Wilma Burk

Rätsel um Malipu


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beiden zu.

      „Wer ist denn das?“, fragte der Junge und lachte höhnisch.

      „Lass ihn los! Lass ihn sofort los!“, rief Pauline und ballte ihre Fäuste.

      „Oh, da habe ich aber Angst!“, amüsierte sich der Junge und packte den zappelnden Paul nur umso fester.

      Noch zwei Schritte, dann hatte Pauline sie erreicht. Wütend hob sie ihre Fäuste und schlug so kräftig sie konnte auf den Jungen ein.

      Der wankte nicht und lachte nur weiter.

      „Lass das, Pauline! Lass das!“, rief jetzt Paul und konnte doch nichts tun, nicht mal nach dem Jungen treten, er traf ihn nicht.

      „Du sollst ihn loslassen!“ Pauline gab nicht auf.

      Doch der Junge ließ Paul nicht los, trat aber einen Schritt zurück. Nun stand er dicht am Schwebebalken.

      „Jetzt ist es Zeit“, murmelte Pontulux, schwebte auf ihn zu und gab ihm einen so heftigen Stoß, dass er Paul losließ, und rückwärts über den Balken fiel.

      Sofort rannten Paul und Pauline davon.

      Verblüfft saß der Junge noch am Boden und hielt sich eine schmerzende Schulter, als seine Freunde kamen. Sie hatten noch mitbekommen, was geschehen war. „Konntest du nicht mehr auf deinen Beinen stehen oder haben dich die Kleinen umgeschmissen?“, spotteten sie.

      „Die sollen mir noch mal über den Weg laufen. Denen werde ich es zeigen!“ knurrte der Junge und stand auf.

      Paul aber, noch atemlos vom Rennen, machte Pauline Vorwürfe, als sie außer Sicht waren. „Mach das nicht noch mal und erzähl das bloß niemanden. Es war völlig unnötig, dass du dich eingemischt hast.“

      „Spinnst du? Hätte ich zusehen sollen, was der mit dir macht?“, fragte Pauline sichtlich betroffen.

      „Ich hätte mich schon alleine befreit, wenn du nicht dazugekommen wärst.“

      „Danach sah es aber nicht aus.“

      „Egal! Das nächste Mal hältst du dich da raus. Was sollen denn meine Freunde denken, wenn sie glauben, dass ich von einem Mädchen befreit werden musste.“

      Fassungslos blickte Pauline Paul an und wollte beleidigt noch etwas erwidern. Doch Oma Berta kam ihnen entgegen. „Wo bleibt ihr? Wir müssen nach Hause gehen“, mahnte sie.

      Auf dem Heimweg wunderte sie sich, wie ruhig die beiden waren. „Habt ihr euch gezankt?“ fragte sie.

      „Nein“, antworteten beide wie aus einem Mund.

      „Na, dann ist es ja gut“, meinte Oma Berta und sah lächelnd auf sie hinunter, als wüsste sie alles.

      Jetzt trennten sich die Magihexer von ihnen.

      „Das hast du gut gemacht, den Jungen umzustoßen. Ich hätte nicht gewusst, was ich tun soll“, lobte Jojotu.

      „Du hast ja auch nicht meine Möglichkeiten“, erwiderte Pontolux sichtlich geschmeichelt.

      Dann verließen sie die Erde und flogen durchs Universum heim nach Magihexanien.

      *

      Kaum waren sie hinter dem schwarzen Loch in Magihexanien angekommen, hatte sie einer entdeckt und alle andern mit seiner Gedankenkraft zum Erzählplatz am Lebensfluss zusammengerufen.

      Das war wieder ein Gedränge um den besten Platz, bis sie den beiden Heimkehrern erwartungsvoll entgegensahen. Die plusterten sich auf und ließen sich gemächlich in den Kreis herab.

      „Nun redet schon, was habt ihr erlebt?“, drängte Babahu und quoll gespannt vor Erwartung hin und her.

      „Sitz still!“, ermahnte ihn Zufido, in dessen Wolkenkörper er jedes Mal hineinstieß.

      Da lachte er und stieß übermütig noch einmal in ihn hinein. Sofort sah Malipu ihn warnend an. „Gib Ruh!“, wies er ihn zurecht. Schon duckte sich Babahu, zog seinen Zipfelhut tiefer und saß still.

