Gabriela Beyeler

Grüwig das Buch


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die Autoprüfung. Er lud mich ins Kino ein und lehnte sich zu diesem Anlass, von einem ihm bekannten Garagisten ein Auto aus. Nach dem Film, als wir ins Auto stiegen und abfahren wollten, fuhr er beim Rückwärtsfahren in einen Betonsockel. Das kam teuer! Er kaufte sich einen weissen Toyota. Dieter kam mich etwa zwei oder drei Mal überraschend in Solothurn besuchen. Ich deutete das als Leidenschaft, weil er mich bestimmt vermisste, doch böse Zungen behaupteten, er täte mich nur kontrollieren. Oft kam er freitags nach der Schulwoche nach Solothurn und wir fuhren übers Wochenende ins Tessin, dass gefiel mir immer sehr gut. Ich liebte das Tessin. Wir sind die verschiedensten Täler hinauf und hinab gefahren und dazu hörten wir „Genesis“.

      Umzug an die Ahornerstrasse

      Ich weiss nicht mehr, wann wir von der Landscheide in die Ahornstrasse umgezogen sind. Das Haus lag ganz in der Nähe unseres ehemaligen Hauses, in dem ich aufgewachsen bin. Die Sutter`s besassen einen stillgelegten Bauernhof und bauten den Stall in eine 4- Zimmerwohnung aus. Leider nicht fachmännisch und das rächte sich speziell im Bad, mit Pilzen an den Wänden. Dafür hatte Mutter wieder ein professionelles Zimmer für ihre Coiffeur-Tätigkeit. Mutter Fischer wurde auch Kundin. Meine Mutter ist keine Geschäftsfrau. Sie verkaufte sich unter ihrem Wert. Sie fand auch immerzu irgendwelche Gründe, warum sie nicht die üblichen Preise verlangen konnte. Ihr wurde in dieser Wohnung ein Geldeinwurfzähler für den Strom eingebaut. Dieser Apparat schluckte ausschliesslich Zweifränkler. Wer hält sich schon an solch komische Geräte und Regelungen. Sascha entfernte das Siegel und wir benutzten den ganzen Monat über den gleichen Zweifränkler. Ende Monat legte Mutter den errechneten Betrag hinein, in Noten. An diesem Wohnort hatten wir wieder Kätzchen. Es mehrte sich zum „Katzenland“ so wie es Dieter ausdrückte. Wir hatten mindestens sieben. Im Winter sassen fast alle im Wohnzimmer. Ich fand das toll, denn ich liebe Katzen. Sascha bekam einen Monoblock vom Kieferorthopäden verschrieben. Sein Unterkiefer stimmte nicht mit dem oberen überein. Weil Sascha noch ab und zu in Mutter`s Bett schlief und ihr ins Ohr jammerte, weil es anfänglich schmerzte, entschied sie kurzum, dass er ihn nicht mehr tragen musste. Ich protestierte heftig, bekam aber von Mutter zu verstehen, dass mich das nichts anginge. Grossmutter und Grossvater sah ich nur noch sehr selten. Meine Mutter verstand sich mit ihnen seit der Scheidung gar nicht mehr gut, doch das lag nicht an seitens der Mutter, sondern der Schwiegereltern.

      Denn kaum war die Scheidung im Gange, räumte Grossmutter und Grossvater unser Haus aus. Alles was gut und brauchbar war, wurde verschenkt. Den Müll brachten sie uns. Grossvater fuhr einige Male mit seinem voll beladenen „Aebi“ zur Landscheide und meine Mutter verfluchte ihn deswegen.

      Martin

      Im Jahre 1984, befand ich mich im zweiten Lehrjahr. Ich kam von Solothurn nach Hause und wurde am Bahnhof Gossau von Dieter erwartet. Wir begrüssten uns und ich bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Es vergingen zwei bis drei Minuten, bis er damit rausrückte, dass sich Martin letzte Nacht erschossen habe. Ich war geschockt! Silvia hörte am Freitagmorgen in der Küche einen Knall. Sie ging nach oben nachschauen und fand ihren kleinen Bruder in seinem Bett, unter der Decke tot vor. Das muss ein schlimmer Anblick gewesen sein, doch sie sprach bis heute nicht darüber. Niemand wusste, warum er das tat. Niemand kannte seine Ohnmacht. Es gab für uns keine Anzeichen dafür. Er war so ein liebenswürdiger Junge, offen und kontaktfreudig! Er hatte Monate zuvor seine Lehre als Koch abgebrochen. Ich wusste, dass er diesen Beruf nur wählte um seiner Mutter zu gefallen. Nicht lange danach, nahm er die volle Kasse von zu Hause an sich und haute ab nach Spanien, mit einem seiner Kollegen. Die Eltern fuhren mit derer Vermutung nach Spanien und haben ihn nach einer aufwendigen Suche in Alicante aufgegriffen,. Und nun, etwa ein halbes Jahr darauf sein Tod. Ich weinte an diesem Abend und auch in den kommenden Tagen. Es war einfach traurig und unbegreiflich. Man wusste, dass er Kontakt zu seltsamen Kollegen in Waldstatt pflegte und das diese vielleicht etwas mit Drogen zu tun hatten, doch das waren alles Vermutungen. Dieter knüpfte sich diesen und jenen vor, all jene, mit denen er zuletzt noch in Kontakt war, doch es brachte nichts. Meine Mutter, ich und wahrscheinlich auch Sascha, fuhren mit Dieter an die Beerdigung. Ich weiss heute noch, was für ein Lied im Auto lief. Es war von Kate Bush und hiess: „Running up the hill“. Der Sarg war geschlossen. Nach der Beerdigung wurden wir zum Leidmahl ins Restaurant Kreuz eingeladen. Ich empfand diese Zusammenkunft damals als etwas widerwärtiges. Niemand hatte von ihm gesprochen, man tat so, als ob nichts passiert wäre, so kam es mir zumindest vor. Später hatte ich ein Gespräch mit Claudia, die vor seinem Tod immer noch seine Freundin war, nebst anderen, wie ich erfuhr. Sie war am Abend zuvor noch mit ihm zusammen. Sie erzählte mir, dass er Andeutungen machte. Sie fühlte sich von ihm verletzt und hintergangen.

