Stefan P Moreno

Die Legende von der Siebener Parabel


Скачать книгу

fragte Harlekin mit liebenswürdig sanfter

      Stimme „Aus dem Zoo! Aus dem Zoo!“ plapperte der Papagei drauf los und ließ ein schrilles Pfeifen ertönen.

      „So, so, aus dem Zoo“, wiederholte Harlekin. „Sind wir beide uns denn dort schon mal begegnet?“

      „Begegnet! Begegnet! Begegnet! Nett, nett, nett…“, krächzte Lord Leroy und schien plötzlich großes Interesse an Harlekins Ohrringen zu haben.

      „Klimper, klapper! Klimper, klapper!“ surrte der Papagei und sprang begeistert auf Harlekins Schulter, um mit dem Schnabel die Ohrringe greifen zu können.

      „Mein Ohr lässt du aber dran, sonst stutze ich dir die Flügel!“ lachte Harlekin amüsiert.

      „Würdest du mir dennoch, bitte, deinen Namen verraten?“ wiederholte er dann leise.

      „Plimper, Plapper! Plimper, Plapper!“ kam es surrend aus dem Schnabel des Papageien.

      Joaquin, der das Schauspiel schweigend beobachtet hatte, griff nun ein: „Er heißt Lord Leroy und ist das

      Haustier unserer Gastgeberin, Madame Faunette!“ Er stellte den fertigen Tee und zwei Tassen auf den Tisch. „Nimmst du Zucker in den Tee?“

      „Nein, danke, ich trinke ihn ohne.“

      Harlekin setzte sich samt Vogel zu Joaquin an den Tisch. Er schaute sich in der Wohnküche um.

      „Nettes Häuschen, sogar mit Kamin!“ stellte er beeindruckt fest. „Hier lässt es sich bestimmt gut leben.“

      „Warte, bist du das Bad gesehen hast!“ Joaquin und nahm einen kräftigen Schluck Tee zu sich.

      „Wenn du auf Donnerbalken und Wasser aus dem Brunnen stehst, lässt es sich hier sicher gut leben.“ Er

      konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Elektrizität gibt es hier auch nicht, dafür aber reichlich Kerzen und

      Öllampen. Die Zimmer sind aber in Ordnung und die Betten sind bequem und es gibt einen fantastischen

      Garten.“

      „Also für den Anfang ist das doch gar nicht so übel, oder?“

      Joaquin konnte nicht einschätzen, ob das ironisch gemeint war.

      „Wohnst du schon lange hier?“ fragte Harlekin und streckte seine Füße aus.

      „Seit dem frühen Abend. Bin auch erst heute angereist.“

      „Das heißt, du kommst gar nicht von hier?“ Harlekin schien ehrlich überrascht und hätte sich beinahe an

      seinem Tee verschluckt.

      „Nein, ich komme nicht von hier. Ich bin ebenso Gast wie du, nur dass ich ein paar Stunden früher an -

      gekommen bin. Ich stamme eigentlich aus Deutschland. Ich habe heute einen richtig anstrengenden

      Fußmarsch hinter mich gebracht und war total platt, als ich hier angekommen bin. Die Hitze hat mich echt

      geschafft. Ich habe, erst als ich vor der Tür stand, erfahren, dass im Laufe der heutigen Nacht noch drei

      weitere Gäste anreisen werden. Einer davon bist du und zwei weitere werden noch folgen.

      Da du der angekündigte Mann bist, werden die anderen Ankömmlinge die zwei Frauen sein. Die erste wird

      um 2 Uhr und die zweite und letzte um 5 Uhr morgens hier eintreffen und das bedeutet, dass wir noch eine

      lange Nacht vor uns haben.“

      „Warum kommen die Frauen nacheinander mitten in der Nacht und das in Abständen von jeweils drei

      Stunden? Und warum ist hier niemand, der uns empfängt? Ehrlich gesagt finde ich das ein bisschen seltsam.“

      Harlekin kratzte sich mit einer Hand seinen kahl geschorenen Kopf. Eine kleine Pause entstand zwischen

      ihnen.

