Michael Hamberger

Der geheime Pfad von Cholula


Скачать книгу

Helfer, oder sogar ihn selbst, sah?

      Die Frau tat ihr furchtbar leid und es zerriss ihr das Herz, aber sie konnte sich den Luxus nicht leisten, diese eventuelle Spur zu verlieren. Also fragte Layla:

      „Señora, haben Sie schon einmal von den entführten Frauen hier in Cholula gehört?“

      Die alte Frau begann wieder zu weinen und musste eine Pause machen. Sie setzten sich auf einen großen Stein, der am Wegrand stand. Layla hatte nicht übel Lust, sich selbst für die Pietätlosigkeit ins Gesicht zu schlagen, aber die Frau schien es ihr nicht übel zu nehmen. Sie antwortete:

      „Señorita, ich denke andauernd daran. Was, wenn diese Teufel sie geholt haben?“

      Layla war erschüttert. Sie war sich mittlerweile fast sicher, dass Sergio Alcazar und Antonio Gonzales López dahinter steckten. Was für ein Zufall, dass sie die Frau genau hier gefunden hatte! Aber war es wirklich Zufall gewesen? Sie nahm das Amulett aus ihrer Bluse und betrachtete es. War es im Auto nicht plötzlich wärmer geworden und hatte sich ihr Blick dann nicht wie gesteuert direkt der Pyramide zugewandt. Wollte das Amulett etwa, dass sie die Frau fand? Layla hätte fast laut aufgelacht. Für solch einen Gedanken hätte sie sich bis vor kurzem noch selbst ins Irrenhaus eingeliefert. Die Frau hatte sich wieder soweit beruhigt, dass sie mit ihrer Befragung fortfahren konnte.

      „Señora, haben Sie schon einmal etwas vom geheimen Pfad von Cholula gehört?“

      Mit großen Augen sah die Frau Layla an. Layla konnte die Gedanken fast sehen, die der armen Frau durch den Kopf gingen. Erst war da großes Erstaunen, dann Ablehnung, dann Zweifel und dann Schock über die Konklusionen zu sehen.

      „Denken Sie wirklich…. Nein, dass kann nicht sein, oder doch, ich weiß nicht?“

      „Was wissen Sie vom geheimen Pfad!“

      „Nicht viel, nur das, was meine Großmutter mir erzählt hat. Niemand weiß genau wo er beginnt. Viele sagen, dass er in dem Hinterhof eines Hauses beginnt. Ich habe aber auch schon gehört, dass man nur über den hinteren Eingang einer entweihten Kirche dorthin kommt.“

      Dabei hob sie verschwörerisch den Zeigefinger der rechten Hand in die Höhe, um das Gesagte zu betonen. Es schien klar, dass sie wohl eher an das letztere glaubte. Nach einer kurzen Pause, in der sie wild mit dem Zeigefinger gestikulierte, fuhr sie dann fort:

      „Aber was dabei wahr ist und was Legende, weiß ich natürlich nicht. Auf jeden Fall soll dieser Pfad direkt in die Hölle führen. Mann sagt auch, dass niemand, der diesen Weg je betreten hätte, wieder zurückgekehrt sei!“

      Die alte Frau bekreuzigte sich. Layla beschoss die Befragung zu beenden. Die arme Frau hatte genug unter ihrer herzlosen Befragung gelitten. Also standen die beiden auf und führten ihren Weg fort. Unten angekommen rannte ihnen ein junger Mann entgegen und nahm die arme, alte Frau in Empfang. Er hatte sie anscheinend verzweifelt gesucht. Die Frau machte sich noch mal los und rief Layla zu:

      „Finden Sie meine Enkelin, Finden Sie meine Maria Rosita“

      Layla lächelte gequält und winkte der Frau zu. Sie hoffte, dass sie der armen Frau keine falschen Hoffungen gemacht hatte. Sie glaubte nämlich nicht, dass die Enkelin noch lebte.

      Da erblickte Layla endlich den Priester. „Da kann ich lange da oben suchen, wenn er hier unten ist“, dachte Layla und ging auf dem Geistlichen zu. Der Mann bemerkte Layla und lächelte sie freundlich an. Layla fragte:

      „Pater, kann ich Ihnen einige Fragen stellen?“

      „Gerne, mein Kind, was hast Du denn auf dem Herzen!“

      „Haben Sie die arme alte Frau gesehen, mit der ich von der Kirche herunterkam?“

      „Teresa Rojas, ja, ich kenne Sie!“

      „Wissen Sie auch, was mit ihrer Enkelin passiert ist?

