Jo L.L. Roger

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      „Wie läuft’s bei der Elite der Nation?“

      „Die Grundi ist ganz lustig, aber insgesamt ist es recht öde.“

      „Du hättest auch verweigern können.“

      „Alten Leuten den Popo abwischen ist nicht mein Ding. Den Spaß überlasse ich Martin.“

      Da sich Aiko zu den Jungs umdreht, um einen Blick auf Vincent zu werfen, bleibt Martin wie angewurzelt in der Zimmertür stehen.

      „Wen haben wir denn hier?“, fragt Vincent.

      „Das ist Aiko“, klärt ihn Martin auf.

      Vincent bleibt bei Carl stehen, betrachtet sie aber neugierig. „Hallo! Ich bin Vincent!“

      „Hey!“

      „Du bist also die geheimnisvolle Neue.“

      „Ja!“ Aiko zeigt den Männern nach der Begrüßung die kalte Schulter.

      „Lass mal die Logos sehen.“

      „Hoffe dir gefällt unser Design“, beginnt Carl. Umständlich schlängelt sich Martin um die beiden zum Schreibtisch zurück. Er wirft einen kurzen Blick auf die Ausdrucke, bevor er ihm ein Blatt in die Hand drückt. „Das sind die Flyer, die wir bis übernächste Woche verteilen wollen, um noch ein paar Leute vor Ferienbeginn abzugreifen.“

      „Die schauen spitzenmäßig aus. Fast wie vom Profi.“

      „Am Tintenpinkler kommen die nicht gut.“ Martin deutet auf seinen Monitor. „So sehen sie am Rechner aus.“

      „Du solltest so etwas wirklich beruflich machen, Mr. Pixel.“

      „Das hatte ich eigentlich vor.“

      Anerkennend klopft ihm Vincent auf die Schulter. „Kommst du mit zu Christoph?“

      „Nein, hatte ich nicht vor.“

      „Darfst deine Kleine auch mitbringen.“

      „Lieber nicht“, druckst Martin herum, „wir haben bereits Pläne.“

      „Dann wünsche ich viel Spaß!“, antwortet er ihm. An Carl gerichtet fährt er fort: „Können wir fahren? Ich will noch zum Mäckie. Ich hab heute den Kasernenfraß geschwänzt.“

      „Bin gleich so weit.“ In aller Seelenruhe packt Carl die Ausdrucke in eine Mappe, bevor er sie im Rucksack verstaut. Martin reicht ihm einige CDs. „Mit denen bin ich durch. Wäre echt cool, wenn ich die Scheiben von heute noch etwas behalten könnte.“

      „Kein Stress! Seitdem meine Kiste bei Brigitta steht, weiß ich nicht wohin mit dem ganzen Zeug.“

      „Danke!“

      „Dann bis nächste Woche!“, verabschiedet er sich von Martin.

      „Wir sehen uns.“

      Vincent dreht sich beim Verlassen des Zimmers zu Aiko. „Viel Spaß bei der Biologie-Nachhilfe.“

      Sie sieht mit leicht errötetem Gesicht zu Vincent auf. „Martin ist ein braver Schüler.“

      „Das freut mich für ihn!“, lobt Vincent. „Bei Gelegenheit könntest du mir die Sache mit den Bienchen und Blümchen vielleicht auch mal erklären.“

      „Vielleicht?“, erwidert Aiko mit einem spöttischen Grinsen.

      * * *

      Die E-Klasse biegt von der Landstraße auf das Gelände des Reiterhofs. Vincent steuert den Wagen über einen Kiesweg vorbei an den Besucherparkplätzen. Er stoppt vor dem Werkstattschuppen gegenüber der Reithalle. Vor dem Rolltor des Schuppens stehen mehrere schwarz lackierte Spanplatten zum Trocknen. Noch bevor Vincent den Motor abstellt, steigt Carl aus. Vincent bleibt sitzen und stopft die letzten Nuggets aus seiner McDonalds Tüte in sich hinein. Unterdessen betritt Carl die Werkstatt, in der BlitzKey, Christoph und Brigitta Spanplatten bearbeiten. Vorbildlich tragen sie Handschuhe, Ohrenschützer, Schutzbrillen und Atemschutz. Nachdem BlitzKey den Besucher bemerkt, gibt er Christoph ein Handzeichen. Die Kreissäge in der Ecke verstummt. Brigitta, die eine Platte am anderen Ende des Schuppens lackiert, dreht sich ebenfalls zu ihm. Carl hebt die Hand zum Gruß, doch BlitzKey scheucht ihn sogleich nach draußen. Christoph und Brigitta schließen sich den beiden an. Im Freien legen sie die Schutzausrüstung ab.

