Torben Stamm

Die skurrile Verwandtschaft des Friedrich K.


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Metall.

      „Links“, quakte Gustav aus Bernds und Friedrichs Kopfhörern. „Dann die breite Tür.“

      Sie öffneten die Tür und huschten in das Atelier. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, nahmen sie sich kurz Zeit, um zu verschnaufen.

      „Puh, das ist wirklich anstrengender als früher“, sagte Bernd und atmete tief durch.

      „Ich dachte, du hast die Sachen nur verkauft.“

      „Habe ich auch, aber man hört halt viel.“

      Friedrich war sich nicht so sicher, was Bernd gesehen und was er erlebt hatte. Aber er wollte es lieber auch gar nicht wissen.

      „So, dann lass uns mal umsehen“, sagte Bernd und ging langsam durch das Atelier: Die Decke bestand aus Glas. Tagsüber musste es hier sehr hell sein - im Sommer bestimmt knalle heiß, außer Grenadier hatte an eine andere umweltfreundliche Klimaanlage gedacht.

      Überall standen Leinwände herum, es roch nach Farbe und Lacken. Drahtrollen türmten sich an einer Wand.

      „Hier druckt der Kerl also sein Geld. Wie lange er wohl an einem Bild arbeitet?“, überlegte Bernd laut.

      „Wonach suchen wir denn jetzt genau?“, fragte Friedrich.

      „Ich habe keine Ahnung. Aber der Dieb wollte ja offensichtlich, dass wir uns diesen Ort näher ansehen. Das wird schon seinen Grund haben.“

      „Mhmmm“, machte Friedrich.

      „Was?“

      „Wenn er wollte, dass wir kommen, tun wir gerade das, was er wollte, oder?“

      „Ja.“

      „Meinst du, das ist so schlau?“

      Bernd zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Aber jetzt sind wir hier. Und eine andere Idee hatten wir ja nicht. Außer du hast mir einen Geistesblitz vorenthalten. In dem Fall wäre ich allerdings ziemlich sauer.“

      Friedrich ging zu einem Schreibtisch und zog eine der Schubladen auf: Noch mehr Farbe. Er schloss die Schublade und öffnete eine andere: Eine alte Kladde. Er nahm sie heraus und schlug sie auf. Er runzelte verwirrt die Stirn: „Guck mal“, sagte er und drehte sich zu Bernd um. „Das sieht seltsam aus.“

      Bernd trat neben ihn und warf ebenfalls einen Blick in das Buch: „Oh Mann“, sagte er und riss die Augen auf, was durch die Sturmhaube Friedrich verborgen blieb.

      Plötzlich knallte etwas im Haus.

      „Was war das?“, fragte Friedrich erschrocken. Bernd nahm ihm das Buch ab und steckte es sich unter seine Jacke.

      „Hallo? OB? Hier Zentrum. Ihr solltet euch verpissen. Ihr bekommt Besuch. Zwei Polizisten kommen von der Straße den Weg entlang gerannt. Sind ausnahmsweise auch mal keine fetten Bullen, sondern ziemlich sportlich. Haut ab.“

      „Komm mit“, sagte Bernd und zog Friedrich vom Schreibtisch weg. Sie öffneten die Tür und hatten das Atelier gerade verlassen, als im ganzen Haus schlagartig das Licht aufflammte.

      „Scheiße“, schimpfte Bernd. „Wir müssen uns beeilen. Hoffentlich macht meine Pumpe das mit.“

      Sie rannten den Gang entlang und erreichten eine Treppe.

      „Stopp“, sagte Friedrich und riss seinem Opa an der Schulter.

      „Was?“, fragte der.

      „Hör doch mal“, zischte Friedrich

      Bernd lauschte: Jetzt hörte er es auch: Von unten kamen Schritte!

      „Zentrum? Wo sollen wir lang? Die kommen uns entgegen!“ Bernd lauschte.

      „Zentrum? Hallo?“

      Friedrich sah sich um: Auf dem Gang gab es mehrere Türen, aber falls sie Pech hatten, landeten sie direkt in Grenadiers Schlafzimmer. Aber das Risiko mussten sie wohl eingehen.

