Alexandra Felleitner

Der Mensch denkt - Paul lenkt


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mit Willis Würstchen verschafft.

      Und jetzt – schon wieder dieser Blick, aber diesmal ist irgendetwas anders – Alfred holt tief Luft, was aber von der Kellnerin, die die Bestellung aufnehmen möchte, vereitelt wird. Alfred nutzt die Gelegenheit und bestellt einen „Sex on the Beach“ und wirft Sophie einen vielversprechenden Blick zu, den er unterstreicht, indem er seine Augenbrauen zwei Mal hochzieht. Sophie tut so, als wäre das nicht passiert und ordert einen „Long Island Ice Tea“.

       Das kann sie doch nicht übersehen haben. Warum reagiert sie nicht? Ein kleines Lächeln vielleicht? … Gar nichts? Ich verstehe das nicht? Wir harmonieren doch perfekt!

      „Tut mir leid für die Verspätung“, entschuldigt sich Lena und bemerkt dann erst den unerwarteten Gast.

      „Schön, dass ihr hier seid! Darf ich euch vorstellen - das ist mein Arbeitskollege Alfred.“

      Lena atmet auf und schickt insgeheim ein Dankeschön zum Himmel.

      „Vorsicht, bitte!“

      Schwungvoll stellt die Kellnerin die Drinks auf den Tisch und nimmt die Bestellung von Lena und Peter auf.

      Sophie erklärt kurz, warum sie Alfred mitgenommen hat. Lena reagiert positiv, weil sie auf Ablenkung hofft, nachdem sie zu Hause mit Peter schon wieder mal einen Streit hatte. Peter hingegen ist total genervt, erst hatten sie daheim den Streit und jetzt soll er auch noch Würstchen-Ideen sammeln!

      Nachdem alle Cocktails serviert wurden, drängt Sophie die anderen, sich Gedanken zur Würstchen-Werbung zu machen. Die eine Stunde, die sie Alfred versprochen hat, sollte doch relativ schnell vorbei gehen.

      „Wie wäre es mit verschiedenen Personen, die zu verschiedenen Zeiten Würstchen essen, zum Beispiel Handwerker, die zur 10-Uhr-Pause Würstchen essen, dann zu Mittag die alte Oma, die sich nur kleine Mahlzeiten zubereitet oder an einem regnerischen Nachmittag werden im Altenheim Würstchen gegessen statt Kaffee und Kuchen – und dann natürlich in der Familie mit Mutter, Vater und zwei Kindern werden zum Abendbrot Würstchen serviert.“

      „Nicht schlecht, Lena, aber es erinnert doch etwas an die Haarspray-Werbung, wo man eine Frau am Morgen, am Mittag und am Abend mit der gleichen Frisur glücklich an verschiedenen Orten und in verschiedenen Wetterzonen sieht. Allerdings ist der Chef von Willis Würstchen – also Willi Weber selbst – eher konservativ und deshalb behalten wir uns deine Idee mal im Hinterkopf.“

      „Wie wäre es mit einem Bauer, der im Schweinestall steht und genüsslich ein Würstchen isst oder noch besser eine Freudendame in einem Bordell sagt in verführerischem Ton “ich liebe knackige Würstchen“?“

      „Du willst doch wohl nicht ernsthaft eine Antwort für deine gute Idee, Peter?“

      Sophie ist wütend, so werden sie sicher nicht weiterkommen.

      „Heute ist wohl nicht sein produktivster Tag“, sagt Lena zu Sophie und zu Peter in übertriebenem süßlichem Ton „nicht wahr, mein Schatz?“

      „Gut, wenn ihr meine brillanten Ideen nicht haben wollt, überlegt doch alleine!“

      Peter klinkt sich aus dem Gespräch aus und schlürft beleidigt an seinem „Black Death“, während die anderen weiter überlegen.

      Ein Arbeitskollege von Peter hatte Jimmys Bar wegen dem rustikalen Ambiente und den guten Cocktails empfohlen. Obwohl Peter nun richtig schlechte Laune hat, muss er doch feststellen, dass ihm die Einrichtung gefällt. Die aus Holz gebaute Bar hat im Hintergrund in den oberen Regalen nur Spirituosen-Flaschen und in den unteren Regalen eine große Auswahl verschiedener Gläser. Ein Spiegel befindet sich im Hintergrund, der die Bar optisch größer wirken lässt.

      An der Theke stehen runde Barhocker, deren Füße aus Holz, aber die Sitzflächen aus schwarzem Leder sind. Der rustikale Dielenboden lässt die Bar insgesamt urig wirken, was durch die Bierfässer, die als Tische verwendet werden, unterstrichen wird. Gegenüber der Bar finden sich große Fenster, die mit Holzsprossen unterteilt sind und den Charakter eines alten Brauhauses haben. An den seitlichen Wänden hängen Schilder von verschiedensten Biermarken und Bilder von Pin-up-Girls aus verschiedenen Jahrzehnten.

