Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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Deutschen Eck mit seinem mächtigen Kaiser-Wilhelm-Denkmal wegen des zu erwartenden Andrangs der Zuschauer für Autos gesperrt war, versuchten wir es auf Anraten des Fremdenverkehrsvereins ausnahmsweise auf dem auf der anderen Seite zwischen beiden Flüssen liegenden Campingplatz, der sich aber leider als restlos voll erwies. weil die Nachfrage jedoch sehr groß war, entschloss man sich zu unserer Freude, zusätzlich eine große, etwas erhöhte Wiese nebenan zu öffnen, auf der wir sogar einen Platz in der ersten Reihe ergatterten. Den Rest des Nachmittags verbrachten wir damit, von unseren Liegen aus den herrlichen Blick auf den belebten Rhein und die sich gegenüber auf hohem schroffen Fels majestätisch erhebende Festung Ehrenbreitstein zu genießen, bis ein kräftiges Gewitter uns ins gemütliche Innere flüchten ließ.

      Der Samstagmorgen zeigte sich zunächst bedeckt, gegen Mittag strahlte die Sonne jedoch wieder von wolkenlosem blauen Himmel, genau richtig für die dann beginnenden Vorführungen auf Rhein und Mosel. Pioniere in Schlauchbooten und Fallschirmspringer zeigten ihre Geschicklichkeit, Boote der Feuerwehr sprühten hohe silbrige Fontänen, während wunderschön anzusehende bunte Heißluftballons in großer Zahl über uns hinwegschwebten. Nach Einbruch der Dunkelheit begann dann das eigentliche Spektakel, die Lichter auf den Brücken und an den Ufern erloschen, die Zuschauer standen dicht gedrängt, als hinter der nächsten Kurve rheinaufwärts in langsamer Fahrt ein prächtig rot illuminiertes Schiff nach dem anderen auftauchte - die Fahrrinne war schon eine Weile vorher für den Berufsverkehr in beiden Richtungen gesperrt worden - bis schließlich ein Gewimmel von siebzig leicht schwankenden Booten den Rhein in ein flammendrotes Meer verwandelte. Überall an den Ufern bengalische Feuer, vom steil aufragenden Festungsfelsen wie ein rot leuchtender Wasserfall herabschwebend. Dann um kurz vor Mitternacht als Krönung von der Burg aus ein halbstündiges überwältigendes Höhenfeuerwerk; für uns zwei Romantiker das i-Tüpfelchen auf unserer gelungenen Urlaubsreise über 6.066 Kilometer!

      An Frankreichs Küsten von Nord nach West und längs der Ufer der Loire

      Im Sommer 1986 war FRANKREICH unser Ziel, bisher nur als Durchfahrtsland bekannt - ausgenommen die romantische, teilweise mondäne Mittelmeerküste - als es uns in früheren Jahren mit unseren beiden noch kleinen Töchtern an die sonnigen Buchten Spaniens zog. Unser Hauptinteresse galt den Küstenregionen der NORMANDIE, der BRETAGNE und der CÔTE D´ARGENT. Strahlender Sonnenschein begleitete uns wieder, als wir am Nachmittag des 13. August, also mitten in der Woche, in bester Urlaubsstimmung aufbrachen. Schnell waren wir an der

      - BELGISCHEN GRENZE -;

      von der geschäftigen Industriestadt Lüttich aus folgten wir dem Südufer der Maas, nur minder schöne Industrielandschaft auf beiden Seiten, bis uns am Abend der erste Stehplatz für die Nacht, direkt am Fluss etwas erhöht gelegen mit herrlichem Ausblick auf ein idyllisches Örtchen am anderen Ufer und die dahinter aufsteigenden bewaldeten Hügel entschädigte.

      Weiter ging`s bei anhaltendem Sommerwetter und angenehmen 25°C noch eine Weile an der inzwischen landschaftlich schöneren Maas entlang, die wir in Namur wieder verließen, schon von weitem grüßte die hoch über der Stadt thronende mächtige Zitadelle. Noch etwa 110 km trennten uns von der

      - FRANZÖSISCHEN GRENZE -.

      Nach kurzem Überprüfen der Pässe von freundlichen Zöllnern durchgewinkt, setzten wir unsere Fahrt auf verkehrsarmer Nebenstrecke fort, des Öfteren mitten durch kleine, mehr oder minder gepflegte Ortschaften, bis wir einem Hinweis auf einen Soldatenfriedhof folgten, monumental direkt an der Somme gelegen, Tausende von schlichten Kreuzen dicht an dicht ließen uns erschauern. Ein Juwel erwartete uns in der nahen Stadt Amiens, die gewaltige Kathedrale Notre-Dame aus dem 13. Jahrhundert, ein Meisterwerk der Gotik und zugleich die größte Kirche Frankreichs, seit 1981 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehörend; am schönsten die Westfassade mit ihren drei mächtigen Portalen und reichem Figurenschmuck unterhalb des großen mit Rosetten kunstvoll gestalteten runden Fensters. Dank nahem Parkplatz konnten wir dieses Kleinod auch von innen besichtigen, sehr eindrucksvoll das 42 m hohe Kirchenschiff und das Chorgestühl aus dem 16. Jahrhundert.

