Frank Springer

Andi und die Außerirdischen


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sich Otto. Sie rutschte in dem Spalt nach oben.

      „Ah, aua! Halt, nicht mehr weiter! Ich hänge fest. Ich bin verletzt.“ schrie Otto vor Schmerzen laut auf.

      Sofort hörten die drei Jungen auf zu ziehen. Andi leuchtete mit der Taschenlampe zu dem Mädchen hinunter. Sie war mit einem Bein an einer scharfen Kante von einem der Autowracks hängengeblieben. Wenn die Jungen jetzt an dem Seil zogen, würde Otto immer weiter auf diese Kante gedrückt werden. Andis gute Idee war gescheitert. Die drei konnten das Seil nicht mehr verwenden, um Otto zu befreien. Andi war verzweifelt. Er wusste nicht, wie er Otto helfen konnte. Viel Zeit zum überlegen hatte er nicht. Wenn er Otto retten wollte, dann musste es schnell gehen, bevor das Mädchen zwischen den Schrottautos zerdrückt wurde.

      Immerhin war Otto durch den Versuch mit dem Seil ein weites Stück höher gekommen. Andi beugte sich, so tief er konnte, hinunter zu ihr und Otto streckte ihm ihre Hände entgegen. Es reichte gerade eben aus, dass er sie fassen konnte. Andi packte zu und hob Otto zunächst zur Seite von der scharfen Kante weg. Dann versuchte er sie hochzuziehen. Das war aber viel zu schwer. Er zerrte so stark, wie er konnte. Von dem Kraftaufwand wurde ihm schwarz vor seinen Augen. Die Stelle an seinem Oberarm, wohin das Mädchen ihn am Vormittag geschlagen hatte, schmerzte durch die Anspannung unerträglich. Doch Andi bemerkte es nicht vor lauter Anstrengung.

      So sehr er sich auch mühte, er schaffte es nicht. Die Jungen waren so weit gekommen und mussten nun kurz vor dem Ziel aufgeben. Das wollte Andi nicht hinnehmen und mobilisierte seine Kräfte. Er zog so sehr, dass er dachte, seine Arme würden ihm abreißen. Doch plötzlich wie durch ein Wunder bewegte sich Otto langsam nach oben. Stück für Stück rückte das Mädchen höher. Zuletzt kam Otto so nah, dass Karl mit zupacken konnte. Zu zweit war es einfacher. Mit einem letzten Kraftakt gelang es den beiden, Otto aus dem Spalt auf das Dach des Autos zu ziehen.

      Erschöpft lag das Mädchen auf dem Autodach. Andi und Karl setzten sich entkräftet neben sie. Otto sah schlimm aus. Sie war von Kopf bis Fuß voller Dreck, Staub und Öl. Am ganzen Körper hatte sie kleinere Schürfwunden, blaue Flecke und Beulen. Das Schlimmste war eine blutende Wunde an ihrem rechten Oberschenkel. Ein blutiger Riss ging von ihrem Knie hinauf bis fast zu ihren knappen Shorts. Als Ferdi, der immer noch als Gegengewicht auf der gegenüberliegenden Seite des Autodaches saß, zu den dreien hinüberkletterte, wankte der Autostapel ein letztes Mal. Die Spalte, aus dem die Jungen gerade eben Otto befreit hatten, verschloss sich mit lautem Getöse.

      Alle vier waren wie benommen von den Anstrengungen, den Schmerzen und der Angst, die sie ausgestanden hatte. Nach einer kurzen Verschnaufpause halfen die drei Jungen Otto, von den aufeinandergeschichteten Autos herunterzuklettern. Unten angekommen setzten sie das Mädchen auf einen Reifenstapel. Sie schauten sich die Wunde an Ottos Bein an.

      „Das sieht gefährlich aus. Ich kann kein Blut sehen. Mir wird schlecht“, würgte Ferdi.

      Er wandte sich ab, um sich zu übergeben, aber er überlegte es sich anders, da ihm dazu die leckeren Speisen, die er zu Mittag gegessen hatte, zu schade waren. Stattdessen suchte Ferdi in seinen Hosentaschen und fand ein sauberes Stofftaschentuch. Er reichte es Otto, die es auffaltete und mit der Hand auf die Wunde drückte, um die Blutung zu stoppen.

      Die Jungen wussten nicht, wie es weitergehen sollte.

      „Ottos Wunde muss dringend ärztlich versorgt werden. Wir müssen sie in ein Krankenhaus bringen“, drängte Ferdi.

      „Das nächste Krankenhaus befindet sich in der Stadt. Bis dahin können wir sie nicht bringen. Das ist viel zu weit von hier aus“, entgegnete Karl.

      „Dann müssen wir einen Krankenwagen rufen“, forderte Ferdi.

      „Wenn wir das machen, hätten wir uns die Strapazen sparen können und vorhin die Feuerwehr holen können. Wir haben Otto befreit und nun werden wir den Rest auch allein schaffen“, sagte Andi böse. „Außerdem haben wir kein Handy dabei.“

      „Wir könnten Otto zu Dr. Müller bringen. Der kann sich um ihre Wunde kümmern“, schlug Karl vor.