       Insgesamt schon ein Ort, an dem man etwas länger verweilen könnte, wenn die Laune doch etwas besser wäre.

      „Peter? Natürlich bist du es! Peter!“

      Als er so im Grübeln ist, hört Peter plötzlich, wie hinter ihm jemand seinen Namen ruft. Überrascht dreht er sich um, aber er kennt die Frau nicht, die freundlich winkt.

      „Peter, welche Überraschung! Ich bin es, Larissa. Wir waren in der gleichen Schule, du warst mit meiner kleinen Schwester Annemarie in derselben Klasse, ich war zwei Klassen über euch. Du kannst dich doch bestimmt an mich erinnern?“, dabei zwinkert sie ihm neckisch zu.

      „Es gibt Einiges, woran du dich erinnern könntest!“

      „Wow, Larissa, du hast dich aber sehr verändert!“

      Peter bleibt der Mund offen stehen. Aus dem leicht pummeligen Mädchen mit braunen Haaren wurde eine wunderschöne Blondine mit einer Figur, bei der sogar ein Kaplan schwach werden würde.

      „Du kannst den Mund wieder zumachen, so sehr habe ich mich auch nicht verändert. Komm, setz dich doch ein bisschen zu mir an meinen Tisch und lass uns über alte Zeiten plaudern.“

      „Na ja, eigentlich bin ich mit meiner Freundin, nein, äh, meiner Frau, äh, meiner Frau und ihrer Freundin hier …“

      „Wie du siehst, sind sie in ihr Gespräch vertieft – und das – entschuldige bitte – hört sich nicht gerade sehr spannend an, die reden doch nur über Fleisch.“

      „Es …, es geht …, es geht … um Werbung.“

      Peter kann Larissas Blick nicht widerstehen, so geht er brav - wie ein Schaf zum Leitschaf der Herde und setzt sich an Larissas Tisch.

      Indessen arbeiten Sophie, Alfred und Lena sehr eifrig an der Werbekampagne. Viele spontane Ideen haben sie gleich wieder verworfen, weil sie entweder zu langweilig waren, zu actionreich oder zu ähnlich mit schon dagewesenen Werbungen.

      Zu neuer Ideenfindung bestellen sie sich eine zweite Runde Longdrinks, da erst bemerken sie, dass Peter nicht mehr am gleichen Tisch sitzt, so sehr waren sie im Gespräch vertieft. Lena stört das nicht unbedingt.

      „Soll er sich doch mit der Tussi unterhalten, dann haben wir wenigstens unsere Ruhe. Seine schlechte Laune kann er ruhig bei ihr abladen.“

      Die drei stürzen sich wieder in die Arbeit und es scheint nun besser voran zu gehen, zumindest haben sie nun deutlich mehr Spaß daran und amüsieren sich über die eher einfallslosen Ideen, die sie vorher schon beiseitegeschoben haben.

      „Ich stelle mir eine glückliche Fleischhacker-Familie vor, ein Vater, eine Mutter, beide so um die 35 bis 40 Jahre alt, mit zwei Kindern so 10 bis 12 Jahre alt, die glücklich in ihrem eigenen Fleischereifachgeschäft stehen und die Würstchen anpreisen – voller Stolz und Zufriedenheit, so, als wenn es nichts Wichtigeres im Leben geben würde. Und auch die Kinder sollten in einem Satz – am besten im Chor - sagen, dass Willis Würstchen ihre Lieblingsspeise sind. Dann beißen alle gleichzeitig in ein Würstchen und lächeln bis über beide Ohren – und dann Cut.“

      „Konservativ ist es ja, so wie von Willi Weber gewünscht, Alfred, aber meinst du nicht, dass es etwas lockerer auch gehen würde? Das ist ja total verklemmt – die glückliche Fleischhackerfamilie! So wie in den 80er Jahren die Zahnpasta-Werbung mit der Zahnarzt-Frau – wenn man die zum ersten Mal sieht, denkt man doch schon „um Gottes Willen“, wer hat sich denn das ausgedacht? Es sollte schon ein bisschen realitätsnahe sein.“

      „Liebe Sophie, bis jetzt ist meine Idee, die beste, die wir haben! Wenn dir nicht bald etwas „Lockeres“ einfällt, werden wir meinen Vorschlag am Montag dem Schmitt und Willi Weber präsentieren, ob es dir gefällt oder nicht!“

      „Alfred hat Recht, Sophie, etwas bieder könnte es schon sein,