Detlef Wolf

Geschwisterliebe


Скачать книгу

sah sie sichtlich erleichtert aus. Wieder griff sie nach Stephans Hand.

      Die Ärztin lächelte, als sie es sah. „So, alles überstanden“, sagte sie. „Fürs erste jedenfalls. Also, gute Besserung.“

      Zurück auf der Straße, blieb Nicole stehen und griff nach Stephans Hand. „Danke, Stephan“, sagte sie. „Du hast mir so geholfen.“

      Er strich ihr sanft mit dem Finger über die Wange. „Aber nicht doch, Mäuschen. Ich bin so froh, daß Du überhaupt gegangen bist. Jetzt hoffen wir mal, daß alles wieder in Ordnung kommt.“

      Sie beeilten sich mit ihren Einkäufen. Die Salbe und den Badezusatz bekamen sie ohne Probleme in der Apotheke. In einem Wäschegeschäft kaufte Stephan den Vorrat an weißen Baumwollunterhöschen und T-Shirts auf. Fünfzehn Stück für jedes der Kinder. Und er achtete darauf, daß die Sachen nicht nur praktisch waren, sondern auch einigermaßen hübsch aussahen.

      „Damit kommt Ihr eine ganze Woche aus, wenn Ihr jeden Tag zweimal was Sauberes anzieht. Das sollte genügen.“

      Nicole strahlte. „So schöne Wäsche haben wir noch nie gehabt.“

      „Dann wird’s ja langsam Zeit“, meinte Stephan.

      ***

      Kevin lag in seinem Bett und starrte gegen die Decke, als sie nach Hause kamen.

      „Na, Kevin, alles klar?“ begrüßte Stephan ihn.

      „Langweilig halt“, antwortete Kevin.

      „Tja, Du, da kann ich leider nix dran machen.“

      „Was ist denn mit Nicole?“

      „Die Ärztin meint, sie wäre ziemlich schlimm dran. Aber viel konnte sie nicht machen. Sie hat ihr eine Salbe aufgeschrieben. Sowas Ähnliches wie Deine auch. Jetzt soll sie erstmal baden und sich unten alle Haare abrasieren, damit sie die Creme auf die Haut schmieren kann.“

      Kevin grinste. „Die haben sie mir im Krankenhaus auch schon wegrasiert. Jetzt seh ich wieder aus wie so ‘n kleiner Junge.“

      „Stephan, kommst Du?“ rief Nicole aus dem Badezimmer.

      „Sie will, daß ich ihr helfe“, erklärte Stephan. „Aber mir wär’s lieber, wenn Du das machen könntest. Sie sagt, Du hättest Ihr schon oft geholfen.“

      Kevin nickte. „Hab ich. Aber tut ihr das denn nicht weh?“

      „Keine Angst. Die Ärztin hat ihr eine Betäubungsspritze gegeben. Im Moment spürt sie da unten gar nichts.“

      Kevin ging hinüber zu seiner Schwester. Die hatte sich inzwischen ausgezogen und Wasser in die Badewanne eingelassen. „Am besten machen wir’s so wie gestern“, schlug sie vor.

      „Na klar“, sagte Kevin und zog sich ebenfalls aus. Sie stiegen zusammen in die Wanne.

      „Ich hab Euch das Rasierzeug hingelegt“, rief Stephan vom Nachbarzimmer aus.

      „Kannst Du’s uns nicht bringen?“ rief Kevin zurück. „Wir liegen hier zusammen in der Wanne, und wenn ich die Sachen hole, mach ich ja alles naß.“

      Als Stephan ins Badezimmer kam, mußte er unwillkürlich lachen. „Ihr beide seht ja vielleicht niedlich aus da drin.“ Er legte das Rasierzeug auf die Ablage neben der Badewanne. Dann sah er Kevin eindringlich an. „Sei schön vorsichtig mit ihr. Tu ihr nicht weh und vor allem, schneide sie nicht. Sie hat, weiß Gott, schon genug Wunden am Körper.“

      Kevin nickte. „Ich mach das schon“, sagte er ernsthaft.

      Tatsächlich war er unendlich vorsichtig, als er ihr die Haare abrasierte.

      „Mach ruhig, ich spür überhaupt nix“, versicherte Nicole.