      Dr. Müller war der Arzt in der Siedlung. Er war der Hausarzt der meisten Familien, die dort wohnten. Alle Kinder kannten ihn, da sie irgendwann schon einmal von ihm behandelt worden waren.

      „Gute Idee, Karl. Nur heute ist Samstag. Da hat er keine Sprechstunden. Wir müssen ihn privat erreichen. Ich hoffe, dass er zu Hause ist. Wir müssen es versuchen“, entschied Andi.

      „Ja, bringt mich zu Dr. Müller! Den kenne ich. Das ist unser Hausarzt. Bei dem war ich schon öfters“, bekräftigte Otto.

      3. Beim Arzt

      „Kannst du aufstehen und gehen?“, fragte Andi das Mädchen.

      „Nein, sobald ich mein Bein bewege oder belaste, fängt die Wunde wieder an zu bluten“, antwortete Otto.

      „Okay, dann helfen wir dir“, sagte Andi.

      Er stützte Otto beim Aufstehen. Andi selbst stand rechts von Otto und bat Ferdi, sich links von ihr hinzustellen. Dann legte Otto ihre Arme um die Schultern der beiden Jungen. So konnte sie zumindest auf einem Bein humpeln. Auf diese Weise erreichten die drei ohne größere Schwierigkeiten die Stelle, an der sie unter dem Zaun hindurchgekrochen waren.

      Der Bretterzaun war das nächste Hindernis, das sie mit dem verletzten Mädchen überwinden mussten. Sie setzten Otto davor ab. Andi kroch zuerst unter den Zaunbrettern hindurch. Danach legte sich Otto flach auf den Rücken und streckte ihre Hände durch die Lücke. Andi zog sie von der anderen Seite an ihren Armen unter dem Bretterzaun durch und Ferdi schob von dieser Seite nach. Das war im Vergleich zur Rettung aus der Spalte zwischen den Autos eine leichte Übung. Viel schwieriger war es, Ferdi unter dem Zaun hindurchzubekommen. Andi und Karl mussten sich dabei kräftig anstrengen, da Otto ihnen nicht helfen konnte. Nach einigen Mühen war auch das geschafft.

      Die Kinder hatten den Schrottplatz, den verbotenen Ort verlassen. Sie holten ihre Fahrräder aus dem Versteck und standen vor einem neuen Problem.

      „Kannst du Fahrrad fahren, Otto?“, fragte Andi.

      „Nein, das geht nicht mit der Wunde“, antwortete das Mädchen niedergeschlagen.

      Andi überlegte. Das Herrenrad seines Vaters, das er benutzte, war das einzige Rad mit einer durchgehenden Rahmenstange. Die anderen hatten kleinere Jugendräder, die sich nicht so gut zum Transport von zwei Personen eigneten.

      „Ich nehme das Fahrrad von meinem Vater und Otto setzt sich auf die Stange“, beschloss Andi. „Ferdi fährt mit meinem und schiebt dabei Ottos Rad. Karl radelt vorweg und hält die Augen auf.“

      Otto nahm vor Andi auf der Fahrradstange Platz. Mit einer Hand hielt sie sich an Andi fest und mit ihrer anderen drückte sie weiterhin das Tuch auf die Wunde. Die vier fuhren los. Auf dem unebenen Feldweg wurde es anstrengend. Ferdi hatte viel damit zu tun, das zweite Fahrrad unter Kontrolle zu halten. Ohne Last sprang es immer wieder zur Seite weg. Nachdem die Kinder die Straße erreicht hatten, wurde es einfacher. Zur Siedlung hin ging es die gesamte Strecke leicht bergab. Sie kamen mühelos voran. Karl fuhr den Weg zum Arzt vor und die anderen folgten. Das Blut lief von Ottos Wunde am Bein hinunter, über ihren kurzen Socken und den Turnschuh. Ab und zu fiel ein Tropfen auf die Straße und hinterließ eine kleine Blutspur, aber die Kinder achteten nicht darauf.

      Schon von Weitem sahen sie den Arzt. Er stand im Vorgarten und war dabei, mit einem Gartenschlauch seine Blumenbeete zu gießen. Als die vier vor dem Grundstück anhielten und von ihren Rädern steigen, bemerkte Dr. Müller sofort, was los war.

      „So habe ich mir mein Wochenende nicht vorgestellt, dass ich mich jetzt um euch Gören kümmern muss“, rief er.

      Er sagte es in einem Tonfall, bei dem man nicht wusste, ob er tatsächlich böse war oder nur seinen Scherz mit den Kindern trieb.

      Der Arzt drehte das Wasser ab und legte den Schlauch beiseite.

      „Na gut, ich werde euch helfen“, erklärte er sich bereit. „Bringt das Mädchen in meine Praxis. Muss sonst noch jemand von euch versorgt werden?“

      Die drei