Dr. Phil. Monika Eichenauer

Für ein Leben unter den Flügeln der Seele - Die heillose Kultur - Band 1


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Annahme „Geld regiert die Welt“ ins Leben. Dunkelheit ruft Helligkeit herbei, der Tag löst die Nacht ab.

      Dieser vorliegende Band, wie auch die übrigen Bände „Die heillose Kultur“, dienen letztendlich der Vergewisserung, wo ich lebe und in wieweit der Mensch dem Menschen noch ein Mensch ist – und wenn der Mensch dem Menschen kein Mensch mehr ist, dann wüsste ich gern, was er dann ist oder sein oder werden soll. Homo homini lupus est – Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf wird immer wieder gern zitiert. Wenn allen Ernstes dieser Auffassung zugesprochen wird, dann ist dieses Buch unnötig. Dann kann alles so bleiben wie es ist und die Dinge werden sich genau zu und in dieser Natur weiterhin entwickeln, zentrieren und das Verhältnis, wie der Mensch zu Menschen steht, wird eskalieren. Versorgungsmängel und Kriminalitätsraten werden stetig steigen. Der Mensch wird ausschließlich Träger von Mehrwert oder fehlendem Mehrwert sein und damit fehlenden Lebensmöglichkeiten, fehlender Zukunft. Will man sich aber mit dieser Wolfsnatur auseinandersetzen und sie als Schatten begreifen, wird exakt aufzuzeigen sein, wie sie in einem gemeinsamen und vielfältigen Kultivierungsprozess positiv für das menschliche Wesen nutzbar zu machen ist: Nicht derjenige, der ein Schwert führen kann, ist böse. Es kommt darauf an, wofür und ob er es überhaupt führt und einsetzt. Die Option, es nicht gegen, sondern für Menschen zu gebrauchen, ist millionenfach bestätigte Wahl, die das Gute auch in heutiger Zeit in unserem Leben herbringt und hervorbrachte. Auf menschlicher Augenhöhe ist zu klären, wohin der Weg gehen soll. Dafür müssen Menschen sprechen...und Motiv, Wahl und Weg offen legen.

      Karstadt Investor Nicolas Berggruen kauft Karstadt. Er kündigt keinem der Mitarbeiter und will die alte Dame Karstadt, die 2011 Einhundertdreißig Jahre alt wird, nun modernisieren, wie in den Nachrichten 8.Juni 2010 zu hören war. Die Ruhr Nachrichten schreibt am 9. Juni 2010 am Ende ihres Artikels „Das neue Gesicht.“: „Karstadt-Betriebsrat Peter Frohwerk wollte dies gestern nur bestätigen: ‚Das Selbstbewertgefühl ist enorm gestiegen. Nicolas Berggruen sieht den Wert unseres Warenhauses.’“ Die Polarisierung von Selbstwert hier und Mehrwert dort, verweist hier verbal alltagstauglich auf das sonst in ihrer gegenseitigen Bedingtheit verleugnete Pärchen in unserer ökonomistisch geprägten Kultur und Basis, wie der Mensch zum Menschen steht, ausgesprochen deutlich. Nicolas Berggruen sucht offenbar neue Wege, wie in der Globalisierung dennoch Menschen zumindest in ihrer Existenz gerettet werden können. Ob dies tatsächlich das Motiv seines Handelns beschreibt, bleibt abzuwarten.

      Zum Schluss dieser Einführung ein Zitat von Wilhelm Schmid:

      „Amerika aber ist nur die Metapher der Moderne. Kalt zu sein, ohne Seele, wird den Menschen der Moderne nachgesagt; ‚Kälte’ ist der Begriff, mit dem die Welt der Moderne charakterisiert wird von jenem Philosophen, der im 20. Jahrhundert eine parallele Existenz zu Hopper führt, Theodor W. Adorno: Die Kälte wird bei ihm zum Grundprinzip der bürgerlichen Subjektivität, zur sinnlichen Erfahrung einer Gesellschaft isolierter und einander gleichgültiger Subjekte, die in ihrer Selbsterhaltung ihren einzigen Lebenszweck finden. (...) Also leben die Menschen enttäuscht, allein mit ihrem Glück, das keines ist, unfähig zum Leben mit Anderen, das immerzu scheitert, da es dem Kriterium des Einsseins nicht genügt. Ein eigenes Verständnis dessen, was es heißt zu leben, das Leben zu führen und sich aufs Leben zu verstehen, haben sie nie gewonnen. Hoppers Individuen sind Kinder der Moderne, zu Stein erstarrt in der endlosen Dauer des Augenblicks: Leben können sie nicht, sterben wollen sie nicht. Sofern die Unsterblichkeit ein Traum des modernen Menschen ist – hier ist sie realisiert: Ein Alptraum.“ (Schmid, 2000, S. 21)

      Meine Intention zu schreiben leitet sich aus dem Bedürfnis her, das Normale als das notwendig zu betrachtende Nicht-Normale im Hinblick auf das menschliche Wesen erscheinen zu lassen und mittels der gängigen Zitate aus Tageszeitungen und anderen Medien zu dokumentieren – denn der Anforderungskatalog an Menschen heutiger Tage ist nicht mehr normal: und das ist die Normalität.

