T. C. Garver

Im Schatten des Unwissens


Скачать книгу

ihr uns geholfen habt. Die Leute hier haben böse Zungen. Und es wäre nicht angebracht, wenn uns jemand auf die Schliche kommen würde. Wir werden den Leuten sagen, dass ihr weite Verwandte von Carina seid.“ „Das geht in Ordnung“, antworte Kris, weil sie überzeugt war, dass sie morgen sowieso nicht mehr hier sein würden, sobald die Aufgabe erfüllt war. Sie aßen und tranken und Kris bemerkte schnell, dass sie das fünfte Rad am Wagen war. Deshalb trank sie umso mehr.

      Lisa und Savon sahen aus, als hätten sie vergessen, dass noch mehr Leute am Tisch saßen. Sie warfen sich zweideutige Blicke zu, flüsterten beim Reden und lachten sehr viel. Sie schienen in ihrer Welt gefangen.

      Mona bombardierte Kasus mit Fragen über Fragen, die er jedoch sorgfältig und präzise beantwortete. Er hatte die Haltung eines Königs, genau wie seine Aussprache.

      Carina und Damian sahen aus, als wüssten sie nicht über was sie reden sollten. Sie warfen sich mehrmals Blicke zu und lächelten. Kris hörte nicht wirklich zu. Sie hoffte, der Alkohol würde bald seine Wirkung zeigen und sie vergessen lassen, dass sie hier in einem anderen Jahrhundert stecken geblieben waren. Monas gereizter Unterton, ließ Kris aufblicken.

      „Du hast zwei Frauen?“

      „Ja und wenn alles gut kommt, wird noch eine dazu kommen.“

      „Einen ganzen Harem also.“

      Kasus lächelte stolz.

      „Ich finde das absurd“, sagte sie geradeheraus.

      „Wieso?“, fragte er verständnislos.

      „Weil ein Mann nur eine Frau haben sollte.“

      „Das ist doch Schwachsinn. Sieh dir Carina an, sie wird Damians erste Frau und nicht die letzte sein und es macht ihr nichts aus.“

      Carina versuchte ihre Mine zu verbergen.

      „Also ich würde sagen, sie sieht nicht gerade begeistert aus“, mischte sich Kris ein.

      Alle blickten zur Prinzessin.

      „Das ist das Gesetz. Jeder Mann darf ein Harem halten“, sagte sie an Kris gewandt.

      „Scheiß auf das Gesetz, Carina. Wenn du jemanden liebst, willst du ihn doch mit niemand teilen. Ich teile Monas Meinung, ein Mann sollte nur eine Frau haben.“

      Kris bemerkte wie Damian sie aufmerksam musterte.

      „Mein Vater hatte auch nur eine Frau.“, sagte er dann leise.

      „Und wieso hatte er nur eine?“, fragte Kris.

      Er zuckte mit den Schultern.

      „Weil mein Vater ein hoffnungsloser Romantiker ist“, sagte Kasus.

      „Oder weil er einfach ein verliebter Mann ist“, erwiderte Kris.

      „Wie viele Frauen hast du Savon?“, fragte Lisa ängstlich.

      „Eine.“

      Lisa sah aus als wäre ihr ein Stein vom Herzen gefallen.

      „Was bringt es euch mehrere Frauen zu haben?“

      Kasus schenkte Kris einen missbilligenden Blick. „Wegen der Nachfahren und des Amüsements.“

      „Ihr habt nicht so eine hohe Meinung von Frauen“, sagte Kris geradeheraus.

      Der Blick, den sie nun erntete, war gereizt. „Ich kann verstehen, dass du das nicht verstehst. Du bist eine Kriegerin und nicht fürs Gebären geschaffen.“

      Kris lachte ihm ins Gesicht. „Du meinst, weil ich wie ein Mann kämpfe, könnte ich keine Kinder auf die Welt setzten?“

      Er nickte.

      „Blödsinn.“ Sie wandte sich von ihm ab und blickte zu Damian. „Und wieso wollt ihr heiraten?“

      „Unsere Hochzeit haben unsere Eltern vorgeplant. Durch unsere Heirat werden sich Tafala und Olite vereinen.“

      Kris sagte nichts mehr dazu. Sie verstand diese Sitten nicht und wollte sie auch nicht verstehen.

      Mona und Kasus führten mittlerweile eine Debatte. Kris wurde es langweilig, da die Debatte sich wieder in ein Flirten verwandelte. “Was würde ich für eine Zigarette tun…“ flüsterte sie vor sich hin. „Was ist eine Zigarette?“, flüsterte Damian zurück.

