K.P. Hand

Herzbrecher


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das Alessandro Mitleid mit ihm hatte.

      Alessandro trocknete eine Tasse ab und stellte sie neben die Spüle, ehe er fragte, ohne sich umzudrehen: »Und was soll ich damit?«

      »Ich dachte mir, du willst die Berichte durchgehen. Ich wollte ... Nein, ich dachte, wir könnten zusammen noch einmal alle überprüfen. Du und ich. Wie bei Franklin, ohne ... lästige Vorschriften der Polizei.«

      Alessandro schnaubte. »Ich soll Gewalt anwenden, um sie zum Reden zu bringen?«

      »Wer könnte ihnen mehr Angst machen als der beste Auftragskiller der Umgebung?«

      »Ehemaliger«, korrigierte Alessandro. »Sieben Jahre aus dem Geschäft, ich bin sicher, mich hat jemand überholt.«

      »Dennoch haben sie bestimmt Angst vor dir, wenn du sie mit ihrem Tod konfrontierst. Du bist Enio Martins Bruder, das wird sie wohl zum Reden bringen.«

      »Ich soll sie also töten?«

      »Nein, sie dazu bringen, vor der Polizei gegen Enio auszusagen.«

      Alessandro ließ ausatmend die Schultern hängen. Ihm lag nichts daran, Gewalt anzuwenden, aber er musste zugeben, dass Normans Geste wirklich nett gemeint war. Er wollte nur helfen, und das obwohl es ihn kaputt machte.

      »Danke«, sagte Alessandro. »Ich mach das aber allein.«

      Norman schien noch immer nicht gehen zu wollen. Außerdem begriff er: »Du wirst nichts dergleichen tun, oder? Ich weiß es, ich weiß es immer, wenn du mich nur loswerden willst.«

      »Mein Entschluss steht fest, ich verlasse die Stadt.«

      »Er wird dich töten«, befürchtete Norman.

      »Ich komme schon zurecht.«

      »Lass mich dir helfen«, bat Norman. »So wie du mir bei Franklin geholfen hast.«

      Alessandro stützte sich an der Spüle ab und ließ für einige Sekunden den Kopf hängen. Er wollte so gerne Normans Hilfe annehmen, doch für ihr beider Seelenheil war es besser, wenn er es nicht tat.

      Er spürte plötzlich Norman ganz dicht hinter sich. Der durchtrainierte Körper seines Exfreundes schmiegte sich sanft an seinen Rücken, zärtliche Hände glitten zu seinen Seiten und verharrten dort. Er war nicht im Stande, Norman wegzustoßen.

      »Erinnerst du dich nicht mehr?«, hauchte Norman ihm ins Ohr, sein warmer Atem streifte dabei über Alessandros Wange. »Damals bei Franklin. Wir haben es allein geschafft, wir brauchen das Gesetz nicht.«

      Für jemand, der gerne so tat als sei er der ›Gute‹, wendete sich Norman ziemlich oft und ziemlich schnell von seinem Beruf ab. Aber ging es ihm um Alessandro, oder darum, Enio zu fangen und seinen Ruf wieder auf die Spitze zu treiben?

      Zu spät, um darüber nachzudenken, Normans Nase strich bereits zart Alessandros Halsseite hinauf, seine Lippen hauchten einen Kuss hinter Alessandros Ohr.

      Augen verdrehend schloss Alessandro kurz die Lider. Wie Norman sich so an ihn schmiegte, ließ es seine Knie weich werden. Er erzitterte Innerlich vor Begierde.

      Wie lange war das letzte Mal her?

      Wann wurde er das letzte Mal berührt? So berührt?

      Wenn er sich das fragen musste, war es eindeutig zu lange her.

      »Norman, ich ...«, unternahm Alessandro einen halbherzigen Versuch, die Annährung zu unterbinden. Doch sein Körper tat, was er wollte, gegen seinen Willen legte er den Kopf etwas schief um Norman freien Zugang zu seinem Hals zu gewähren.

      Mehr! Alessandro verlangte es nach so viel mehr.

      »Du willst nicht gehen, nicht ohne mich«, sagte Norman arrogant, während seine Hände an Alessandros Seiten hinabwanderten. »Du willst auch nicht wütend auf mich sein.«

      Alessandro wollte abweisend schnaubend, aber was er dann von sich gab, klang viel mehr nach einem erschaudernden Ausatmen.