      „Ja, bedauernswerterweise starb sie gestern bei einem Autounfall. Wir haben gerade für sie gebetet!“

      „Wissen Sie auch von den seltsamen Umständen des Unfalls?“

      „Das der Körper nicht gefunden wurde, ja, auch dies ist mir bekannt!“

      „Dann haben sie sicher auch von den Schlussfolgerungen gehört, auf die man kommen könnte!“

      „Worauf wollen Sie hinaus?“

      „Dass hier und in Puebla junge Frauen gezielt entführt werden“

      „Doch, das habe ich, aber so was passiert bedauernswerterweise immer wieder in Mexiko, wobei ich da nicht sagen würde, dass dies wirklich gezielte Entführungen sein müssen!“

      „Haben Sie schon einmal etwas vom geheimen Pfad von Cholula gehört?“

      „Junge Frau, ich glaube an Gott und die heilige katholische Kirche, aber mit Sicherheit glaube ich nicht an solch einen Humbug!“

      „Gibt es hier in Cholula eine entweihte Kirche?“

      „Sie geben wohl nicht so leicht auf? Ja, es gibt tatsächlich eine entweihte Kirche hier in Cholula, direkt am westlichen Ortsausgang, direkt am Weg hoch zum Popocatépetl!“

      Er zögerte. Layla wusste nicht, ob er das Gespräch beenden wollte, oder ob er sie für ihre Unverschämtheit schelten wollte.

      „Señorita, ich kann sie nur eindringlich warnen. Verschwenden Sie hier nicht ihre Zeit, lassen sie die Toten ruhen!“

      Layla sah dem Priester an, dass er mehr wusste, viel mehr. So, wie der Pater erschrocken war, als sie den geheimen Pfad erwähnt hatte, war dies wohl offensichtlich. Jedoch hatte der Mann Angst, große Angst. Layla wunderte sich, warum er ihr dann trotzdem so bereitwillig die Info über die entweihte Kirche gegeben hatte. Sie glaubte nicht, dass diese Information so offen zugänglich wäre. Es wurde mit Sicherheit nicht einfach in die Stadtchronik aufgenommen worden sein. Gut, im Internet hätte sie es wahrscheinlich dann doch gefunden, aber mit wesentlich mehr Mühe. War es demnach der falsche Weg? Es war einfach so ein Schuss ins Blaue gewesen, dass sie den Pater danach gefragt hatte. Einfach nur, um zu sehen, wie der Geistliche reagiert. Sie hatte gemerkt, dass er ein sehr eindrucksvolles Gesicht hatte, indem man die Emotionen gut ablesen konnte. Nur hatte sie die Reaktion des Mannes dann doch überrascht. Es war Panik in seinem Blick, fast Todesangst. Das würde wiederum darauf hindeuten, dass sie Recht hatte. Jedoch hatte er trotz der Panik dann doch bereitwillig und wahrheitsgemäß geantwortet, ohne wenigstens zu versuchen alles zu leugnen. Dies ließ eher auf das Gegenteil schließen. Layla war verwirrt. Eines war jedoch klar. Es musste überprüft werden. Sie hoffte, dass sie dort einen Hinweis finden würde. Wenn es, wie die zweite Möglichkeit letztendlich nur der Hinterhof eines Hauses war, der auf den geheimen Pfad führte, dann konnte sie suchen, bis sie schwarz wurde.

      Ihr Handy vibrierte wie wild in ihrer Tasche und riss sie aus ihren Gedanken. „Aha, Daniel meldet sich“, dachte Layla und nahm ihr Handy aus der Tasche. Daniel war ganz außer sich:

      „Layla, schnell, es ist etwas Furchtbares passiert!“

      In Layla stieg die Panik auf und die wildesten Bilder erschienen auf dem inneren Bildschirm ihre Fantasie. Sie konnte das Handy kaum ruhig halten, als sie antwortete:

      „Was ist den los, Daniel? Wo bist Du?“

      „Ich bin im Zentrum, Lupi ist entführt worden!“

      Layla zog es den Boden unter den Füssen weg. Also doch, sie hatte ihre heiß geliebt Lupi doch ins Verderben gestürzt. Steckten da etwa auch Sergio Alcazar und sein Schwanzlutscher Antonio Gonzales López dahinter? „Wenn diese Bestien ihr was angetan haben, dann werde ich sie bis in die Hölle hinein verfolgen und ihren verschissenen Arsch in eine erdstationären Umlaufbahn treten“ dachte Layla. Das gab ihr wieder Kraft. Entschlossen stand sie auf und sagte zu Daniel:

      „Bleib, wo Du bist, ich bin so schnell ich kann, bei Dir!“

      11

      Layla konnte sich gar nicht an die Fahrt von