      „Und sonst? Unangenehm?“

      Sie schüttelte den Kopf. „Auch nicht. Du hast mich jetzt schon so oft angefaßt, da macht’s mir langsam gar nichts mehr aus. Also mach ruhig zu und denk nicht drüber nach.“

      Trotzdem beeilte er sich, so gut er konnte. Er wußte, daß es ihr doch unangenehm war, auch wenn sie es nicht zugab. Welches fünfzehnjährige Mädchen ließ sich schon gerne von seinem Bruder derart intensiv zwischen den Beinen anfassen. Und das nicht nur einmal kurz, sondern ziemlich lange und wirklich überall.

      Sie atmete auch erleichtert auf, als er endlich fertig war. Sie trat vor den großen Türspiegel und betrachtete sich. „Wie ’n kleines Mädchen“, stellte sie fest.

      Kevin stellte sich hinter sie und legte ihr die Arme über die Brust. „Ich finde, es sieht irre aufregend aus“, flüsterte er. „Und wenn Deine Striemen erstmal weg sind, wahrscheinlich noch viel mehr.“

      Sie machte sich los und sah ihn an.“ Was redest Du denn da? Du hörst Dich glatt so an, als würde ich Dich anmachen.“

      Er sah an sich herunter und bekam einen roten Kopf, als er sah, daß sein Glied sich ein wenig aufgerichtet hatte. „Tust Du auch“, gab er zu.

      „Hey, Kevin, ich bin Deine Schwester“, rief sie.

      „Weiß ich doch“, sagte er kleinlaut. „Ich kann doch auch nichts dafür.“

      Sie atmete einmal tief durch. Dann ging sie zu ihm und nahm ihn in die Arme. „Aber ein schönes Kompliment ist es trotzdem.“

      „Du bist mir nicht böse?“ fragte er zaghaft.

      „Gar nicht“, antwortete sie. „Ich hab Dich doch auch lieb.“ Sie ließ ihn wieder los. „Aber jetzt sollten wir uns vielleicht doch lieber wieder was anziehen, bevor das hier noch schlimmer wird. Und Du mußt außerdem auch wieder ins Bett.“

      „Aber vorher noch die Salbe“, wandte er ein.

      Nicole seufzte. „Na klar. Die hätt ich jetzt fast vergessen. Geht’s denn noch?“

      „Na klar. Mir ist nur ‘n bißchen schwindelig.“

      „Dann beeil Dich, damit Du Dich wieder hinlegen kannst.“

      Trotzdem nahm er sich Zeit, sie sorgfältig mit der Salbe einzureiben.

      „Am besten ziehst Du jetzt gar nichts an, wenn Du Dich ins Bett legst“, schlug Nicole ihm vor, nachdem sie das gleiche bei ihm gemacht hatte. „Die Ärztin hat gesagt, wir sollten alle Sachen so oft es geht auslassen. Dann würde es besser abheilen.“

      Grinsend marschierte der nackte Junge in sein Zimmer und legte sich ins Bett. „Mir soll’s recht sein“, meinte er.

      „Ich werd wohl wieder den Bademantel anziehen“, entgegnete Nicole. „Stephan hat uns zwar neue Sachen gekauft, aber die müßten erst gewaschen werden, sagte er.“

      „Wie kommt er denn dazu?“

      „Die Ärztin hat gesagt, wir sollen vorerst nur Sachen aus reiner Baumwolle anziehen und weite T-Shirts. Alles was man kochen kann. Und da ist er gleich mit mir losgezogen und hat solche Sachen gekauft.“ Sie kicherte. „Stell Dir vor, dreißig T-Shirts für uns beide und für jeden von uns noch fünfzehn Unterhosen. Und richtig schicke, sag ich Dir. Ich hab gedacht, ich seh nicht richtig. Sind alle schon in der Waschmaschine.“

      „Stephan ist schon okay“, stellte Kevin fest.

      „Er ist super“, erwiderte Nicole. „Und er ist ganz schrecklich lieb. Es wär wirklich schön, wenn wir bei ihm bleiben könnten. Was meinst Du?“

      „Ich fänd’s auch klasse. Vor allem in dem tollen Haus hier.“

      „Ach, Du hast ja noch fast nichts davon gesehen. Das Wohnzimmer, mein Gott, das ist größer als unsere ganze Wohnung. Und dann hat er ein richtiges Schwimmbad. Und den Riesen-Garten. Das ist ein richtiger Palast hier. Und was er alles für uns macht.“

      „Ich möchte mal wissen, warum bloß“, rätselte Kevin.

      Nicole zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Ich hab ihn das heute morgen auch gefragt,