      Dann begann Pontulux: „Das war diesmal nicht so einfach mit diesen drei Schwestern, zu denen wir gerufen wurden. Trotzdem sind wir sogar noch mit einem Eisluchs fertig geworden. Schaut her, wir haben nicht einen einzigen Kratzer abbekommen, obgleich der bereits heftig auf uns losging. Jojotu wich bereits zurück und sogar der Koboldiner wollte fliehen. Ich aber blieb standhaft. Gegen mich konnte der nichts ausrichten.“ Er warf sich dabei mächtig in die Brust.

      Jojotu sah verlegen weg und sagte nichts dazu.

      „Oh!“, bewunderten alle Pontulux. Na ja, und dass Jojotu vor den Eisluchsen Angst hatte, das wusste jeder. Genauso wussten sie aber auch, wie gern Pontulux aufschnitt. So flüsterte irgendwo einer dem andern leise zu: „Glaubst du das? Er allein gegen einen angriffslustigen Eisluchs, nur mit Jojotu im Rücken? Das kann er mir nicht erzählen! Da hat der Eisluchs wohl bloß zugeschaut und auf der Lauer gelegen, falls es etwas für ihn zu holen gab.“

      Der andere kicherte zustimmend.

      „Pscht!“, zischten die anderen Magihexer. „Seid endlich ruhig, damit Pontulux und Jojotu erzählen können.“

      Dann war es still, und alle hörten die Geschichte von den drei Schwestern.

      *

      „Na, wie habe ich das gemacht“, beendete Pontulux die Erzählung und sah sich Beifall heischend im Kreis der Magihexer um, besonders aber zu Malipu.

      Doch der schien nicht darauf zu achten. Hatte er überhaupt zugehört? Erst als alle unruhig wurden, weil sie ein Wort von ihm dazu erwarteten, richtete er sich auf und sagte anerkennend: „Das war eine gute Lösung, Pontulux! Auch wenn du mit der Verletzung des Beines wieder fast zu weit gegangen bist ...“

      „Es war nicht mal gebrochen“, verteidigte sich Pontulux sofort.

      „Dennoch, das war mehr als ein Missgeschick, was eigentlich nur Satano erlaubt ist.“

      Trotzig kniff Pontulux die Lippen zusammen. Er neidete Satano, dem Quäler, das und versuchte nur zu oft, es ihm gleichzutun.

      Gespannt sahen die andern zu Malipu. Das war bestimmt nicht alles, was er dazu zu sagen hatte. Sie wussten doch, dass er sich darum sorgte und wie sehr es ihm nicht gefiel, wenn Pontulux das überschritt, was ihm als Magihexer bei den Menschen erlaubt war.

      Malipu aber sagte nichts mehr dazu. Er sank in sich zusammen und hörte nur zu, was die andern noch fragten oder zu der Geschichte sagten. Müde fuhr er sich dabei manchmal über die Stirn.

      So saßen sie zusammen, bis einer bemerkte, dass sich der gelbe Gipfel des Berges mit der Quelle rot färbte. „Der Berg wird rot!“, rief er sofort und schoss in die Höhe. Jetzt gab es kein Halten mehr. Aufgeregt strecken sich alle, um so schnell wie möglich zur Quelle zu schweben. Jeder wollte der Erste dort sein. Das war ein Schubsen und Schimpfen. Wie ein Schwarm auffliegender Tauben auf der Erde stoben sie davon.

      Wenn der gelbe Gipfel des höchsten Berges rot wurde, dann sprudelte statt des üblichen Quellsaftes für kurze Zeit ein süßer Trank daraus hervor. Wer von ihnen wollte den versäumen? Egal, was sie gerade taten, dafür ließen sie alles stehen und liegen.

      Doch nicht nur die Magihexer hatten es eilig hinzukommen, sondern auch die Elflinge, die auf der Erde für alle Pflanzen zuständig waren. Mit ihren zarten Flügeln schlagend flogen sie heran. Ebenso beeilten sich die Koboldiner, ihre Gleitwolken auszufahren und damit so schnell wie möglich angebrummt zu kommen. Denn alle Geistwesen in Magihexanien ernährten sich von dieser Quelle.

      Wie immer, wenn der süße Trank floss, gab es ein großes Gedränge. Jeder wollte so viel wie möglich von diesem köstlichen Trank mit seinem Bescher schöpfen und trinken. So stießen und knufften sie sich um die wenigen Plätze und versuchten, einander wegzuschubsen oder sich vorzudrängen. Zwischen den Magihexern fanden die flinken, kleinen Elflinge keine Gelegenheit, ihre Becher zu füllen. Sie flatterten mit ihren zarten Flügeln hoch, bis dahin, wo die Quelle am üppigsten sprudelte, um sich zu laben. Doch die schwerfälligen Koboldiner