Manja Gautschi

Steintränen


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wurde er binnen einiger weniger Monaten zum ‚Supersoldaten’. Richtig cool. Er fühlte sich plötzlich grandios.

      Und als ihn dieser grinsende Commander, oder was auch immer, auch noch gefragt hatte, ob er in eines seiner Teams wolle... war Gregs Traum in Erfüllung gegangen. Endlich ein ‚Supersoldat’ im coolen, aufregenden Ausseneinsatz. Er war so stolz und dieser Bachschaum so dick. Greg lächelte. ‚Pfeiffe‘ dachte er.

      Dass er für den Rest seines Lebens nun von diesen Serumsinjektionen abhängig war, war der einzige, kleine Makel. Diese monatlichen Spritzen taten denn auch jedes Mal aufs Neue höllisch weh. Für mindestens 3 Tage fühlte er sich danach wie ein 100-jähriger alter Mann, der sich vor Muskel- und Gelenkschmerzen kaum bewegen kann. Aber was sind schon 3 Tage im Monat? Frauen haben das von Geburt an. Also was soll’s.

      Schlimmer als die Injektionen selbst war es nämlich die Injektion zu spät zu setzen. Ein paar Tage genügten und er drohte zu ersticken. Die Lungen brannten, fühlten sich an, als ob sie gleich in Flammen aufgehen und ein Loch in seine Brust brennen würden. Mehr als einmal hatten sie das im Labor getestet. Das ein oder andere Mal war er bestimmt fast daran gestorben. Er verstand Jeff nicht, dass er nicht auch ‚Ja’ gesagt hatte. Ist im Labor geblieben, der Trottel! Ein klein Wenig war Greg deswegen enttäuscht. Sein Freund hatte ihn allein gelassen. Irgendwie.

      ‚Naja’ Greg schüttelte den Gedanken weg. Sah hinunter auf seine neue Uniform. Mann! sah er gut aus. Fühlte sich super.

      „Was grinst du da so dumm herum?! Beweg gefälligst deinen Hintern.“ unterbrach eine kantige Frauenstimme Gregs Gedanken. 'Jah!' dachte Greg, grinste weiter 'Genau das liebte er. Derbe Umgangsweise, Geschrei und Sprüche. So cool!

      "Mensch Klara. Musst du so schreien? Wir sind doch nicht auf dem Feld. Es geht auch leiser." hörte Greg eine weitere, deutlich freundlichere Frauenstimme. Sein Gehör hatte sich durch dieses Serum ebenfalls verbessert. Einfach stark!

      Aber diese Stimme kam ihm bekannt vor? Nun drehte er sich doch um und beschloss nicht weiter herumzustehen. Seine Arbeit zu erledigen.

      Einen Stapel Akten unter dem Arm. Die Haare streng zu einem Knopf zusammengebunden, frische Uniform. Die Frau blieb mit offenem Mund vor Greg stehen. Greg grinste stolz.

      "Greg!" staunte Simone. "Hab ich richtig gehört. Simone!" gab Greg zurück.

      Simone legte die Unterlagen auf den Boden und fiel Greg um den Hals. "Bin ich froh dich zu sehen!" sagte sie. Drückte Greg so fest sie konnte und Greg sie. "Tut das gut!"

      Danach stellte sie sich vor ihn hin. Betrachtete ihn. "Wahnsinn! Du siehst gut aus. Richtig gut. Wie geht es dir? Wo ist Jeff? Wie lange seid ihr schon hier?" „He, he. Mach langsam. Ich finde es auch schön dich zu sehen. Du siehst natürlich auch toll aus. Wie immer. Ist schon eine Weile her seit....“ Greg räusperte sich „Naja, du weißt schon.“ „Und Jeff? Wo ist er?“ Greg schüttelte den Kopf, schwankte zwischen Beschämtheit und Wut. Es war ihm bewusst, dass er Simone mit seiner Antwort entweder enttäuschen oder erzürnen würde. Beides wollte er nicht. Also zögerte er merklich.

      Das Strahlen auf Simones Gesicht verschwand trotzdem. Sie blickte kritisch, fragend. Ahnte was Gregs Antwort sein wird. In ihrer Uniform wirkte das schon fast bedrohlich, fand Greg. „Ist ihm was passiert? Was ist mit ihm?“ Greg schwieg weiter.

      „Ah! Wie ich sehe habt ihr euch bereits getroffen. Sehr gut.“ Djorak lief nun ebenfalls durch den Gang zu dieesm Büro. Blieb neben Simone stehen, hatte sein übliches, kühles Grinsen im Gesicht.

      Das Terra Sonnensystem hatte die Anlagen des trotarischen Arbeitslagers auf Steinwelten eingenommen und als Kommandozentrale eingerichtet. In Gefechtsszeiten eignete sich eine Gefängnisanlage als Kommandozentrale wunderbar: Abgelegen, geschützt, mit Büros und Zellen für allfällige Gefangene. Ideal. Das Arbeitslager von Trotarum erfüllte alle Kriterien. Und viele Gefangene konnten gleich als neue ortskundige Soldaten rekrutiert werden. Ein weiteres Plus der Anlage waren die eigenen Felder, die zur Selbstversorgung dienten. Die Berge auf der einen Seite boten zudem einen gewissen Schutz vor unerwünschten Angriffen, zumal es hinter den Bergen nur Wüste und Steine gab, wo sich keine Siedlungen mehr befanden. Aber die Gleiter unbemerkt landen und parkieren konnten, denn die Zone befand sich ausserhalb der Sensorenreichweite Rotsands.