      Das menschliche Wesen und was es für Wachstum und Gedeihen benötigt, leitet sich aus den aufgeführten realiter nachlesbaren und durch Menschen erfahrenen Erlebnissen ab. Menschliche Realitäten müssen von Menschen mit Aufmerksamkeit bedacht werden, soll das Leben anders, möglichst besser, werden. Auch das ist eine Realität...

      Hintergrund zum Buch

      Das erste Manuskript mit dem Titel „Oben hui, Unten pfui“, das Fundament der drei vorliegenden Bände zur Heillosen Kultur, sandte ich im September 2005 auf Empfehlung dem Chef eines bekannten großen Buchverlages. Bis dahin sprach man in Deutschland selten und wenn doch, nicht gezielt von „Oben“ und „Unten“ wie es nun selbstverständlich der Fall ist, sondern höchstens von Unter- und Oberschicht im Rahmen der alten und ehrwürdigen Bedeutungshorizonte vergangener politisch-wirtschaftlicher Systemdebatten. Dieses Phänomen ist bekannt: Spricht, schreibt, arbeitet oder forscht ein Mensch in einem bestimmten Bereich, so tun es andere auch. „Synchronizität“ und „Übersprungsphänomene“ erklären, was sonst Erstaunen verursachen würde. Inzwischen gibt es in Deutschland wohl niemanden mehr, der diese Bezeichnungen „Oben“ und „Unten“ nicht schon selbst benutzt hätte.

      In meinen Büchern werde ich Oben und Unten jeweils großschreiben, um kenntlich zu machen, dass es sich um einen politischen Begriff im Rahmen der Schaffung der Zweiklassengesellschaft, und nicht nur um eine topografische Angabe handelt. Ort und Richtung beinhalten in diesem Falle die politischen Auswirkungen einer Zuweisung des Seins bzw. der Existenz von Menschen – die Neutralität einer alleinigen Ortsangabe und Richtung verlassend. Bezöge ich mich alleinig auf eine Ortsangabe, so müsste zeitgleich die Verkehrung des Inhaltes angezeigt werden.

      Denn „Oben“ ist man schon gar nicht mehr bei den Menschen, die Unten leben, wobei sie gleichzeitig festlegen, wie die Unten Zurückgelassenen zu leben haben, damit man Oben weg sein kann. Wegsein und Nichtdasein sind die Stichworte, die in jeder Debatte um Gelder für soziale Projekte und Angelegenheiten auftauchen. Die Verkehrung offenbart sich weiter, wenn man bedenkt, dass der Boden, auf dem Unten lebt, Menschen gehört, die Oben nicht da, auf diesem Boden, sind. Daran schließt sich die Frage an, was deutschen Bürgern in Deutschland, die es mit ihren Steuergeldern finanzieren, überhaupt gehört. Wem gehört Deutschland? Was ist Deutschland? Ein Land mit einer demokratischen Verfassung? Oder ist es nur eine Pseudoverfassung, die mittels demokratischer Verfassung Menschen politisch kaputt verwaltet? Hat der einzelne Bürger und Mensch Möglichkeiten auf sein eigenes Leben wie auf Entwicklungen im Lande Einfluss zu nehmen? Oder haben nur globalisierende Spekulanten und reiche Familien Einfluss? Wie man sieht, gibt es bezüglich dieser Dimensionen von Oben und Unten keine Neutralität – auch wenn man sie gern hätte und es so darstellt.

      Ich schreibe Oben und Unten auch deshalb groß, weil der existenzielle Bedeutungszuwachs verheerende seelische Auswirkungen im Zuge sozialer Veränderungen exorbitant zeitigt: Alles, das gesamte Leben, kumuliert in diesem Verhältnis. Aber man sollte sich weder an diese Bezeichnung noch an die sie meinenden Inhalte gewöhnen, denn das garantiert eine Vertiefung der Probleme in ein seelisches Niemandsland hinein.

      Unter dem Titel „Ihr da oben, wir da unten“ (1973) wurden gesellschaftliche Verhältnisse bereits durch Günter Wallraff mittels eines investigativen Journalismus beschrieben. Traditionell galt Oben und Unten schon durch die Jahrhunderte als Redewendung, um Herrschaftsverhältnisse pointiert in der Unterschiedlichkeit der mit ihnen verbundenen Lebensverhältnisse auf den Punkt zu bringen. Insofern besitzt sie historische Dimensionen, um ein Verhältnis zwischen Menschen in ein und demselben Land oder ein und derselben Zeit oder Epoche zu bezeichnen und Unterschiede bzw. Herrschaftsverhältnisse zu erklären. Oben und Unten können insofern als die mal mehr, mal weniger deutlich in den Vordergrund rückenden roten Fäden, die Menschen einerseits leiten und andererseits einordnen, bezeichnet werden: Sie zeigen sehr unterschiedliche Lebensverhältnisse in aller Konsequenz auf. Der eine ist ohne den anderen nicht denkbar. Mit ihnen wird unser Leben gestrickt. Überträgt man diese beiden Fäden auf das Bild eines Organismus, könnte man von ihnen als von Adern sprechen, wobei die Oben-Ader die Unten-Ader durch Entzug von Nährstoffen und Zuleitung von Schädlichem, vergiftet und Hilfeleistungen bei der Entgiftung verweigert: Das Negative und Zerstörerische für den Einen bedeutet nicht mehr zu rechtfertigende Vorteile durch Vernichtung