      „Servus, Leute! Ihr seid ja richtig fleißig.“

      „Hallo, mein Großer!“, begrüßt Brigitta ihren Freund. Vorsichtig streckt sie sich ihm entgegen, um ihn zu küssen, ohne seine Kleidung mit Lackresten oder Sägespänen zu verschmutzen.

      „Hallo, Carl“, schließt sich Christoph an.

      „Hi! Wo ist Vincent?“

      „Schiebt sich gerade noch Fritten rein.“

      „Hättest vorher was gesagt, dann hätten wir Pizza bestellen können“, erwidert Christoph.

      „Kennst ihn doch. Wenn er Hunger bekommt, wird er zum Tier!“

      Da er die anderen vor dem Schuppen bemerkt, steigt Vincent ebenfalls aus. Eilig nähert er sich der Gruppe. „Hallo, Leute! Waren die Arbeiterbienchen fleißig?“

      „Die haben zu dritt ganz schön was weggeschafft.“

      „Wunderbar, dann kann bei der LAN-Party eigentlich nichts mehr schiefgehen.“

      „Wer will Bier, Limo oder Cola?“, fragt Christoph in die Runde.

      „Ich brauch jetzt ein Bier“, bettelt Vincent, „um die trockenen Nuggets runterzuspülen.“

      Christoph schaut die anderen reihum an, um deren Antworten zu hören.

      „Cola.“

      „Cola.“

      „Cola!“

      Sogleich verschwindet er in der Werkstatt. Während sie auf die Getränke warten, setzt sich Brigitta neben dem Schuppen auf die Rückenlehne einer Holzbank und öffnet das viel zu kurze Pferdeschwänzchen. Nachdem sie die Haare ausgeschüttelt und von Sägespänen befreit hat, streicht sie diese mit dem Haarreif zurück. BlitzKey klopft sich ebenfalls Sägespäne aus der Kleidung, bevor er auf der Bank Platz nimmt. Vincent bleibt militärisch bequem stehen. Carl setzt sich zu seiner Freundin. Stolz holt er die Ausdrucke der Flyer und Posterentwürfe aus dem Rucksack, die ihm BlitzKey und Brigitta förmlich aus der Hand reißen. „Mr. Pixel hat sich mal wieder selbst übertroffen!“, lobt Vincent die Entwürfe.

      „Yo! Sieht alles recht stylish aus“, stimmt BlitzKey zu. Christoph kommt mit den Getränken zurück. Er verteilt die Flaschen und hebt seine Limonade zum Toast. „Auf unsere erste echte Computerparty! Auf die Wake Up! 1996.“

      „Auf die New Economy und ihre Unternehmer!“, verkündet Vincent. Gemeinsam stoßen miteinander an.

      „Hältst du uns für New Economy?“, fragt Carl.

      „Irgendwie sind wir das doch? Direkt nach dem Abitur mal eben mit Webdesign und LAN-Partys Geld verdienen ist alles andere als Old School?“

      „Hört, hört, da spricht der zukünftige Wirtschaftswissenschaftler“, feixt BlitzKey.

      „Wahre New Economy Unternehmer brauchen Venture Capital und gehen an die Börse“, wirft Carl ein.

      „Wart‘s ab! Wenn ich bei den Olivgrünen fertig bin und Martin genügend Ärsche im Altersheim abgewischt hat, starten wir mit dem Webdesign richtig durch.“

      „Seid ihr dafür nicht etwas spät dran?“, fragt Christoph.

      „Ach was! Deutschland hinkt doch immer ein paar Jahre hinterher. Wir kopieren einfach die erfolgreichen Amis und sacken damit die fette Kohle von den planlosen Bankheinis ein.“

      „Zuerst sollten wir mal die Party durchziehen, bevor wir weiterträumen“, erwidert Carl.

      „Du alter Pessimist!“