haut es mich mir nichts dir nichts von den Beinen. Einfach so. Im Zeitlupentempo sacke ich zusammen. Dabei gelingt es mir immerhin so auf den Fliesenboden zu fallen, dass ich mir nicht ernsthaft wehtue oder gar irgendetwas breche. Ist das jetzt der Anfang vom Ende? Ich fühle immer noch keine Schmerzen, nur ein wenig Panik. Das iPhone habe ich auf dem Nachttisch liegen lassen und jetzt liege ich hier hilf- und fast bewegungslos auf den kalten Küchenfliesen. Na, so eine Scheiße, denke ich. Dann geht das Licht aus…
Als ich wieder zu mir komme, ist schon früher Nachmittag. Wie viele Stunden habe ich hier gelegen? Immerhin kann ich meine Arme bewegen und auf meine Armbanduhr schauen. Fünf Stunden errechne ich. Ich drehe mich im Zeitlupentempo auf die Seite und dann auf meine Knie. Tot bin ich demnach noch nicht. Irgendwie kriege ich die Tischkante zu fassen und so bewege ich mich langsam wieder in die Vertikale. Was für ein Wochentag ist heute? Dienstag, das ist gut. Vielleicht kann ich jemanden in der Arztpraxis in der Nähe meiner Wohnung erreichen? Wie ein Schlafwandler schlürfe ich langsam zum Schlafzimmer, wo ich mein iPhone vermute. Es liegt tatsächlich auf dem Nachttisch. Ich habe Glück. Die Sprechstundenhilfe stellt mich gleich zu einer der Ärztinnen durch. Ich erkläre ihr, was mir passiert ist. Sie versucht mich zu beruhigen und das beunruhigt mich in hohem Maße. Immer, wenn Ärzte sagen, das sei vermutlich nicht so schlimm, läuten bei mir die Alarmglocken. Die Ärztin fragt mich, ob ich mich stark genug fühle, sie in ihrer Praxis aufzusuchen oder ob sie mir einen Krankenwagen schicken soll. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es alleine dorthin schaffe. Aber ich will mich nicht hängen lassen und erkläre ihr so kraftvoll wie möglich, dass ich es schon schaffen werde.
Die Praxis ist kaum zwei Kilometer von meiner Wohnung entfernt, aber es sind gefühlt sehr lange Kilometer. Ich bin froh, als ich endlich im Wartezimmer angekommen bin. Noch froher bin ich, als ich endlich der Ärztin gegenübersitze. Sie macht die üblichen Untersuchungen wie Blutdruck messen, Lunge abhören und so weiter. Sie findet nichts Auffälliges und tippt auf eine vorübergehende Kreislaufschwäche. Diese Diagnose stimmt mich fast schon euphorisch. Ich bedanke mich für den schnellen Untersuchungstermin. Die Ärztin empfiehlt die Einnahme eines Medikamentes zur Stärkung oder so. Das Rezept soll ich mir bei der Sprechstundenhilfe anholen. Ich bedanke mich nochmals, erhebe mich von dem Stuhl und steuere die Tür an…
Das Paradies ist tatsächlich so, wie ich es einst im Konfirmandenunterricht beschrieben bekommen habe. Es ist hell, fast gleißend und weiß. Der Engel, der sich mir nähert, hat zwar keine Flügel, soweit ich das in dieser strahlenden Helligkeit ausmachen kann, aber ansonsten passt er prima ins Bild. So wie mein Zustand. Es fühlt sich alles sehr leicht an, fast schwerelos. Falls ich in diesem Zustand die nächsten paar tausend Jahre verharren darf, ich habe nichts dagegen. Der Engel nähert sich meinem Gesicht und ich bin sicher, dass er mich gleich küssen wird. Das machen Engel üblicherweise immer. Woher ich das weiß? Ist mir entfallen. War es dieser blöde Pfarrer aus dem Konfirmationsunterricht, der manchmal aus Wut seine Bibel in unsere Richtung geschmissen hat, wenn wir ihn nicht ernst genug genommen haben? Nein ich denke nicht, der hat sicher nicht von küssenden Engeln, sondern nur von den Qualen der Hölle erzählt. Ich hoffe, dass wenn es eine Hölle gibt, was ich mir natürlich nicht vorstellen kann, dass er dann darin schmort. Er wurde nämlich der Unzucht mit Minderjährigen beschuldigt und ich glaube sogar verurteilt. Oder wurde er nur versetzt? Der Engel schaut mir in die Augen und ich hoffe, dass ich ihm gefalle. Dann sehe ich nichts mehr. Ich will nur noch schlafen. Der Trip ins Paradies kostet mich eine Menge Kraft…
Ich wache auf. Das Paradies ist verschwunden. Die Leichtigkeit ebenfalls. Mein rechter Arm schmerzt. An meinem linken Arm hängt ein Plastikschlauch, der an einem Tropf endet. Die Nummer mit dem Engel hat mir besser gefallen. Ich höre, wie sich eine Tür öffnet und dann stehen plötzlich zwei Personen neben meinem Bett. Sie sind beide weiß gekleidet, aber von Engeln keine Spur.
