man schlussfolgern, will man sie ökonomisch und berufsrechtlich den Ärzten unterordnen.
Das gegenwärtige ärztliche Berufsrecht ist daher gegenüber dem Berufsrecht der Psychologischen Psychotherapeuten eine Probe und Provokation sondergleichen. Diese Zusammenhänge werden im vorliegenden Buch aufgegriffen und weiter vertieft. Zu fragen ist, ob Ärzte ihre Seele verkaufen oder nicht? Die Berufsseele wurde politisch gegen beruflich-ökonomische Existenz gesetzt. Dies provoziert eine Fokussierung der KV-Mitglieder pro Heilungsprinzip oder pro Ökonomie. Insgesamt sollen Psychologische Psychotherapeuten den Ärzten, folgt man den massiven Einsätzen (vgl. Band 2) durch Medizin und ärztlichen Standesorganisationen, untergeordnet werden, indem es für Psychologische Psychotherapeuten ohne den „Gott in Weiß“ nichts zu denken, nichts zu handeln und zukünftig vielleicht auch nichts mehr zu verdienen gibt. Sie sollen in Projekten für Ärzte tätig werden, während diese für die Gesundheitswirtschaft ackern. Über kurz oder lang sollen Psychologische Psychotherapeuten – ebenso funktionalisiert – in medizinisch-gesundheitswirtschaftlich orientierten Projekten, Kliniken, integrierten Versorgungsprojekten, Netzen und sonstigen Strukturen, auf ärztliche Weisung versteht sich, arbeiten. Betrachtet man diese Gesundheitspolitik und bedenkt, dass die Wirtschaft Universitäten und Kliniken einkauft, präsentiert sich das Ziel der Gesundheitswirtschaft einmal mehr unverblümt: Profit. Betrachtet man dies vor dem Hintergrund der analystischen Weissagung von Attali, kommt man zu dem Schluss, dass Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten nicht durch Apparate oder Roboter ersetzt werden, sondern dass sie sich mittlerweile selbst durch sich selbst zu ersetzen haben, indem sie sich mit der Ideologie der Gesundheitswirtschaft identifizieren müssen oder ihre Arbeit aufgeben. Studenten ziehen es vor, erst gar nicht mehr Medizin zu studieren. Ärzte müssen sich seelisch verraten und das Heilungsprinzip begraben, wenn sie die ökonomisierten Leitlinien in der Behandlung mit Patienten erfüllen. Doch sobald sie das tun, wird immer jemand von Außen kommen und sagen: „Da, ihr habt den Hippokratischen Eid verraten! Ihr seid Verräter an der Menschheit und am Patienten – so was wie ihr dürfte niemals behandeln.“ Wer solche Anschuldigungen ausspricht, hat nicht bedacht, dass die gesamte kapitalistische Gesellschaft auf Verrat des Menschen aufbaut und sich diese Art von „Wahrheiten“ den jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Erfordernissen wie ein Chamäleon anpassen. Die vielfältigen und sich teilweise ausschließenden Gesetze erfüllen ihre Funktion gleichfalls in der Schaffung von Schuldgefühlen: In Deutschland ist es weder generell noch in der Gesundheitswirtschaft möglich, sich für ein Gesetz zu entscheiden ohne nicht gleichzeitig ein anderes zu verletzen. Das kulturelle System baut auf Schuldgefühlerzeugung auf – davon lebt es. Schuldgefühle erzeugen neben der Qual zusätzlich Unsicherheit, mit der sich Menschen steuern lassen.
Die ethischen und moralischen Halbwahrheiten und Halbinformationen treffen auf halb wahre Menschen, die in dem Konflikt stehen, für welche Seite sie sich entscheiden sollen. Vermutlich kann man diese Tatsachen verdrängen, so tun, als gäbe es sie nicht, solange man noch die Miete bezahlen und Lebensmittel einkaufen kann. Während Menschen im Sinne von politisch-wirtschaftlichen Interessen funktionalisiert werden, verhalten diese sich tapfer so, als merkten sie es nicht. Nur nicht auffallen. Und irgendwann kann niemand mehr sagen, was eigentlich menschlich und was heilsam ist. Kurz, was überhaupt noch irgendeinen Wert darstellt – weil sie in Vergessenheit geraten. Die Inflation der Werte inflationiert den Menschen. Er fällt auseinander, ist gebrochen. Die Perversion wird Normalität.
Die Politiker und Institutionen wenden unternehmerische Strategien wie ein Allheilmittel auf jegliches Problem im Staate an. So glaubte man, mittels ökonomisierter Leitlinien das Gesundheitswesen modern revolutionieren zu können. Eine gegenwärtige Kulturdiagnose müsste lauten: Die verabschiedeten Gesetze und neu angelegten Strukturen schließen sich gegenseitig aus, sind nicht aufeinander abgestimmt. Zwar stimmt jetzt die Kasse bei den Krankenkassen, die Defizite sind ausgeglichen, aber es stimmt nicht für Patienten und gleichfalls stimmt es für Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten nicht.