      „Nichts. Meine Schwester hat zwischendurch einen komischen Humor.“ Beeilte sich Mona zu sagen.

      Kris beschäftigte sich wieder mit ihren eigenen Gedanken. Sie fühlte sich so fehl am Platz und konnte sich nun noch weniger vorstellen, wie man in so einem Jahrhundert leben können wollte. Die Frauen wurden nicht geschätzt und die Männer sahen wie Trunkenbolde aus. Die Gäste jedoch amüsierten sich prächtig. Es wurde getanzt, gelacht und gegessen. Immer wieder schrie einer „Auf das Wohl der Prinzen!“ und alle jubelten und das Spiel zog sich in die Länge. Kris´ Blick schweifte auf den Thron und die Sessel nebendran. Verlassen und alleine standen sie dort und spiegelten ihre eigenen Gefühle wieder. Sie hielt es nicht länger aus und stand auf.

      „Wo willst du hin?“ fragte Mona.

      „Frische Luft schnappen“, antwortete Kris knapp.

      „Soll ich mitkommen?“ Am liebsten hätte sie mit „Ja“ geantwortet, sie bemerkte jedoch wie Mona die Gesellschaft von Kasus genoss und erwiderte. „Nein. Ich will ein wenig für mich sein.“ Sie schritt die Wendeltreppe hinab und ging auf den gut riechenden Garten zu. Sie wollte sich nicht zu weit entfernen, da dieser Palast wie ein Labyrinth war, in dem sie sich mit großer Wahrscheinlichkeit verlaufen würde. Eine kühle Brise fegte ihre Haare nach hinten. Sie setzte sich auf eine steinerne Bank und genoss den Duft der verschiedenen Früchte, der ihr in die Nase stieg. Sie musste nur noch heute ausharren, morgen würde sie wieder in ihrer Wohnung sitzen und darüber lachen. Doch heute war ihr überhaupt nicht nach Lachen zumute. Sie fühlte sich unwohl.

      Sie stütze ihre Ellenbogen auf ihre Beine und hörte dem Zirpen der Grillen zu. Ein Kribbeln im Nacken, verursachte ihr eine Gänsehaut. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Sie schaute nicht mehr um sich oder hatte Angst. Kris hatte die imaginäre Präsenz durch die Jahre akzeptiert und heute fühlte sie sich durch diese sogar geborgener.

      „Wieso kannst du nicht real sein. Ich hätte heute gern jemanden der mich vergessen lässt wo ich bin.“ Sie verlor langsam den Verstand, jetzt sprach sie sogar mit diesem unsichtbaren Schatten. Dennoch wartete sie, in der Hoffnung auf eine Antwort. Nichts. Plötzlich hörte sie ein Wimmern. Kris blickte um sich und folgte der Stimme. Je näher sie dem Wimmern kam, desto deutlicher nahm sie auch ein Flüstern wahr. Eine Frau weinte und die andere versuchte sie zu beschwichtigen. Das Wimmern wurde zu einem Schluchzen. „Wieso hat er ihn von mir genommen.“

      Kris schaute um sich. Hinter einem Gebüsch sah sie zwei Umrisse. Eine Frau kniete am Boden und die andere hielt sie an den Schultern fest.

      „Sag Kasus er soll augenblicklich dieses Fest beenden!“

      „Das kann ich nicht, meine Königin. Kasus hat dies befohlen.“

      „Es ist mir egal. Mein Mann ist vor 2 Tagen gestorben. Kein Sohn würde dann ein Fest feiern.“

      Die andere Frau sagte nichts mehr.

      Die Königin rappelte sich hoch. „Ich werde diesem Fest ein Ende setzten.“

      „Das werdet Ihr nicht. Wir gehen zurück in Euer Zimmer. Ihr werdet ein Ladanum nehmen und dann all Eure Sorgen vergessen.“ „Nein!“

      „Meine Königin, bitte, das bringt doch nichts. Wenn uns hier draußen jemand sieht!“

      „Es ist mir egal, was die Leute denken! Mein Mann ist tot.“ Sie brach wieder in Tränen aus.

      „Wir wissen noch nicht, ob der König tot ist. Ich werde Euch nun in Euer Gemach bringen. Kommt.“

      „Lass mich los, Margarete. Wieso ist Kasus so darauf erpicht zu feiern? Er ist ganz anders, als Damian und Savon. Er ist gierig. Das ist nicht gut.