      »Das eigentliche Problem ist, das du im Grunde gar nicht weißt, wie man eine normale Beziehung führt«, behauptete Norman, aber er klang dabei einfühlsam und verständnisvoll, als wollte er Alessandro zu etwas überreden. »Du weißt nur, wie es ist, wenn man dir alles vorschreibt, wenn du nicht darüber nachdenken musst. Es war neu für dich, eine stinknormale Beziehung zu führen.«

      »Klar, dann ist es meine Schuld«, konterte Alessandro sarkastisch. Er konnte aber nicht wütend klingen, denn Normans Hände fanden einen Weg unter sein T-Shirt und betasteten seinen Bauch, strichen über seine Brustmuskeln ...

      »Nein«, widersprach Norman. »Es war meine Schuld.« Er küsste Alessandros Hals. »Aber ich bin nur ein Mensch, genau wie du.« Noch ein Kuss, etwas tiefer. »Ich mache Fehler, menschliche Fehler. Ich kann nur beteuern, wie Leid es mir tut, und dass es nie wieder passieren wird.« Ein warmer Zungenstrich über Alessandros Hals, der dadurch erzitterte. »Ich will doch nur, dass du mir verzeihst, mir eine Chance gibst, so wie ich dir damals alles vergeben habe, was du vor mir getan hast.«

      Alessandro schnaubte. »Erpressung hilft dir nicht gerade, Norman.«

      »Nein?« Normans Lippen gaben einen feuchten Kuss auf Alessandros Hals. »Das fühlt sich aber anders an.«

      Während Normans Hände zärtlich Alessandros Brust abtasteten und streichelten, als wollten sie feststellen, ob noch alles genau so war wie sie es in Erinnerung hatten, wanderte Normans küssender Mund in Alessandros Nacken, der nur zu gerne den Kopf nach vorne legte und Normans heißen Atem auf der Haut genoss.

      Sehnsucht und lustvolle Gier vermischten sich zu einem Gefühlsstrudel, der jede Vernunft aus Alessandros Gedächtnis fegte und ihn zu einem willenlosen Wesen seiner Begierde machte.

      »Erzitterst du etwa nicht gerade unter meiner Berührung, Sandro?«, flüsterte ihm Norman heiser zu. »Genießt du nicht die Wärme meines Körpers?« Um es zu unterstreichen, rieb er sich leicht an Alessandros Rückseite. »Oder bringen dich meine Küsse etwa nicht völlig um den Verstand?« Er hauchte einen Kuss in Alessandros Nacken.

      Ausatmend drehte sich Alessandro zu ihm um und gab sich schließlich geschlagen. Er umschlang Norman und zog ihn zu einem innigen Kuss heran. Während ihre Münder hitzig miteinander verschmolzen und Normans Zunge sich sofort Zugang zu Alessandros Mund verschaffte, fuhren Alessandros Hände ohne Umwege über Normans Schultern, zu dessen Nacken und direkt in sein dunkles Haar.

      Es fühlte sich seidig und kühl an, genau wie er es in er Erinnerung hatte.

      Sein Fetisch für Normans Haar hatte sich schon früh gezeigt, mittlerweile war es geradezu natürlich geworden, sich daran festzukrallen. Und Norman begrüßte es stets mit einem dunklen Aufstöhnen. Und wenn Alessandro es mal nicht tat, forderte Norman ihn auf, in sein Haar zu packen. Sie liebten die seltsamen Angewohnheiten des jeweils anderen.

      Wenn Norman ihn küsste, war es um Alessandro geschehen. So war es schon immer gewesen, von Anfang an.

      Mittlerweile war es sogar noch schlimmer, weil Normans herber Duft, sein süßer Geschmack, die Beschaffenheit seiner fordernden Lippen und sogar die Dicke seiner Zunge so vertraut waren, das sie nicht nur Alessandros Sinne vernebelten, sondern auch seinen Herzschlag bis ins unermessliche erhöhte.

      Er hatte mal irgendwo gehört, wenn das Vertraute den Herzschlag erhöhte, mehr noch als es das aufregende Unbekannte vermochte, dann war es Liebe.

      Dieser Gedanke war in seiner Situation nicht gerade hilfreich. Er wollte Norman mit jeder Faser seines Körpers und mit einer so schmerzlichen Sehnsucht, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb.

      Oh, wie sehr er ihn geliebt hatte, wie sehr er ihn vermisst hatte!

      Und das Schlimme war, dass er ihn auch jetzt noch liebte – Verdammt, er war wirklich eine Drama-Queen – Und ihn zu lieben war töricht. Alessandro wusste, dass sie sich nur immer wieder gegenseitig das Herz brechen würden, deshalb durften sie nicht zusammen sein.

      Aber wenn Norman ihn küsste, verlor Alessandro jegliche Vernunft. Er