und somatischer Krankheitsbilder … Wirtschaftliche Erfolge und Reichtum helfen dem Gros der Menschen auf der Welt nicht.
Im Gegenteil: In reichen Industrienationen wie Deutschland, deren Unternehmer zu den erfolgreichsten Globalplayern weltweit zählen, werden Menschen vorsorglich in ein klares Unten und Oben geteilt – ohne dass sie großartig etwas dagegen machen könnten. Das Gesundheitswesen wird den Investoren wie ein Knochen hingeworfen, damit sie das Interesse an diesem Land nicht verlieren. Der Gesundheitsmarkt gilt als boomender Markt mit Ewigkeitsgarantie. Unter die Räder geraten alle – außer denen, die Geld haben. Die werden später folgen. Damit ist für viele Menschen die persönliche Grenze psychischer Kunststückchen, um in diesem System funktionieren zu können, erreicht …
Massur lalev - dem Herzen anvertraut (Talmud) oder dem Strichcode?
Eine Reform im Gesundheitswesen sollte den Herzen der Behandler anvertraut werden, die tagtäglich, egal zu welchem Honorar, unter welchem bürokratischen Druck und welchen Fortbildungs- und Zertifizierungsverpflichtungen, ihre Arbeit tun. Will man in einer Kultur gute Behandler, also gute Ärzte und gute Psychologische Psychotherapeuten haben, muss man ihnen einen Platz geben, der so ausgestattet und abgesichert ist, dass sie ihre Berufsidentität ausbauen können, wo sie Freiheit im Handeln und Behandeln leben können und von ganzem Herzen ihr Bestes geben wollen. Auf gar keinen Fall sollte man sie vermarkten oder zwingen, sich selbst zu vermarkten oder zu verkaufen.
Wenn Politiker einem Arzt und Psychotherapeuten in diesem Sinne kein Vertrauen entgegenbringen und glauben, ihnen die Berufsidentität und ihren Platz in der Kultur wegnehmen zu müssen, dann sollten sie sich fragen, wie sie eine Heilungskultur sicherstellen wollen. Der Strichcode ist eine moderne, sehr treffende Kurzfassung des aktuellen Gesundheitssystems: Der Arzt wird im übertragenen Sinne auf den Strich geschickt, um sich im Wettbewerb Gesundheitswirtschaft zur Schau zu stellen, um den ärztlichen Kollegen zu bekämpfen und auszutricksen, um den (privaten oder selbst zahlenden) Patienten zu binden. Ärzte werden entmenschlicht, versachlicht und anonymisiert. Sie werden in ein System voller Abhängigkeiten und Tücken gezwungen, das sie kontrolliert und überwacht – und auch noch für eine gefährliche Verfolgungsjagd durch wie auch immer motivierte Patientenäußerungen freigegeben wird. Auch der Patient wird per Code anonymisiert. So lassen sich Behandler und Patienten bzw. die Kosten und Gewinne bestens kontrollieren. Wir alle müssen einsichtig sein und für die Probleme von „Oben“ Verständnis zeigen, demütig und bescheiden entgegen nehmen und umsetzen, was man sich kreativ Oben ausgedacht hat. Auf ehrliche Antworten auf die vielen Fragen, die dieses Wirtschafts- und Gesundheitssystem aufwirft, brauchen wir nicht zu hoffen. Denn die gesellschaftliche Ordnung ist von zigtausenden Gesetzen und Verordnungen durchzogen, so dass ein Mensch kaum richtige Prognosen stellen kann, wohin sich was entwickelt. Folglich darf man auch nicht erwarten, dass im Nachhinein, wenn alles schief gegangen ist, jemand Verantwortung übernimmt: „Das konnten wir ja nicht ahnen.“ Das ist die Politik von Oben, bei der Erklärungen allenthalben auf ein „Ich war’s nicht“ hinauslaufen.
Doch jeder Mensch, gleich, ob Oben oder Unten, muss sich überlegen, welche Schritte er als nächstes für sein eigenes Denken und Verhalten wählen will. Entscheidungen stehen an. Statt in Scham, Selbstverleugnung und Rückzug zu verharren, sollte aufgezeigt werden, was in einer Kultur für Menschen überhaupt nicht toleriert werden kann. Menschen, die von Selbstannahme ihrer eigenen Erfahrungen durchdrungen sind, die von Wahrhaftigkeit und Authentizität zeugen, sollten sich äußern. Menschen, die weder käuflich noch vermarktbar andere Menschen berühren – und heilen. Was für das Gesundheitswesen gilt, muss ebenso für die Gesellschaft insgesamt gelten. Generell sollte der Mensch den Menschen bestätigen: „Massur lalev“ - dem Herzen anvertraut. Menschlichkeit, Vertrauen, Wohlwollen und Mitgefühl sollte menschliche Beziehungen prägen, die ebenso die Inhalte von Ökonomie festlegen und Kultur insgesamt. Diese letzten Zeilen sind in unserer heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit, sondern die Ausnahme. Sie lassen keinen Raum für Verrat, Lug und Betrug.
Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten mussten sich ein dickes Fell in den letzten Jahren zulegen, um mit den Berufs- und den resultierenden Lebensbedingungen zu Recht zu kommen. Sie versuchen sich immer wieder mittels rationaler Überlegungen und Bemühungen an die unvermeidlichen und notwendigen gesetzlichen und ökonomischen Ziele der Gesundheitswirtschaft anzupassen.
Das mag erklären, weshalb sich so viele Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten bislang nicht zu Wort gemeldet haben; denn sie erledigen trotz unhaltbarer Umstände ihre Arbeit.
Manchmal berührt dieser demütige Hauch, sich trotz widriger Berufsumstände um die Heilung von Patienten zu bemühen und der nichts mit Unterordnung unter das System zu tun hat, Patienten. Diese wissen dann ohne Worte, wo sie gut und sicher aufgehoben sind. Dennoch reicht diese Form der Kommunikation zwischen Patienten und Behandlern nicht mehr aus: Es muss deutlich benannt werden, worauf die gegenwärtige Gesundheitswirtschaft zielt. Eine Entscheidung ist fällig: Heilung oder Ökonomie? Mensch oder Geld?
Die Frage stellt sich, wie man dieses gesellschaftliche System ideologisch unverfänglich vor dem Hintergrund der möglichen, technologischen Entwicklungen zum einen aufzeigen und zum in eine Richtung ändern kann, die das menschliche Wesen und seine Entwicklung in den Mittelpunkt stellen.
Die Vertreter der kapitalistischen Wirtschaftsordnung haben sich ebenso wenig freiwillig der notwendigen Selbstkorrektur, wie und mit was Geld unter welchen Bedingungen zum Schaden von Menschen verdient wurde und wird, gestellt, wie es die paradigmatisch an Descartes ausgerichtete Medizin und deren ärztliche Standesorganisationen in den letzten Jahrzehnten im Gesundheitswesen tat.
Ziel muss es sein, dass Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten ihre gesamte Aufmerksamkeit, Konzentration und ihr fachliches Können wie menschliche Intuition für ihre Patienten einsetzen können, statt für Bürokratie und chronischer existenzieller Unsicherheiten. Ihr Fokus muss ausschließlich auf die Heilung des Patienten gerichtet sein können, damit sie erspüren, an welcher Stelle die Untersuchung erfolgen und die Behandlung einsetzen muss. Zwang, Stress, Überforderung, extreme existenzielle Unsicherheiten und ständiger Umstellungs- und Anpassungsdruck sind Gift für Behandler. Sie brauchen zur Ausübung ihres Berufes einen geschützten, sicheren Raum zum Praktizieren. Nicht umsonst hatten die Medizinmänner stets einen besonderen Platz und Stellenwert in den verschiedenen Kulturen. Dieser Schutz bedeutet jene Freiheit, die Ärzte und Psychotherapeuten benötigen, um im Sinne der Heilung tätig sein und werden zu können. Das ist die Quelle, aus der die Kraft für Heilung sprudelt. Menschen müssen sich Menschen anvertrauen können und sicher sein, dass sie weder verraten noch verkauft werden. Die Liebe zum Menschen, die generelle Menschenliebe fehlt. Sie sollte aber Ziel der Kultur generell sein.
Darüber nachzusinnen, ob man einen solchen Raum in der Gesellschaft schaffen möchte, der zweifelsfrei der Heilung und unabhängig von ökonomischen Interessen ist, legen Nachrichten wie die folgende nahe: Schon 1993 veröffentlichte der Spiegel einen Artikel mit dem Titel: Geplündert ins Grab. Das waren zwölf Jahre nach dem Erscheinen des Buches von Attali (1981). Er betitelte die sich bereits damals abzeichnende Entwicklung in der Medizin, als eine, die kannibalischen Ordnungsprinzipien folgt. Seit Jahren führt die Gier der Mediziner im Dienste der Wirtschaft bis ins Grab der Bürger, um ihn ungefragt und verschwiegen Gewebe zu entnehmen. Kostenlose, weil freiwillige Organspenden der Bürger, die aus Mitgefühl zu anderen Menschen gegeben werden, um deren Leben damit zu retten, werfen bei den gegenwärtigen Gewebe- und Organskandalen Fragen auf, die eindeutiger Antworten bedürfen. (Siehe im vorliegenden Buch: Frische Leichenteile weltweit.) Denn Organe können schnell zu Geweben verändert werden und große finanzielle, und nicht wie vorgegeben wird, heilende Gewinne, bringen! Die Heilung wird zum Köder der Wirtschaft, die mit ihm finanzielle Gewinne erwirtschaftet. Die modernen Alchemisten transformieren alles Lebendige und Tote in bare Münze. Es sind haarfein arbeitende Wettbewerbsanalysten, die im Meer der humanistischen Gedanken und Ideen Werte herausfischen, die einstmals das Gute, Hehre und Heile bedeuteten, und sie mittels ihrer Ideologie ins Gegenteil, in hohe Kontostände verkehren. Da sitzen sie, die modernen Kannibalen, in schicken Anzügen, gebildet, intelligent - und eiskalt. Sie fühlen sich auf den Schlips getreten, wenn