Torben Stamm

Die skurrile Verwandtschaft des Friedrich K.


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Dorfler hat es sich in den Kopf gesetzt, dass Sie der Dieb sind. Er wird weiter suchen. Wenn Sie den Umschlag nicht im Schreibtisch deponiert haben, war es jemand anderes. Es versucht Ihnen also entweder jemand etwas anzuhängen oder Sie sind das Opfer eines großen Zufalls. Überlegen Sie, was realistischer ist.“

      Friedrich brummte der Schädel.

      „Auf jeden Fall“, fuhr Schmidt fort, „sollten Sie mit Ihrem Großvater sprechen.“ Er zeigte die Straße entlang. „Ich habe dort drüben geparkt. Ich habe mit Ihrem Großvater vereinbart, dass ich Sie zu ihm fahre, wenn ich die kleine...Unstimmigkeit...beseitigt habe.“

      Friedrich nickte und folgte Schmidt.

      Opa Bernd

      Friedrich setzte sich an den Küchentisch in Opa Bernds Haus. Schmidt hatte ihn abgesetzt und war weitergefahren.

      „Kaffee?“, fragte Bernd. Er hantierte bereits an der Maschine herum.

      „Ja“, antwortete Friedrich. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Können Sie mir erklären, was hier los ist?“

      „Die Polizei geht davon aus, dass Sie an dem Diebstahl auf der Ausstellung beteiligt waren. Ich denke, das haben die Ihnen gesagt.“

      „Ja“, sagte Friedrich genervt. „Haben sie. Aber ich verstehe nicht warum. Weil ein Briefumschlag in meinem Schreibtisch lag? Den kann jeder da reingelegt haben.“ Er ließ sich entnervt nach hinten sinken. „Danke aber, dass Sie mir den Anwalt geschickt haben. Warum wussten Sie überhaupt, dass ich einen brauche?“

      Bernd setzte sich Friedrich gegenüber und schob ihm eine der zwei Kaffeetassen rüber, die er in der Hand hielt.

      „Das ist kompliziert. Sagen wir, ich habe befürchtet, dass sowas passieren könnte und Sie deswegen im Auge behalten.“

      „Sie? Sie haben mich im Auge behalten?“ Friedrich lachte schrill. „Sie haben mich aus diesem Haus geworfen! Ich muss Sie siezen und Sie wollen auf mich aufgepasst haben?“

      „Ich habe dich auch gewarnt. Vielleicht sollten wir das mit dem SIE aber auch lassen. Wäre das für dich in Ordnung?“

      Friedrich nickte: „Sehr gerne. Aber ich will trotzdem wissen, was hier los ist. Warum hast du befürchtet, dass sowas passieren könnte?“

      Opa Bernd leckte sich über die Oberlippe: „Weil Dorfler die Untersuchung leitet.“

      Friedrich schob die Tasse ein Stück von sich: „Was ist das mit dir und Dorfler?“

      „Was soll da sein?“

      „Du kennst ihn.“

      „Stimmt.“

      „Woher?“

      Opa Bernd trommelte mit den Fingerspitzen seiner Zeigefinger auf der Tischplatte herum. Dann schnaufte er: „Gut, ich denke, angesichts der Umstände muss ich dir ein paar Informationen zukommen lassen. Es ist aber wohl klar, dass du die für dich behalten solltest. Schon in deinem eigenen Interesse. Auch diesem Johannes sagst du nichts, klar?“

      Friedrich starrte seinen Großvater einfach nur an.

      „Also gut“, sagte Bernd. „Hat deine Mutter dir gesagt, was mein Job war?“

      „Nein. Nur, dass du dauernd unterwegs warst und dich deswegen nie um sie und ihre Mutter gekümmert hast. Sie hat keine hohe Meinung von dir.“

      „Das ist hart“, sagte Bernd sarkastisch. „Ich habe mich gekümmert. Aber meine Art des...Broterwerbs...war...speziell.“

      „Was willst du damit sagen?“

      „Ich habe als Kunsthändler gearbeitet.“

      „Kunsthändler?“

      „Ja. Freiberuflich. Dabei habe ich viele Gemälde, Skulpturen und so einen Mist verkauft. Du bekommst dann auch manchmal Dinge angeboten, wo die...Herkunft...nicht ganz nachzuvollziehen ist.“ Opa Bernd schwieg und starrte seinen Enkel an.

