie nur mit einer stützenden Schiene an ihrem linken Bein laufen und war dadurch sehr behindert.

      Annika, die mittlere der drei Schwestern, war feinfühlend, auch sie umsorgte die kleine Josi und gab darauf Acht, dass sie nicht zu kurz kam.

      Nicht so Miriam, die Älteste. Sie suchte bei jeder Gelegenheit ihren Vorteil. Sie nervte das Getue um die kleine Schwester. Ja, sie verfolgte es sogar mit Eifersucht.