Dr. Phil. Monika Eichenauer

Scheinheilung und Patientenerschaffung - Die heillose Kultur - Band 3


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der ökonomisierten Leitlinien auf Basis der Gesundheitsreformen. Mir ist auch schleierhaft, wie Ärzte sich zusätzlich zu ihrem Arbeitspensum in die sozialen und kulturellen Hintergründe der Patienten, ob deutsch oder nicht deutsch, reflektierend und entsprechend gebildet, einklinken sollten. Sie haben gar nicht die Zeit dazu: Sie haben ja nicht einmal Zeit, deutschen Patienten ein paar Minuten zuzuhören – wie sollen sie Menschen zuhören, deren Sprache sie nicht sprechen und verstehen? Abgesehen davon hätten sie nicht den fachlichen Hintergrund, um psychische Störungen zu erkennen und entsprechend zu behandeln. Sollte dennoch der eine oder andere sensibel verstehen, welche Therapieform erforderlich ist, käme er zwangsläufig zu der Erkenntnis, dass er sich die genaue Diagnostik hätte ersparen können, da diese Behandlungsmethode in den ökonomischen Leitlinien nicht vorgesehen ist. Und bei alledem müssen die Ärzte stets im Kopf haben, wie hoch ihr Budget ist, um überhaupt Abrechnungsziffern einsetzen zu können. Angenommen, diese Information läge ihnen vor und sie wüssten nun, dass sie das notwendige Medikament nicht aufschreiben können, dann bekämen sie möglicherweise nicht einmal die Zeit bezahlt, die sie mit dem Patienten verbracht haben. Und die Sprachschwierigkeiten verhinderten ein Gespräch mit dem ausländischen Patienten über privat zu zahlende ärztliche Leistungen, wie zum Beispiel IGeL-Leistungen. Dies betrifft die in der obigen Auflistung genannten Zusatzzahlungen. Selbst wenn der Patient verstünde, um was es da geht, hätte er im Nachhinein immer noch die Möglichkeit zu sagen, er habe das völlig anders verstanden! Er könne keine private Zusatzzahlung leisten – würde der Arzt versuchen, das Honorar einzuklagen, stünde er da, wie ein Mensch, der die Migranten ausnähme, weil sie ja nicht richtig deutsch sprechen! Oder er landet in der Zeitung, weil eine Organisation oder ein Amt sich für den betroffenen Migranten einsetzte, der von deutschen Ärzten in die Irre geleitet würde.

      Die Früchte der neuen deutschen Sprachkurse a là, „Wie spreche ich am besten mit Patienten?“, für die Ärzte Zertifikate erwerben können und die den Namen „partizipative Entscheidungsfindung“ tragen, sind bei Migranten nur bedingt einsetzbar – denn dafür muss man selbst bei deutschen Patienten sehr empathisch und wortgewandt vorgehen, um Patienten selbst zu zahlende ärztliche Leistungen zu verkaufen, sprich, an den Patienten zu bringen. Ausländische Patienten dürften diesbezüglich gar nichts mehr verstehen – denn dieses Vorgehen verstehen deutsche Patienten kaum. Sollten ausländische Patienten wider erwarten jedoch verstehen, worum es sich handelt, werden sie möglicherweise bei der Privatrechnung kundtun, dass sie gar nicht verstehen, wovon der Arzt denn spricht und warum denn nun die Kosten privat zu zahlen sind. Worum es sich bei einer „partizipativen Entscheidungsfindung“ genau handelt, wird im vorliegenden Buch ausführlich unter gleicher Überschrift erläutert.

      Die neuen Gesetze und Verordnungen im Rahmen von Krankenbehandlungen machen jeden Einzelnen in diesem Gesundheitswesen zu einem Opfer. Man weiß gar nicht, um welches man sich als erstes kümmern soll: um die ausländischen oder die deutschen Patienten; um die Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten; um die noch gesunden Menschen, die zum Einkauf präventiver Produkte oder Behandlungen und Untersuchungen animiert werden; um die (armen) Politiker, die ja eigentlich gar keine Ahnung bezüglich der Auswirkungen haben, welche Systematik sie in menschliche Beziehungen wie dem des Arzt-Patient-Verhältnisses mittels Gesetze, Verordnungen und ökonomisierte Leistungsziffern hineintragen? Zusätzlich lauern Behandlungsfehler, wie Herr Jörg Blech (2007) sie für den medizinischen und ärztlichen Behandlungsbereich präsentiert. Jahrzehntelang sorgsam vertuscht, schlugen sie sich in Kritik und nutzlosen, weil nicht aussichtsreichen, gerichtlichen Anklagen nieder. Patienten hatten das Nachsehen. Der Zeitpunkt der notwendigen Selbstkorrektur wurde verpasst.

      Nun schwärzen Patienten Ärzte in Internetseiten an – Gerichte werden mit Rufschädigungsklagen beschäftigt und Rechtsanwälte verdienen an entsprechenden Mandanten. Wie ich bereits in Band 1 bis 1.2 feststellte, tritt generell Verfolgung in sehr unterschiedlichen Formen und Misstrauen unverblümt an die kulturelle Oberfläche in unserer Gesellschaft. Ein Beispiel hierfür lieferte die Firma Lidl. Der Lebensmitteldiscounter bespitzelte Mitarbeiter (März 2008).

