Torben Stamm

Die skurrile Verwandtschaft des Friedrich K.


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sie so ein hässliches Bild geklaut haben?“

      „Ja genau.“

      „Was interessiert es dich?“

      „Dorfler leitet die Ermittlungen. Und mein Enkel arbeitet für die PR-Firma, die die Show organisiert hat.“

      „Scheiße!“

      Dorfler

      Heribert Dorfler saß an seinem Schreibtisch und grübelte: Der Fall mit dem Künstler ging durch alle Medien. Sein Chef hatte ihm mächtig Druck gemacht. Außerdem war da noch der Enkel von Kammers. BERND KAMMERS! Er hasste diesen Kerl!

      „Was guckst du so grimmig?“, fragte Gerard, als er das Büro betrat, das er sich mit Dorfler teilte. „Siehst aus, als würdest du gleich platzen.“

      Dorfler schaute ihn böse an: „Wir sind uns einig, dass der Dieb nicht alleine gearbeitet hat. Und wir wissen, dass er einen Insider in der Firma gehabt haben muss. Einer, der ihn mit Infos versorgt hat.“

      „Richtig.“

      „Es wird wahrscheinlich jemand sein, der vor Ort war. Wer hätte ein Motiv?“

      Gerard dachte nach: „Keine Ahnung. Die Firma hat eigentlich absolut gar kein Interesse daran, dass auf einem Event von ihnen was geklaut wird. Das spricht sich rum und ist total scheiße fürs Geschäft!“

      „Außer, die Firma behandelt dich wie den letzten Dreck.“

      „Worauf willst du hinaus?“

      „Denk mal nach: Wen behandelt die Firma nicht gut und wer war vor Ort?“

      Telefon

      Als das Telefon klingelte, lag Friedrich auf dem Sofa und verzog genervt das Gesicht: Eigentlich wollte er gerade nur seine Ruhe haben. Er schnaufte genervt, griff dann aber dennoch nach dem technischen Quälgeist: „Ja?“, fragte er, bemüht, nicht zu höflich zu klingen - was nicht gerade schwierig war.

      „Friedrich! Endlich höre ich mal was von dir!“

      Friedrich verdrehte die Augen, was seine Mutter zum Glück nicht sehen konnte.

      „Du hast dich gar nicht gemeldet. Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Wir hatten doch abgesprochen, dass du dich jeden Tag mal meldest. Zumindest mal ne SMS hättest du schreiben können! Ist das denn wirklich zu viel verlangt?“

      Friedrich versuchte sie zu beruhigen: „Alles in Ordnung. Ich hatte nur etwas Stress.“

      „Läuft es auf der Arbeit nicht so gut? Du meintest, du hättest da so ein wichtiges Projekt? Klappt alles?“

      Friedrich biss sich auf die Unterlippe: Wenn er seiner Mutter etwas von dem Diebstahl erzählte, würde sie das nur aufregen.

      „Nein, da klappt alles super“, sagte er und wechselte schnell das Thema: „Ich war heute bei Opa Bernd.“

      „Ah“, sagte seine Mutter überrascht. „Und, wie war es?“

      Friedrich hätte sich am liebsten über den alten Mistkerl aufgeregt, aber er wusste genau, wie viel seiner Mutter eine intakte Familie bedeutete, auch wenn der Zusammenhalt nur an der Oberfläche existierte.

      „Naja. Wir lernen uns kennen.“

      „Sehr schön“, freute sich seine Mutter. „Er ist etwas kauzig. Hat seinen eigenen Kopf. Aber wenn du ihn mal besser kennengelernt hast, wirst du ihn mögen.“

      Friedrich war sich ziemlich sicher, dass dem nicht so war.

      „Wann trefft ihr euch denn wieder?“, tönte es aus dem Hörer.

      „Ach, da haben wir noch gar nicht drüber gesprochen. Ich meine, man sollte es ja auch nicht übertreiben.“

      „Aber warte nicht zu lange. Er ist ja auch nicht mehr der Jüngste. Wenn du zu lange wartest, könntest du dich irgendwann ärgern, wenn es zu spät ist.“

      Friedrich lächelte: Seine Mutter hatte manchmal so eine gewisse Art, die zwischen gefühlvoll und taktlos schwankte.