»Guten Morgen. Wie geht es Ihnen?«
Die Frage irritiert mich, zumal sie mich so unvorbereitet trifft. Ich antworte mit einer Gegenfrage, was man eigentlich nicht tun sollte.
»Wer sind Sie?«
»Entschuldigung. Ich vergaß, mich vorzustellen. Ich bin der leitende Stationsarzt Krösing.«
»Dr. Krösing?«
»Falls Sie es so genau wissen wollen: Professor Krösing.«
Ich scheine mich also in einem Krankenhaus zu befinden.
»Wie bin ich hierhergekommen?«
»Ihre Hausärztin hat Ihre Einweisung verfügt, nachdem Sie in ihrer Praxis zusammengebrochen sind.«
Immerhin kann ich mich an den Besuch bei der Hausärztin erinnern. Aber warum diese Einweisung in ein Krankenhaus? Ich hasse Krankenhäuser und alles, was damit zusammenhängt. Ich muss schleunigst sehen, dass ich hier wieder rauskomme.
»Was fehlt mir denn, Herr Professor Krösus?«
»Krösing ist mein Name.«
Er klingt leicht pikiert. Wahrscheinlich hat er gemerkt, dass ich ihn ein wenig reizen wollte. Das ist gut, ich scheine mich auf dem Weg der Besserung zu befinden.
»Wir wissen noch nicht, warum sie zusammengebrochen sind. Ihre Blutwerte sind normal. Wir hoffen, dass ein CT uns weiterbringen wird.«
CT? Ach ja, Computertomografie oder heißt es Computertopografie? Na egal, auf jeden Fall ist es eine moderne und sicher auch sehr teure Untersuchungsmethode.
»Wann wollen Sie die Untersuchung machen?«
»Ich denke, wir sollten keine Zeit verlieren. Falls Sie einverstanden sind, werden wir das heute am frühen Nachmittag erledigen.«
Einverstanden? Habe ich eine Wahl? Na ja, bei so einer Untersuchung kann, so glaube ich, hoffentlich nicht allzu viel passieren. Jedenfalls habe ich noch nie gehört, dass jemand dabei den Löffel abgegeben hätte. Ich nicke zustimmend, was Professor Krösing wohl gefällt.
»Ich schicke Ihnen nachher eine Schwester mit den notwendigen Papieren vorbei.«
Ist die Sache doch nicht so harmlos, wenn ich mich dazu einverstanden erklären muss? Auf einmal ist die Energie, die ich soeben noch gefühlt habe, weg und ich fühle mich wieder unendlich schlaff. Jetzt muss ich erst einmal schlafen.
Die Sache mit dem CT und das ganze Drumherum habe ich kaum mitgekriegt. Weiß der Teufel, was die mir in die Infusionsflasche rein tun. Ich bin unglaublich schläfrig und teilnahmslos. Ich liege übrigens in einem Einzelzimmer. Ob das ein Vorteil ist, weiß ich nicht, aber ich bin halt gut versichert. Vielleicht ist das auch der Grund, warum sie sich hier ein Bein ausreißen, oder tun sie das in Wirklichkeit gar nicht? Es muss schon später Nachmittag sein, jedenfalls kündigt sich vor dem Fenster so etwas wie Dämmerung an. Ich denke, ein kleines Nickerchen kann im Moment nicht schaden. Rita ist wieder da. Sie steht direkt vor mir mit ihrem hellblauem Cashmerepullover und ihrem ultrakurzen Jeansrock. Ihre langen Beine enden in schlanken Oberschenkeln. Mit meiner linken Hand streichel ich die Innenseite ihres linken Oberschenkels. Ganz zärtlich, wie sie das gerne hat. Dann fühle ich den weichen Stoff ihres Tangas und darunter ihren Venushügel. Ich fühle, wie mein Schwanz hart wird. Ich werde noch warten, bis ich ihren Tanga langsam beiseiteschieben und die Feuchtigkeit ihrer Spalte prüfen werde. Aber Rita zieht meine Hand aus dem Bereich ihrer Pussy und so sehr ich mich anstrenge, es gelingt mir nicht, die Hand wieder unter ihren Rock zu schieben.
»Wie geht es dir, Großer?«
Ritas Stimme klingt so verändert. Ich bewege meine Lippen, aber irgendwie bekomme ich keinen Ton heraus.
»Soll ich später noch einmal wiederkommen?«
Jetzt weiß ich, wo ich bin. In meine Nase dringt eine Mischung aus Desinfektionsmitteln und zartem Parfum. Der Parfumgeruch ist neu. Ich versuche meine Augen zu öffnen und das braucht eine Zeit, weil meine Lider irgendwie verklebt sind. Mir wird bewusst, dass irgendjemand meine Hand hält. Es ist Andrea.