Axel P. Müller

Rachegold


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Maso Spielchen, das war das Ausleben seiner Brutalität.“ Erneut lief Monique im Gesicht rot an: „Ich kann ja noch verstehen, wenn er ihr im Eifer des Gefechtes mal einen Klaps auf den Po gibt, aber ein Mordversuch, das ist eine andere Kategorie, für die ich keinerlei Verständnis aufbringen kann.“

      Der Oberkommissar blickte wieder in seine Aufzeichnungen und suchte wohl eine bestimmte Notiz: „Zurück zu den Kondomen, es gibt da noch eine Unstimmigkeit. Erachten Sie es für möglich, dass ausnahmsweise von dem Verdächtigen keine Gummis zur Verhütung benutzt wurden?“

      „Wie ich bereits betont habe, war der Kerl ein Gewohnheitsmensch, der laut Cindy nie von seinen Ritualen abwich. Somit muss ich Ihre Frage verneinen. Welcher Art sind denn ihre Verletzungen?“

      Wohlfarth blätterte wieder in seinen Unterlagen. „Die Wunde am Hinterkopf stammt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einem Sturz auf eine Kommode, die entsprechende Blutreste und ausgerissene Haare aufweist. Ob sie allerdings gestoßen wurde oder im Rückwärtsgehen beim Ausweichen eines Schlages gestolpert ist, muss noch geklärt werden. Die restlichen Verletzungen an der Schläfe und Hämatome am Körper stammen wahrscheinlich von Schlägen oder Tritten. Wir müssen leider warten, bis sie aus dem Koma aufwacht, um sie dann befragen zu können. Ohne sie sind wir auf Mutmaßungen angewiesen. Zunächst gehen wir mal den gefundenen Hinweisen nach.“

      „Was gibt es denn noch für Hinweise?“

      Wir haben in der Wohnung etliche Spuren gefunden, die wir noch auswerten müssen.“ Der Polizist machte eine Pause, in der er wieder die Papiere der dünnen Akte umblätterte. „Wissen Sie, ob Frau Pátková Drogen genommen hat oder sogar süchtig war?“

      Monique sah ihr Gegenüber entrüstet an: „Nein, keinesfalls. Wir haben uns oft darüber unterhalten. Sie hatte eine wahnsinnige Angst, abhängig von dem Zeug zu werden. Sie hat auch nur gelegentlich mal eine Zigarette geraucht, aber nur in Gesellschaft, wenn alle geraucht haben. Sie hat mal ein Glas Wein oder einen Cocktail getrunken. Sie war in solchen Dingen immer äußerst zurückhaltend. Über Drogen jeglicher Art hat sie geschimpft und hatte auch keinerlei Verständnis für die Konsumenten. Sie hatte als junge Frau wohl mal ein Erlebnis gehabt, von dem sie mir erzählt hatte, nach einem gewissen Alkoholkonsum hat sie ein Freund angestiftet, mit ihr einen Joint zu rauchen, Haschisch oder Marihuana, ich kenne mich damit nicht so gut aus, danach ist ihr wohl so schlecht geworden, dass sie sich die Seele aus dem Leib gekotzt hat. Möglicherweise hatte das eher am Alkohol als an dem Haschisch gelegen, jedenfalls war das, wie sie mir sagte, das erste und das letzte Mal gewesen. Auf einer Party wurde mal ein Joint rumgereicht, sie war die einzige, die nicht an dem Ding gezogen hat. Nein, ich bin mir sicher, Drogen hat sie nicht genommen. Dafür würde ich meine Hand ins Feuer legen.“

      „Laut Gerichtsmedizin hat die Untersuchung des Opfers ergeben, dass sie noch Spuren von Ketamin im Blut hatte. Entweder sie hat es selber gespritzt oder es wurde ihr von jemandem intravenös verabreicht. Die Einstichstelle der Injektionsnadel konnte klar erkannt werden. Wahrscheinlich war das Ketamin noch mit anderen Kurzzeitnarkotika gemischt, das wird gerne gespritzt, um die Wirkung noch zu erhöhen. Nachteil oder Vorteil ist, je nachdem, aus welchem Blickwinkel man es betrachtet, man kann es nicht nach längerer Zeit nachweisen, es verflüchtigt sich. Sie sind also absolut sicher, dass sie sich diese Injektion nicht selbst gespritzt hat?“

      „Was ist das denn für ein Zeug, ich kenne mich damit nicht aus. Ist das auch eine Droge? Jedenfalls muss das woher auch immer stammen. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, sich Drogen zu spritzen.“

      „Eigentlich ist es ein anerkanntes Medikament. Je nach Dosierung, sagt man ihm eine schmerzlindernde Wirkung nach, es könnte aber auch bis zur Bewusstlosigkeit führen. Auch ist bekannt, dass es, wie andere Drogen, eine Rauschwirkung verursachen kann. Das Ketamin sollte nur von Fachleuten, die sich mit Wirkung und Dosierung auskennen, injiziert werden, wovon man aber in unserem Fall nicht ausgehen kann. Das Arzneimittel ist neben anderen Substanzen auch als K.O. Tropfen bekannt.

      Es wäre noch denkbar, dass diese Droge von einem Laien als Schmerzmittel nach dem Sturz eingesetzt worden ist, das ist zwar weit hergeholt, aber denkbar, wogegen allerdings spricht, dass die Kopfwunden nicht fachmännisch versorgt wurden. Ein Experte hätte dies garantiert getan.