      „Du hast geklauten Scheiß verkauft?“, fragte Friedrich fassungslos.

      „Nein“, sagte Bernd. „Ich habe Kontakte vermittelt. Zwischen Händler 1 und Händler 2.“

      „Du bist ein Verbrecher?“

      „Ich stand niemals vor Gericht oder bin verhaftet worden. Allerdings stand öfters mal die Polizei auf der Matte und es war ein- oder zweimal etwas eng.“

      „Was hat Dorfler damit zu tun?“

      „Naja“, sagte Bernd gedehnt. „Er kennt natürlich meinen Namen. Hat versucht, mich zu kriegen. Ohne Erfolg, wie du siehst.“

      Friedrich packte sich an den Kopf: „Dann ist er wegen dir hinter mir her?“

      „Ich denke, er meint, dass ich hinter dem Plan stecke, das Bild zu klauen. Du hattest die Informationen und ich habe noch immer so viele Kontakte, dass ich so ein Ding innerhalb von 24 Stunden auf die Beine stellen könnte.“ Bernd lächelte: Er war schon etwas stolz auf seine Arbeitsleistung.

      „SCHEIßE!“, brüllte Friedrich. „Ich habe doch nichts mit dir zu tun! Du bist ein alter Sack, den ich jetzt dreimal in meinem Leben gesehen habe!“ Er schlug mit der Faust auf den Tisch: „DU machst MIR mein LEBEN KAPUTT!“

      Bernd zog die Augenbrauen zusammen: „Nein, das tue ich nicht. Ich habe nämlich nichts gemacht. Und die Polizei kann dir im Moment auch nichts. Ganz davon abgesehen finde ich es sehr unhöflich, mich so zu beschimpfen.“

      „Die Polizei kann nichts machen? Das weißt du doch gar nicht!“

      „Doch“, entgegnete Bernd, stand auf und verließ den Raum.

      „Wo willst du hin?“, rief Friedrich und wollte ihm gerade nachstürmen, als sein Opa wieder in die Küche zurückkam.

      „Als Erstes“, sagte Bernd ernst, „solltest du dein Temperament mal wieder unter Kontrolle kriegen. Ich bin nicht das Problem, sondern ein Kerl, der dir und mir versucht was anzuhängen. Wir stecken nämlich beide in der Scheiße.“ Friedrich biss sich auf die Zunge.

      „So. Zweitens habe ich...Kontakte... Die haben auch Kontakte... Und deswegen habe ich alle Ermittlungsberichte.“

      Er warf die Akte auf den Tisch, die er aus dem Altersheim mitgebracht hatte. „Da steht alles drin. Im Grunde wissen die nichts. Der Umschlag heute war der erste richtige Hinweis - der nichts wert war.“

      Friedrich setzte sich an den Tisch und starrte auf die Akte: „Wo hast du die her?“

      „Habe ich doch gesagt: Kontakte.“

      „Was bist du: Ein Verbrecher-Genie?“

      Bernd schüttelte den Kopf: „Ich habe zunächst ganz legal angefangen. Aber die Geschäfte liefen schlecht und dann wurde deine Oma schwanger. Deine Mutter war unterwegs. Ich brauchte Geld. Also habe ich angefangen, geklautes Zeug zu verkaufen. Nur ein bisschen. Allerdings habe ich schnell gemerkt, dass ich damit mehr Geld machen kann als auf legalem Weg. Ich musste eine Familie versorgen...“ Er setzte sich ebenfalls und schlug die Akte auf: „Der härteste Hinweis sind die grünen Umschläge.“ Er zeigte auf ein Foto, das einen grünen Umschlag in einem Bilderrahmen zeigte.

      „Was war da drinnen?“, fragte Friedrich.

      Bernd machte einen skeptischen Gesichtsausdruck: „Ich weiß nicht, ob es taktisch klug ist, wenn du das weißt“, sagte er.

      „Warum? Das geht mich ja wohl was an!“, sagte Friedrich und wurde wieder lauter.

      „Ganz ruhig. Ich habe kein Problem damit, wenn du es weißt. Aber die Polizei hat diese Information zurückgehalten. Es kann sein, dass sie dir irgendeine Falle stellen wollen. So in der Art: Woher wissen Sie das denn, das haben wir doch niemanden gesagt...“

      Friedrich nickte: Das klang logisch. Leider.

      „Allerdings