      „Ich habe mir auch schon den Kopf darüber zerbrochen und bisher keine schlüssige Erklärung gefunden“,

      brach Joaquin das Schweigen zwischen ihnen.

      “Auch du bist drei Stunden nach mir hier aufgetaucht.“

      „Wieso bist du heute hierher angereist?“ fragte Harlekin plötzlich und musterte Joaquin aufmerksam.

      „Ich habe mehrere Briefe und eine Einladung von Madame Faunette erhalten mit der Bitte, hierher zu kommen.

      Reisetickets und Spesengeld waren in den Briefumschlägen gleich beigelegt. Sie war scheinbar eine gute

      Freundin meiner vor kurzem verstorbenen Mutter. Im Brief stand etwas über eine Erbschaft, die meine Mutter

      mir hinterlassen hat. Mehr weiß ich auch nicht. Persönlich bin ich Sophie Faunette noch nie zuvor begegnet.“

      Joaquin räusperte sich. Er wollte auf dieses Thema nicht weiter eingehen.

      „Und warum bist du hier?“ fragte er und war froh, auf diese Weise ausweichen zu können.

      „Aus einem ähnlichen Grund wie du“, antwortete Harlekin.

      „Auch ich habe vor einigen Wochen eine Einladung bekommen. Nur wurde in meinem Brief keine Erbschaft

      erwähnt. Ich wurde von Madame Faunette nur gebeten, für einen längeren Zeitraum nach Spanien zu

      kommen, weil sie mit mir über eine wichtige Angelegenheit sprechen müsse. Es würden alle anfallenden

      Kosten übernommen und in Spanien während meines Aufenthalts für mich gesorgt werden. Den Grund,

      worüber sie mit mir sprechen wollte, hat sie im Brief nicht erwähnt. Da ich zurzeit in Holland nichts Besseres

      zu tun hatte, nahm ich die Einladung an. Ein wenig spanische Sonne tut mir sicherlich gut. Hey, du bunter

      Vogel, was hältst du denn davon, meine Schulter wieder freizugeben? Deine Krallen sind messer-

      scharf und ich bekomme langsam Schieflage!“ Er gab dem Papagei einen leichten, sanften Klaps, worauf

      dieser seine Flügel ausbreitete, abhob und zurück auf seinen Käfig flog. Harlekin stand auf.

      „Vielen Dank für den Tee, der tat richtig gut. Wo kann ich denn mein bescheidenes Hab und Gut unterbringen?“

      er deutete auf seinen Rucksack, welcher an einen Stuhl gelehnt auf dem Boden stand.

      „Auf dem Küchentresen liegt ein Zimmerschlüssel für dich bereit.“ Joaquin deutete auf die Küchenzeile, stand

      ebenfalls auf und führte Harlekin zum Tresen. „Jeder Schlüssel ist mit einem Buchstaben gekennzeichnet

      und ich vermute, deiner ist der mit dem blauen „H.“

      Harlekin nahm schmunzelnd den Schlüssel an sich.

      „Die Zimmer befinden sich auf dem Flur. Die Tür mit dem blauen „H“ müsste demnach deines sein.“

      Harlekin hievte seinen Rucksack auf den Rücken. „Bin gleich wieder da!“ rief er Joaquin zu und verließ die

      Küche. Joaquin räumte die Tassen vom Tisch und stellte sie in einen großen Waschbottich, der auf dem

      Küchentresen stand. Er dachte über Harlekin nach. Irgendwie mochte er diesen komischen Kauz. Ein lustiger

      Kerl, unkonventionell und locker, der scheinbar auch noch gut mit Tieren umgehen konnte. Auf den Kopf

      schien er auch nicht gefallen zu sein. Joaquin rätselte darüber nach, welchen Beruf Harlekin in seiner Heimat

      Holland ausüben mochte.

      „Werde ihn mal bei Gelegenheit fragen“, nahm er sich vor.

      „Joaquin, Harlekin ham ´n Spleen! Joaquin, Harlekin