      Erneute Gespräche

      „Ich verstehe nicht, wie ich Ihnen helfen soll“, sagte Friedrich irritiert. „Wenn es wieder um meinen Großvater geht, der heißt Bernd Kammers. Sie können ihn gerne besuchen, er freut sich sicherlich.“ Mehr oder weniger zumindest.

      Dorfler, Gerards und Friedrich befanden sich in Dorflers Büro. Die Beamten hatten Friedrich am Morgen aufs Revier bestellt. Gerards stand am Fenster, Dorfler und Friedrich saßen auf unterschiedlichen Seiten des Schreibtischs.

      „Ich denke, Sie können uns sehr wohl helfen, Herr Kammers. Wissen Sie, wir haben noch Schwierigkeiten damit, den Tathergang genau zu rekonstruieren. Das Gebäude ist zwar mit Sicherheitskameras ausgestattet, aber diese waren aus einem unerfindlichen Grund, ausgeschaltet.“ Dorfler schwitzte schon wieder.

      „Aha.“

      Dorfler nahm sich einen Kugelschreiber und begann, mit diesem herumzuspielen: „Sie waren bei der fingierten Attacke des Bildes also in erster Reihe dabei, sehe ich das richtig?“

      „Ja, so ist es. Wir haben Schreie gehört und sind dann losgerannt. Wir dachten, jemand bräuchte vielleicht Hilfe.“

      „Sehr mutig“, warf Gerard ein.

      Friedrich zuckte mit den Schultern: „War wohl eher so ein Reflex.“

      „Und dann?“, fragte Dorfler.

      „Dann haben sich die Leute wieder verteilt, nachdem die Show vorbei war. Wir auch. Wir wollten eigentlich ein bisschen Pause machen. Nauz ist ziemlich streng und wir waren schon den ganzen Tag auf den Beinen.“

      „Weiter.“

      „Dann haben wir gehört, wie jemand sowas sagte wie OCH, NOCHMAL? Also nicht wortwörtlich, aber sowas in der Art. Wir sind dann dorthin gegangen und haben den Umschlag im Bild gesehen. Und dann kam auch schon Grenadier dazu.“ Friedrich machte eine kurze Pause, dann fragte er vorsichtig: „Was war denn in dem Umschlag?“

      „Das können wir leider nicht sagen. Ist etwas kompliziert. Ermittlungsgeheimnis und so.“

      „Verstehe.“

      Dorfler drehte sich um und holte aus einem Regel, das hinter dem Schreibtisch stand, ein A3- Papier. Er legte es auf den Schreibtisch: „Das hier ist ein Grundriss des Gebäudes.“ Er zeigte mit seinem Zeigefinger auf verschiedene Stellen des Plans: „Hier ist das Bild, das zerstört wurde. Hier haben wir den leeren Bilderrahmen sichergestellt. Zeichnen Sie doch bitte einmal ein, wo Sie gestanden haben und wie Sie dann genau gelaufen sind.“ Er hielt Friedrich den Kugelschreiber hin.

      Friedrich runzelte die Stirn: „Warum?“

      „Weil wir keine Kameraaufnahmen haben. Wir machen das routinemäßig. Auf diese Weise können wir uns einen besseren Überblick verschaffen.“ Dorfler machte mit dem Kugelschreiber eine auffordernde Handbewegung. Friedrich konnte den Kerl nicht leiden, nahm aber den Kugelschreiber und zeichnete ein Kreuz auf den Plan: „Hier haben wir zuerst gestanden“, sagte er. „Dann sind wir hierher gegangen, als das mit dem Bild war.“ Er zeichnete eine gestrichelte Linie zum Bild und machte dort ein Kreuz. „Von dort aus dann nach hier...und dann nach hier.“

      „Danke“, sagte Dorfler und nahm den Plan an sich. „Dann wären wir auch schon fertig.“

      Elsbeth

      Opa Bernd betrat das Altersheim und ging direkt zu einem Fahrstuhl. Er hasste es, hierher kommen zu müssen, aber Elsbeth war aus offensichtlichen Gründen nicht mehr das, was man gemeinhin MOBIL nannte.

      Altersheime deprimierten ihn. Sie