      Und genau hier, hatte der Feldherr Peter Bachschaum zu einer Besprechung geladen, wohin Simone und Djorak unterwegs waren. Gregs Schattenteam war für die Bewachung auf diesem Stockwerk zuständig. Die sechs Mitglieder hatten sich aufgeteilt und patroullierten auf den Gängen. Darum hatte Klara vorhin Greg so angeschnauzt: Er war einfach stehengeblieben, hatte das Treiben, nein SICH!, beobachtet.

      Böse blickte Simone in Djoraks grinsendes Gesicht. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, jedes Mal wenn sie diesen Typen ansehen musste. Fürchterlich, wie konnte man nur so verschlagen und falsch sein.

      „Wie du siehst, habe ich mein Wort gehalten.“ meinte Djorak. „Ich hoffe, du hältst auch deines.“ „Nein“ antwortete Simone barsch. Greg war überrascht, er verstand nicht, wovon die beiden sprachen. Djorak grinste weiter.

      „Ich hatte gesagt BEIDE. Wo ist Jeff? Jeff Edelmann?! Ich kann ihn nicht sehen.“ sagte Simone weiter. „Och komm schon. Jetzt sei nicht so kleinlich. Ich habe auch meine Grenzen, weißt du. Ich bin kein Gott.“ „Aber du benimmst dich so, also ‚nein’. Erst wenn...“ Djorak hob die Hand „Schon gut, warte.“ er schüttelte den Kopf, hob die Schultern „Ich hab’s versucht, aber Torns und Kitel halten die Hand auf ihm. Da konnte ich nichts tun. Wirklich. Keine Chance.“ „Dann ist unsere Abmachung nichtig.“ bestimmte Simone. So langsam dämmerte es Greg, worauf diese Diskussion hinauslief und es gefiel ihm nicht.

      Immer noch lächelnd antwortete Djorak „Siehst du, genau deswegen möchte ich, dass du auch für mich arbeitest. Konsequent, direkt, bestimmt. Weicheier kann ich keine gebrauchen. Fabelhaft.“ kopfschüttelnd hörte sich Simone Djoraks lobende Worte an. ‚Ein unglaublicher Mistkerl.’ dachte sie. „Ist dein Problem. Hol ihn da raus.“ „Oder Greg wieder hinein.“ ergänzte Djorak lächelnd. Simone stockte der Atem. „Das wirst du nicht tun.“ Djoraks Lächeln verschwand „Und ob. Ist einfacher als umgekehrt. Glaub mir.“ drohte er. Greg holte Luft, wollte etwas entgegnen, aber Djorak hob sofort mahnend seinen Zeigefinger um ihn zu stoppen. Dann neigte er sich etwas nach vorne, flüsterte zu Simone „Würde mich kein Augenzwinkern kosten.“ er stellte sich wieder aufrecht hin, senkte den Zeigefinger und ergänzte in normaler Lautstärke „Und zudem wollte er gar nicht. Selbst wenn ich ihn hätte rausholen können, er wäre nicht mitgekommen.“ lächelnd schloss er die Diskussion mit „Was für ein Dummkopf.“

      „Stimmt das?“ stellte Simone die Frage an Greg, der mit einem beschämten Nicken bejahte. Genau beobachtete Simone Gregs Gesichtsausdruck. ‚Würde er sie anlügen?‘ Sie dachte nach. Überlegte und kam enttäuscht selbst zum Schluss, dass es schon stimmen würde. Sie konnte sich eigentlich gut vorstellen, dass sich Jeff nicht von seinen Prinzipien trennen würde und sich geweigert hatte.

      Nach einem tiefen Atemzug und in resigniertem Tonfall lenkte Simone ein „Also gut, ich setz dich auf die Liste. Ich halte meine Versprechen.“ „Wunderbar. Besten Dank. Es ist mir ein Vergnügen...“ nun hob Simone ihre Hand „Lass stecken. Und damit du’s weißt: Erpressen, lass ich mich nicht.“ sie hob ihre Unterlagen vom Boden auf, klemmte sie wieder unter den Arm „Greg?“ Greg sah sie an, sagte aber nichts „Vielleicht können wir nachher etwas zusammen essen. Hast du Zeit?“ unsicher antwortete Greg „Ich... eigentlich schon.“ er sah sich um, blickte zu Djorak der auf die stumm gestellte Frage nach Erlaubnis spöttisch meinte „He, Kleiner. Was du mit deiner Freizeit anstellst ist deine Sache.“

      Hatte dieser Spruch sein müssen?! Djorak gab Greg auf diese Weise unmissverständlich zu verstehen, dass er nur ‚Greg‘ war. ‚Kleiner‘ hatte er gesagt! Und es funktionierte