      „Komm mit“, sagte er und stürmte kurzentschlossen auf die nächstgelegene Tür zu.

      „Warte“, zischte Bernd, folgte seinem Enkel aber trotzdem. Was sollte er auch sonst machen?

      Friedrich riss die Tür auf, Bernd folgte ihm und sie schlossen die Tür wieder leise.

      „Wo sind wir?“, fragte Bernd leise.

      „Woher soll ich das wissen?“

      „Hast du einen Plan?“

      Friedrich schüttelte den Kopf, was Bernd aber in der Dunkelheit nicht sehen konnte.

      Von der Treppe drangen Stimmen heran: „Wir gucken im Atelier nach. Mal sehen, ob da was ist.“

      Sie hörten, wie die Schritte lauter wurden, ihr Versteck passierten und vor der Tür zum Atelier verstummten.

      „Hier ist nichts“, sagte eine andere Stimme.

      „Wir müssen trotzdem nachsehen. Wenn doch was ist, sind wir die Blöden.“

      Die Tür zum Atelier wurde geöffnet.

      „Das ist unsere Chance“, sagte Bernd.

      „Nicht so hastig“, sagte eine ruhige Stimme hinter ihnen aus der Dunkelheit. Licht flammte auf: Bruno Grenadier stand keine drei Meter von ihnen entfernt und hielt einen Revolver in der Hand.

      „Was ist das denn?“, fragte Bernd irritiert. „Was machen Sie denn hier?“

      „Das ist mein Haus. Das hier ist mein Ruheraum. Ich unterbreche meine Arbeit öfters und ziehe mich zu einer schöpferischen Pause hierher zurück.“ Grenadier zeigte auf ein großes Sofa, auf dem sich mehrere Decken befanden.

      „Ich würde aber gerne wissen, mit wem ich es zu tun habe“, fuhr der Künstler fort. „Setzen Sie sich doch.“ Er deutete kurz mit dem Revolver zum Sofa. Friedrich und Bernd gingen langsam dorthin.

      „Bitte“, sagte Bernd, „Wir haben nichts gestohlen.“

      „Nein? Und was machen Sie dann hier? Nehmen Sie doch bitte zunächst mal die Masken ab.“

      Friedrich warf seinem Opa einen Blick zu, den dieser als hilfesuchend eingestuft hätte, wenn er ihn denn hätte sehen können.

      „Ich fürchte, das geht nicht“, sagte Bernd ruhig.

      „Das geht nicht? Ich werde gleich die beiden Beamten rufen, damit die euch beide dorthin bringt, wo ihr hingehört: Ins Gefängnis. Aber vorher will ich euch ins Gesicht sehen!“

      „Dann müssen Sie mir die Maske schon selbst abnehmen. Mit der Waffe machen Sie mir keine Angst: Abknallen werden Sie uns sowieso nicht.“

      Grenadier kniff verärgert die Lippen zusammen. Dann stampfte er auf Bernd zu und streckte die Hand aus, um ihm die Maske abzureißen. In dem Moment griff Bernd nach der Waffenhand, drückte sie zur Seite und versetzte Grenadier einen kurzen, aber gezielten Schlag vor den Hals. Der Künstler sank sofort zu Boden.

      „Woher kannst du denn sowas?“, fragte Friedrich erstaunt und erleichtert.

      „Lange Geschichte. Wir müssen los, komm schon. Ich denke, die Bullen sind inzwischen weg.“

      Nachbesprechung

      Bernd, Friedrich, Gustav und Yu saßen in einem Burger-Laden. Friedrich hatte sich bei der Wahl des Lokals durchgesetzt, da er nach der stressigen Nacht erstmal eine schwere, fettige Mahlzeit brauchte.

      „Was war da auf einmal los?“, fragte Bernd seinen alten Kumpel. Der nippte an einer Cola und zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Auf einmal sprangen die Bullen aus dem Streifenwagen und rannten zum Haus.“

      „Jungbullen“, sagte Bernd kopfschüttelnd. „Wieso wussten die, dass wir dort waren? Du hast doch den Alarm ausgeschaltet, dachte ich?“

      Gustav sah seine Enkelin an: „Hat der gesagt,