      Unnötig zu betonen, Verkaufsverhalten von Bürgern ebenso wie deren Krankheiten, Behandlungen und Medikationen ebenfalls zum Ziel von Dokumentationen und Datensammlungen unter Anwendung geeigneter Software werden zu lassen, um sie neben dem primär vorgegeben Grund, zum Beispiel, bessere Behandlungsabfolgen und Reduktion von Gesundheitskosten, für andere Zwecke zu nutzen: Zum Beispiel privat zu bezahlende Zusatzversicherungen und/oder Ausschlüssen von Krankenversicherungen.

      Die deutsche Wirtschaft ist gleichfalls von Auflagen und Bespitzelungen getroffen. Mittlerweile, so ließe sich nur ironisch sagen, ist sie sogar so arm dran, dass sie schon ins Ausland flüchtet … Wohl dem, der die Alternative hat, ins Ausland gehen zu können!

      Um noch einmal das Thema Integration zu bemühen, möchte ich betonen, dass heutzutage mehr denn je zu gelten scheint, Integration zum generellen kulturellen Thema zu erheben: Es ist inhaltlich auf die Menschen Unten zu erweitern, die durch Elite- und Wettbewerbsideologie, in existenzielle Abgründe gestürzt werden.

      Das Heilungsprinzip, muss naturgemäß ebenso abgesichert und geschützt werden, wie das Leben und der Mensch generell: Weil sonst das Leben und der Mensch nichts mehr wert ist, wenn dieses kulturelle Ziel nicht in der Mitte der Kultur politisch platziert wird. Dafür bedarf es aufrechter Menschen, die Partner anerkennen – und zwar nicht, weil irgendjemand von „Oben“ definiert, was ein Partner sein könnte, sondern, weil Menschen den Menschen ein Mensch sein müssen. Dadurch zeichnet sich Kultur aus. Kultur ist von Natur unterschieden. Kultur verfeinert Natur und beherrscht sie. Davon kann gegenwärtig in Deutschland nicht die Rede sein. Wenn man dem Freudschen Triebmodell Realität zumisst, so könnte eher davon gesprochen werden, dass durch diese Art von Kultur menschliche Ur- und Unnatur gefördert wird: Die Gier!

      Das menschliche Wesen ist als sensibles, empfindsames Leben zu entdecken und zu benennen, dem man nicht grenzenlos mit zahllosen und sehr verschiedenen Verletzungen aus allen Richtungen weiterhin entgegen treten und es dergestalt behandeln kann. Menschen müssen eine völlig neue Art von Aufrichtigkeit und Mut entdecken und lernen: Nämlich für einander einzutreten und Leben zu schützen – Parteien und Ideologien unabhängig.

      Die künstliche Einteilung von Menschen in Oben und Unten, die nichts mit menschlichen Wesenszügen, sondern ausschließlich ökonomischen Prinzipien zu tun hat, verdeckt das gemeinsame Merkmal Mensch. Sie werden gegenwärtig nicht nach dem universellen und gemeinsamen Merkmal, sondern nach Merkmalen, die durch die globale Wirtschaftsideologie geschaffen wurden, behandelt. Weder im Gesundheitswesen noch generell in der Kultur werden Ärzte noch Psychologische Psychotherapeuten noch Patienten als gleichberechtigte Menschen und Partner in Sachen Erhalt des Menschen angesehen. Sie werden bevormundet und letztlich entmündigt – trotz freier und demokratischer Wahlen. Gibt es in unserer gegenwärtig praktizierten Demokratie überhaupt noch Einflussmöglichkeiten auf Politik und Wirtschaft von Unten?

      Generell scheint in der Welt das Motto für Entscheidungen allein durch ein Interesse motiviert zu sein: Geld. Das Geld oder das Kapital strukturiert Hierarchien, die Türen für diejenigen verschließen, die keines haben. Es gibt Merkmale, die ein Mensch hat oder nicht hat, um Einlass und Gehör an entscheidenden Stellen innerhalb der Gesellschaft zu finden.

      Dieses Prinzip ist so normal, dass es als akzeptiert und natürlich gilt: Aber, bei Leibe, das ist nicht normal! Denn es heißt nichts anderes, als dass Geld und Mensch gleichgesetzt wird und dass es darüber hinaus nicht viel gibt, das eine Verbindung entstehen ließe. „Es gibt Menschen, denen ihr Geld lieber ist als ihr eigener Leib“, heißt es im Talmud (Bavli Berachot 61). Seele und Leib der Menschen sind in unserer modernen Wettbewerbswelt nicht mehr Ziel von Heilung, sondern Ziel der Ökonomie. Im Krieg ist direkte Zerstörung von Menschen das Ziel. Sie werden auf Körper und Zahlen reduziert.

      In unserer Kultur der Gegenwart werden Menschen langsam auf von unterschiedlichen Seiten unmerklich zerstört. Zwar wurden Gräueltaten nach den Kriegen als notwendige Voraussetzungen deklariert, überhaupt einen Krieg führen zu können. Die Schuldfreiheit des Handelnden im Krieg erfolgte zwar kulturell gesellschaftlich auf Geheiß, aber da wurde die