Miriam Frankovic

Kira und der Kunsträuber


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ganz besondere Überraschung für dich ausgedacht.“ Er hielt einen Moment inne und sah mich dann wieder feierlich an. „Wir werden in den Sommerferien alle zusammen eine Bilderreise machen.“

      „Eine Bilderreise?“

      Watahulu nickte und sah zu meinem Vater, der mich nun ebenso feierlich ansah und das Wort übernahm. „Wir werden alle zusammen nach Krakau fahren. Dort, im Czartoryski-Museum, befindet sich ein Bild von einem der berühmtesten Maler der Welt. Die Dame mit Hermelin von Leonardo da Vinci. Die anderen sahen mich erwartungsvoll an und warteten darauf, dass ich mich freute. Einen Moment lang wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Aber ich wollte niemanden enttäuschen. Also tat ich ihnen den Gefallen und tat so, als ob ich mich freute. Insgeheim fragte ich mich natürlich, ob Niklas uns wohl begleiten würde auf dieser Bilderreise. Alle zusammen konnte alles oder nichts heißen. Alle zusammen mit Niklas. Oder alle zusammen ohne Niklas. Aber ich traute mich nicht nachzufragen. Denn dann hätte gleich jeder gemerkt, wie wichtig es mir war, dass Niklas mitfuhr. Und was Leonardo da Vinci anging... ich hatte seinen Namen zwar schon mal gehört, und ich wusste auch, dass er Maler war. Aber was er gemalt und sonst noch so gemacht hatte, daran konnte ich mich nicht erinnern. Und dieses Museum mit dem unaussprechlichen Namen kannte ich schon gar nicht. Weil ich nicht wagte zu fragen, ob Niklas uns auf die Reise begleiten würde, fragte ich statt dessen „Wie heißt das Museum noch mal?“

      „Czar-to-rys-ki“, sagte mein Vater. „Kira. Auch, wenn du dich jetzt vielleicht noch nicht richtig freuen kannst... Krakau ist eine wunderschöne Stadt in Polen. Ich bin mir sicher, dass es dir dort gefallen wird. Und das Bild von Leonardo da Vinci auch. Viele Menschen würden sich gern einmal ein Bild von ihm ansehen und haben ihr ganzes Leben lang keine Gelegenheit dazu, außer natürlich, sie sehen eine Abbildung in einem Buch. Aber das ist ja etwas anderes. Außerdem – und da zwinkerte er mir fast unmerklich zu - ist Niklas ja auch dabei.“ Mein Herz machte einen Hüpfer, und in diesem Augenblick merkte ich, dass das, was ich eben noch für Freude gehalten hatte, gar keine richtige Freude gewesen war. Denn jetzt freute ich mich wirklich. Ich freute mich so sehr, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte zu grinsen. So sehr, dass ich die ganze Welt hätte umarmen können, sogar die Mädchen in meiner Klasse, die immer heimlich über mich tuschelten. Ich freute mich so sehr, dass mir innerlich ganz warm wurde und ich sogar freiwillig noch ein Jahr länger zur Schule gegangen wäre. Plötzlich hatte ich das Gefühl zu schweben wie eine Wolke, die tänzelnd über das Land hinwegzieht. Cangoo knuffte Timbu in die Rippen „Guck mal. Kira kann zum Beispiel gar nicht mehr aufhören zu grinsen.“

      „Stimmt“, grummelte Timbu mit seiner tiefen Stimme und fing nun auch an zu grinsen. Auf einmal grinsten mich alle an, bis auf Niklas, der ganz still neben mir saß und so aufmerksam auf seinen Teller starrte, als würde er darauf warten, dass er sich jeden Moment in eine fliegende Untertasse verwandelte.

      „Super, dass du... mitkommst“, druckste ich und sah Niklas schief von der Seite an.

      „Finde ich auch“, meinte Niklas. „Meine Eltern fanden die Idee sogar ganz gut, weil sie selbst keine Zeit haben, in den Sommerferien weg zu fahren.“

      „So, und da das nun geklärt wäre, kannst du ja jetzt endlich deine Geschenke auspacken“, beendete mein Vater das kurze Gespräch zwischen Niklas und mir. „Denn bis zu den Sommerferien ist es schließlich noch eine Weile hin.“

      „Auspacken, auspacken, auspacken“, riefen alle im Chor und sahen mich erwartungsvoll an.