      Nach diesem Kunstgenuss zog es uns auf direktem Weg an die noch etwa 80 km entfernte Kanalküste, die wir am frühen Abend mit der kleinen Hafenstadt

      - Le Tréport -

      erreichten. Ein Stehplatz für die Nacht war auch schnell gefunden, in Nachbarschaft von drei anderen Wohnmobilen direkt auf der breiten Mole mit Blick auf die Hafenausfahrt und die sich gegenüber steil erhebenden schroffen Kalkfelsen, auf deren graugrüner Kuppe einige kleine Häuschen thronten. In einem nahen gemütlichen Fischrestaurant hatten wir zum ersten Mal die Möglichkeit, die so viel gepriesene französische Küche zu testen; bis auf die frischen Austern auf dem Vorspeisenteller, die bei mir während des Schlürfens trotz des Spritzers frischer Zitrone einen leichten Brechreiz verursachten, war alles exquisit, die zart gegrillte Goldbrasse, umlegt mit bunter Gemüseauswahl inklusive neuer Kartoffeln und zum leckeren Abschluss der exotische Obstsalat. Nach zwei Stunden und dem Genuss von anderthalb Litern trockenem Rosé kehrten wir recht beschwingt zu unserem Mobi zurück.

      Nicht zu fassen, dreißig weitere mehr oder minder große Exemplare waren in der Zwischenzeit eingetroffen und standen in Reih und Glied, das hatten wir noch nie erlebt, jedenfalls würden wir mit „Flankenschutz“ zu beiden Seiten schlafen wie in Abrahams Schoß. Zunächst war daran aber gar nicht zu denken, in völliger Dunkelheit, die Straßenlaternen waren erloschen, näherte sich uns ein endloser Zug schwankender kunterbunter Lampions, erhellt von flackernden Kerzen, vorweg gab eine zehnköpfige Kapelle ihr Bestes, den Gesang der ihnen folgenden Kinder nebst Angehörigen mühelos übertönend. Als Krönung dann vom Kalkfelsen herab ein gewaltiges Höhenfeuerwerk, Begeisterung auf allen Seiten.

      Auf sehr schöner Strecke immer entlang der Kanalküste ging es am nächsten Tag weiter, die anfänglich dicken Wolken machten schnell wieder strahlender Sonne Platz. Kleine und größere Badeorte wechselten sich ab, alle wegen der Ferien in Frankreich sehr belebt; die übliche nachmittägliche Teepause fand vor der imposanten Kulisse der weißen Kreidefelsen von Etretat statt, die sich am Ende einer lang gestreckten feinsandigen Bucht sehr eindrucksvoll, zum Teil über 90 m hoch erheben, einige bilden natürliche Brücken, andere stehen aufrecht wie Pfeiler im Meer.

      Nur etwa 30 km weiter Frankreichs wichtigster Atlantikhafen Le Havre am Nordufer der hier 9 km breiten Seinemündung. Ausgedehnte Industrieanlagen und Erdölraffinerien bestimmen das Bild, keine schöne Stehmöglichkeit am Wasser; die fanden wir erst, nachdem wir auf einer modernen Hängebrücke hinüber auf das andere Ufer gewechselt hatten, in dem hübschen Fischerstädtchen

      - Honfleur -

      mit seinen schönen alten Häusern, zum Teil noch aus der Zeit der Normannen bzw. Wikinger, die im 8. bis 11. Jahrhundert als Seeräuber, Kaufleute und Staatengründer die Küsten Europas heimsuchten.

      Den tollen Platz direkt gegenüber der Hafeneinfahrt teilten wir uns mit 19 weiteren Wohnmobilen verschiedener Nationen. Wir taten es unseren freundlich herüberwinkenden Nachbarn gleich und genossen auf unseren flugs hervorgeholten bequemen Klappstühlen die noch immer wärmenden Strahlen der Abendsonne, das rege Leben und Treiben auf der Promenade und das bunte Gewimmel der behäbigen Fischerboote und schnittigen Yachten beobachtend, die sich immer wieder abwartend vor der sich in regelmäßigen Abständen für den laufenden Straßenverkehr senkenden Hubbrücke versammelten. Abendessen gab es erst zu vorgerückter Stunde aus noch reichlich vorhandenen leckeren Vorräten an Bord.

      Am