Die Ganzheit, das Ziel, ist in der Gesellschaft verschwunden. Geht es um Heilung von Patienten? Geht es um weitere Erkenntnisse der deutschen Elite im Gesundheitswesen, wie Heilung und Gesundung von Patienten hergestellt werden kann? Sie konnten sich vor den Gesundheitsreformen nicht äußern, da strukturierten die KVen das Gesundheitswesen gewinnträchtig für die Mitglieder und sie können es jetzt nicht: Jetzt herrschen die politischen Verordnungen und Gesetze in gemeinsamer Arbeit mit Ökonomen und privaten Geldgebern.
Es muss die Frage erlaubt sein, warum man diese deutsche Elite nicht fragt, wie man Heilung und gleichzeitig auch akzeptable Finanzierung des Gesundheitswesen gestalten kann – ohne dass sich die KVen und KBV als Sprecher für die Gesamtheit der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten zu Wort melden und deren Arbeitsalltag (nachteilig) prägen.
Die deutsche Kultur besteht aus hermetisch abgeriegelten gesellschaftlichen Monokulturen, aus Mikroeinheiten des Wettbewerbs. Einziges gemeinsames Merkmal: Inkompatibilität. Das Chaos durch Wettbewerb ist erwünscht, denn dann kann kaum noch jemand zur Verantwortung gezogen werden. Die linke Hand weiß nicht, was die rechte tut - geschweige denn, was diese Politik in den Menschen bewirkt. Das einende Prinzip, der Wert, die kulturelle Orientierung ist hin. Das Ergebnis sind Zerstörung und Feindschaft, die nur einen treffen: den Bürger, den Patienten und generell den Menschen. Dank dieser Minisysteme im Wettbewerb ist es für die „Oben“ immer leichter geworden, Verantwortung von sich zu weisen und sich Schuldfragen erst gar nicht mehr stellen zu lassen. So verwundert es auch nicht, dass Ärzte sich im Konkurrenzkampf um Patienten gegenseitig zerfleischen – um sich dann aber wiederum als Berufsgruppe traute Einigkeit demonstrierend öffentlich über und nicht gegen und in ihren Standesorganisationen und in ihrer Selbstverwaltungen (KVen) zu positionieren.
Das vorrangige Gefühl der Menschen ist – offene oder unterdrückte – Wut über ein Deutschland, das zu wenig Perspektive und Aufwind zeigt. Von Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit und Wahrheit ist nur noch zu philosophieren, ein Hin zur positiven Wende nicht spürbar. Es gibt ein paar tapfere Einzelkämpfer wie sie in der „Freien Ärzteschaft“ zu finden sind – aber ihr Wirkungsradius und der Einfluss auf die Gesamtrichtung ist minimal, auch wenn sie 2010 mitteilen, dass sie Einzug halten in die KV. Die Lösungsvorschläge der verschiedenen Repräsentanten der Interessensgruppen in Unternehmer- oder Politikerkreisen muten an wie weitere Vertuschungsmanöver. Die Wut der Bürger erscheint wie ein roter Teppich, der die tiefer liegende Scham, „dass ihm selbst nichts einfällt“ und die damit einhergehende Hilflosigkeit und Ohnmacht zudeckt: Was tun, gegen einkommensorientierte Menscheneinteilung? Was tun, wenn Menschen keine Einkommensquellen gesellschaftlich mehr auftun können? Aber wie sollte jemandem auch noch etwas einfallen, da doch alles mittels Gesetzen festgenagelt ist? Und zwar so umfassend, dass Bürger mitunter in gesetzliche Fallen stolpern, von denen sie gar nicht wussten, dass es sie gibt. Auch diese gesetzlichen Strategien scheinen mit Bedacht in der psychischen Auswirkung auf Hilflosigkeit und Resignation von Menschen zu zielen.
In dieser Gesellschaft werden eigene Bedürfnisse, die zur menschlichen Existenz wie das Atmen gehören, verleugnet. Und so werden lieber erkenntnistheoretische und basiswissenschaftliche Forschungsergebnisse –zum Beispiel aus der Psychologie – benutzt, um zu manipulieren, statt ein Handwerkszeug für ein erfülltes Leben an Menschen zu verteilen und zu lehren. Wir „leben“ in einer Leerkultur mit unglaublicher Fülle. Aber nirgends existiert ein Analysebesteck, das den Menschen Mut machen könnte, den historisch erforderlichen Weg zu beschreiten, nämlich einfach mal absolut „Nein“ zu sagen. Stattdessen wird der wissenschaftliche Werkzeugkasten gegen die menschliche Natur, und damit krank machend, eingesetzt, um weiterhin Gewinne zu generieren! Warnungen von Wissenschaftlern, Ärzten, Psychologischen Psychotherapeuten oder einfach tatsächlichen Gut-Menschen verpuffen an dem politischen Stoizismus. Von greifbaren politischen wie wirtschaftlichen Konsequenzen ist keine Spur wahrnehmbar.
Mitgefühl mit den betroffenen Menschen wird in Form von großzügigen Spendenaktionen demonstriert, um danach zur Tagesordnung überzugehen. Diese taktische Ignoranz erklärt existentielle Notwendigkeit zur Nichtigkeit, ja, zum Nichts. Das Licht wird nur auf Gewinne, Glamour und Managermedizin fokussiert. Die Schattenseite von Luxus