      Unter Kolleg/innen

      Es folgte die „Sternen-Zeit“. Dieter und ich hielten uns an den Wochenenden häufig im Dorf, im Restaurant Sternen auf. Das war damals ein Treffpunkt der jungen Leute im Umkreis von 30 Kilometern. Weil ich es nicht gewohnt war, viel Flüssigkeit zu mir zu nehmen, quälte mich immer wieder das Problem, was ich trinken sollte. Es kam der Milch-Shake auf, den ich ganz gerne mochte und so wurde das mein Lieblingsgetränk. Das war die Zeit, in der ich das erste Mal ein Auto fuhr. Dieter ermunterte mich, ich solle mich hinters Steuer setzen, was ich dann auch tat. Ich fuhr vom „Sternen“ aus in Richtung Bächli, eine Strecke ausserhalb des Dorfes, auf einer Nebenstrasse. Ich fuhr nach kurzer Erklärung los und das ohne Schwierigkeiten und sehr zügig. Gänge schalten; „null Problem“, ich war ein Naturtalent! Doch leider rostete das Auto buchstäblich vor Dieter`s Augen weg und so verkaufte er es an einen sehr jungen Mann, der zu viel für das Vehikel bezahlte. Dieter kaufte sich einen schwarzen Opel „Manta B“, mit seitlichen blauen Filets. Dieses Auto roch dermassen gut, dass ich mich heute noch gerne daran erinnere. Die Ursache des feinen Geruchs war ein Parfum, das die Freundin des Vorgängers versehentlich auf ihrem Sitz ausleerte. Im Sternen spielten wir sehr oft mit dem Fussballkasten und lernten dabei “Dick und Doof“ kennen, so nannten sie wir zwei junge Männer. Der lange und dünne hiess Claudio Kurz und kam von Flawil und war der Sohn von einer Fensterfabrik. Und der andere, kleiner und mollig, hiess Matteo Maccione und kam ebenfalls aus Flawil und hatte 12 Geschwister. Dieter und ich waren ein fast unschlagbares Team an diesem Spielkasten. Ich spielte im Goal und er vorne. Später, wer hätte das gedacht, sahen wir Maccione bei Fischer`s zu Hause, denn er gewann Bettina als Freundin. Bettina ist die jüngste Schwester von Dieter und etwa zwei Jahre jünger als ich. Dieter malte die Fassade des Elternhauses und plötzlich tauchte noch ein junger Mann in Silvia`s und Bettina`s Zimmer auf, der sich für Silvia zu interessieren schien. Er hiess Walter Manser und kam von Schwellbrunn. Nun hatten alle einen Schatz, ausser Hansjörg. Er war immer noch Single und das lag bestimmt nicht an seinem Aussehen. Doch wie das Leben so spielt, brachte auch Hansjörg plötzlich eine Freundin mit nach Hause. Er lernte sie während der zweijährigen Geflügelschule in Bern kennen. Er machte die Ausbildung zum Geflügelzüchter, weil er den Hof eines Tages übernehmen würde. Wir waren alle sehr gespannt auf seine Freundin, die Sara hiess und aus dem Kanton Bern kam. In der Familie Fischer ging es nun rund, weil sich die Schwestern von Dieter und Hansjörg, so zickig gegen Sara aufführten. Das Ganze erinnerte mich stark an die Fernsehserie „Dallas“.

      Meine erste Spanienreise

      Ich war 17 Jahren alt, als Dieter und ich ganz allein nach Spanien in die Ferien wollten. Ich kam von der Schulwoche von Solothurn nach Hause und siehe da, Dieter lag krank in meinem Bett. Er wohnte nämlich schon seit einiger Zeit bei uns. Zuerst schlief er nur an den Wochenenden bei mir und dann ab und zu auch unter der Woche. So entwickelte sich das fort, bis meine Mutter zurecht fand, wenn er bei uns wohne, solle er auch Miete bezahlen. Seine Eltern wurden einfach vor diese Tatsache gestellt. Zurück zum Bett, indem nun Dieter im Fieber lag und wir doch in der Nacht die Reise antreten wollten. Wir kamen auf die Idee Philip zu fragen, ob er auch Lust hätte mitzukommen. Philip war immer für ein Abenteuer zu haben und sagte zu. Er wollte jedoch nur eine Woche bleiben. Dieter konnte organisieren, dass er mit den Fischer`s im Porsche 911 wieder Heim fahren konnte. Man kann sich vorstellen, dass der gross gewachsene Philip schon etwas litt, auf dem Rückbänkchen von Südspanien bis nach Hause. Wir fuhren irgendwann am Abend ab und kamen mitten in der Nacht in Genf an und fuhren über die Landesgrenze. Nach einigen Kilometern blinkte es vor uns im Dunkeln wie verrückt. Wir kamen näher und sahen eine Blinkanlage,