      Wahrscheinlich sollte sie nach meiner Einschätzung gefügig gemacht werden und damit wurde auch der Tod der Frau Pátková billigend in Kauf genommen, wenn nicht sogar ein Totschlags- oder Mordversuch vorliegt. Aber wir werden das hoffentlich herausfinden, spätestens dann, wenn das Opfer aus dem Koma erwacht oder wenn wir den Täter gefasst haben. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis wir Klarheit haben. Zunächst müssen wir die Ergebnisse unserer Untersuchungen abwarten, wenn wir es mit einem Stammkunden zu tun haben, sollte der Täter im Handumdrehen identifiziert werden.“

      Kapitel 2

      Andreas freute sich schon auf Yvonne, obwohl sie sich erst in drei Tagen treffen wollten. Die Besuche bei ihr waren immer ein Erlebnis. Yvonne hieß eigentlich Ludmila Horáková und kam aus Tschechien, also geboren in der ehemaligen Tschechoslowakei oder CSR, wie es die so genannten Kommunisten getauft hatten. Sie hatte sich den Künstlernamen zugelegt, um ihre Herkunft zu kaschieren und für deutsche Zungen leichter aussprechbar zu sein. Ludmila klang russisch und mit denen wollte sie vom Grunde ihres Herzens nicht in Verbindung gebracht werden, solange dort ein totalitäres System herrschte. Sie hätte nichts gegen den Kommunismus in seiner ideologischen Form gehabt, aber das was dort praktiziert wurde, hatte mit den genialen Erfindern dieser Lebensform nichts, aber auch gar nichts zu tun. Auch gab es eine unangenehme Neigung vieler Mitmenschen, Namen abzukürzen, ob man wollte oder nicht. Aus Ludmila würde dann Mila oder sogar Lu und beides gefiel ihr überhaupt nicht.

      Ihr wirklicher Name und ihre Herkunft waren nur Eingeweihten oder offiziellen Stellen bekannt, auch an ihrem Klingelschild im Concordia Hochhaus stand nur ihr Pseudonym „Yvonne“. Das Haus war direkt am Rhein gelegen mit einem atemberaubenden Rundumblick auf Köln und die erstaunlich grüne und hügelige Umgebung. Andreas musste zugeben, Yvonne war ein Callgirl der besseren Sorte, keine Prostituierte der billigen Art, sowohl preislich als auch qualitativ, dafür sah sie wohl auch zu gut aus. In den lokalen Zeitungen inserierte sie als Begleitdame für seriöse Herren. Früher hatte sie sich als Escort Dame angeboten, seitdem sich aber jede billige Straßenstricherin so nannte, hatte sie die Bezeichnung in den Zeitungsannoncen geändert. Wie sie von sich selber sagte, machte sie noch lange nicht alles, was die angeblich seriösen Kunden sich von ihr wünschten. Dafür machte sie das, was sie machte, unbestreitbar äußerst geschickt und einfühlsam. Sie war auch keineswegs bereit, jeden Kunden zu akzeptieren. Wenn ein potentieller Kunde schon am Telefon unseriös wirkte oder schon auf gewisse Sexualpraktiken zu sprechen kam, lehnte sie dankend ab. Sie wollte bestimmen, ob nach einem Restaurantbesuch ein letztes Glas in ihrer Wohnung getrunken wurde oder auch nicht. Nur selten besuchte sie einen Klienten, den sie nicht kannte, auf dessen Hotelzimmer. In ihrer Stammkundschaft waren erstaunlich viele Damen, die auf Geschäftsreisen abends eine gepflegte Unterhaltung wünschten und sie als Schutzschild suchten, um nicht andauernd von Männern angemacht zu werden. Sie hatte Andreas aber nie verraten, ob sie selbst mit Frauen ins Bett ging, auf seine Frage hatte sie immer nur über den Rand ihres Glases geheimnisvoll und verführerisch einem imaginären Punkt an der Wand zugelächelt.

      Andreas liebte die Stunden mit ihr, er genoss die intelligente Unterhaltung, ihr charmantes Wesen, er war gierig nach ihren Zärtlichkeiten, die sie individuell auf ihre Kunden, die sie Freunde nannte, abgestimmt hatte. Mit ihr gab es kein normales Rendezvous, die gemeinsamen Stunden wurden zelebriert.

      Sie war fast einmeterachtzig groß und hatte nicht enden wollende Beine, langes brünettes Haar mit einem Stich ins rötliche. Ihre Figur war nicht nur für den männlichen Betrachter perfekt, obwohl ihre Geschlechtsgenossinnen immer ein paar Kleinigkeiten fanden, die sie an anderen Frauen auszusetzen hatten. War das Konkurrenzneid? So hatte eine Bekannte einmal abschätzig behauptet, als sie sich zufällig trafen, Yvonne habe einen Hängearsch. Daraufhin hatte er diese Rundungen etwas genauer unter die Lupe genommen und festgestellt, dass ihm gar nicht bewusst war, was ein Hängearsch eigentlich sein sollte. Er musste sich eingestehen, dass ihm diese ausladende hintere Front aus der Erinnerung vor dieser Bemerkung im unbekleideten Zustand