      „Gut. Womit soll ich anfangen?“

      „Mit meinem zum Beispiel“, grölte Cangoo, schnappte sich einen roten Geschenkkarton mit weißen Punkten, der wie ein Fliegenpilz aussah, und hielt ihn mir vor die Nase.

      Ich machte die grüne Schleife auf, die um den Karton herumgewickelt war. Zum Vorschein kam ein Memory-Spiel mit Bildern von Kängurus.

      Als nächstes reichte mir Pferdfreund ein längliches Geschenk. Darin lag ein wunderschöner neuer Füller mit goldener Kappe, den Cangoo gleich eifersüchtig beäugte, weil er befürchtete, dass Pferdfreunds Geschenk mir besser gefallen könnte als seins. Von Albert bekam ich ein Buch über die Entstehung der Erde, während Timbu mir ein nagelneues Federballspiel schenkte. Das konnte ich gut gebrauchen, denn Cangoo hatte meinen Federballschläger vor kurzem in einem Wutanfall so heftig auf den Boden geworfen, dass die Seiten gerissen waren. Mintz schenkte mir einen Mp3 Player, auf dem ich meine Lieblingsmusik hören konnte, und von Watahulu bekam ich einen Rucksack aus weichem, braunen Leder. „Den kannst du gleich nach Krakau mitnehmen“, sagte er. „Da passt eine Menge rein.“

      Dann wickelte ich Nokos Geschenk aus. Eine Taucherbrille und Schwimmflossen. „Die wolltest du doch schon immer mal haben“, lispelte Noko schüchtern. „Oder gefallen sie dir nicht?“ fügte sie etwas unsicher an.

      „Doch, die sind toll“, erwiderte ich. Es stimmte. Schwimmflossen und eine Taucherbrille zum Schnorcheln hatte ich mir schon immer gewünscht. „Mein Geschenk steht im Garten“, sagte mein Vater und lächelte. „Willst du es dir mal ansehen?“

      Klar wollte ich. Während die anderen gemächlich hinter mir hertrotteten, lief ich neugierig voraus. Die Sonne schien durch die Baumkronen, und für Mitte April war es heute ungewöhnlich warm. Die ersten Veilchen, Krokusse, Osterglocken und Narzissen blühten schon, und ein paar orange Tulpen streckten vorsichtig ihre Köpfe aus der Erde. Die Hyazinthen in ihren Beeten fingen an zu duften, und nun würde es auch nicht mehr lange dauern, bis der Rhododendron sich scharlachrot über dem dunkelgrünen Laub erheben würde. Und dann entdeckte ich mein Geschenk. An den silbrig weißen Stamm einer Birke gelehnt stand ein nagelneues, moosgrünes Fahrrad, dessen Speichen in der Sonne glitzerten. Freudig überrascht lief ich darauf zu. „Probier es mal aus“, meinte mein Vater. „Mal gucken, ob du mit der Gangschaltung zurechtkommst.“

      Ich umarmte meinen Vater überschwänglich. „Ein neues Rad habe ich mir schon ganz lange gewünscht.“ Da ich im letzten Jahr ziemlich gewachsen war, war mein altes mir nämlich längst zu klein geworden. „Und bekanntlich werden Wünsche wahr, wenn man nur fest genug daran glaubt“, erwiderte mein Vater und zwinkerte mir zu.

      Erst, als ich abends allein in meinem Zimmer war und ganz sicher sein konnte, dass mich niemand mehr störte, wickelte ich so vorsichtig, als würde sich etwas Zerbrechliches darin befinden, Niklas’ Geschenk aus. Zum Vorschein kam eine Kette. Sie bestand aus einem Lederbändchen, an dem ein kleiner, honiggelb funkelnder Bernstein hing. Auf einem eingerollten Zettel stand Viel Glück, Kira. Und mit einem Mal wurde mir klar, dass dies der glücklichste, erfüllteste, schönste Tag in meinem ganzen bisherigen Leben war.

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