Elke Bulenda

Das Schicksal lacht mit spitzen Zähnen


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Numa, als sie wieder in die Jurte traten. Hand in Hand versteht sich. Definitiv ein gutes Zeichen.

      »Und?«, fragte Temudschin erwartungsvoll.

       »Wenn du mir Numa zur Frau gibst, wäre ich ein glücklicher Mann«, bemerkte Skryrmir.

       »Dann sei es so!«, sprach der Skythe, nahm ein seidenes Band und legte es um Skryrmirs und Numas Hände. »Ich gebe euch meinen Segen, meine Frau Ojuna natürlich auch, nur spricht sie deine Sprache nicht, Nordmann. Möge eure Ehe glücklich und reich an Kindern sein!«

       Ja, das war alles. Schließlich gab es schon vorher ein Gastmahl. Natürlich wurden auf das Glück des jungen Paares noch einige Arkhis gekippt. Doch es war schon spät und trotz des Umstandes, endlich seine Tochter unter die Haube gebracht zu haben, schien Temudschin nicht von seinem Vorhaben abzurücken, am nächsten Morgen aufzubrechen. Nun, kein Wunder. Der Winter stand bereits vor der Tür und der Weg bis Samarkand war beschwerlich und weit. Sie besprachen noch, wie sie ihre Geschäftsbeziehung aufrecht erhalten könnten und verabredeten einen Termin, an dem Temudschin wieder in Hólmgarðr sein würde. Skryrmir beschloss, wenn er schon nicht selbst vor Ort sein könne, wolle er jemanden schicken, der dem Skythen Nachricht von Numa und obendrein Stockfisch brachte. Temudschin dagegen versprach ihnen Reis zu liefern, damit Numa wenigstens nicht auf ihr gewohntes Essen verzichten musste.

       Und da die kleine Samija bereits eingeschlafen war, einigten sie sich darauf, dass es Zeit sei, sich zur Nachtruhe zu begeben.

       Sowohl Hackbart als auch Skryrmir wirkten vom ungewohnten Genuss des starken Arkhi ein bisschen derangiert, als sie vor die Jurte traten. Doch bevor Hackbart das Weite suchte, musste er noch seine Portion Gift verspritzen, denn er kam nicht darüber hinweg, dass Skryrmir das Angebot nicht abgelehnt hatte. Er machte keinen Hehl daraus, dass er sich ein wenig verarscht vorkam.

       »Die Kinder werden sich freuen, wenn du ihnen eine neue Spielkameradin mitbringst«, grinste er seinen Bruder an. Dann wandte er sich an die Braut. »Was für ein Tag, kleine Numa. Heute morgen warst du noch ein Viehtreiber, und heute Nacht bist du bereits eine Stammesfürstin. Das nenne ich mal einen kometenhaften Aufstieg! Nun, ich werde nicht zum handzahmen Weichei, dem du die Sinne vernebelst, sobald du deine Pferdefiedel hervorholst.«

       »Und du hast außer deinem verirrten Geschmackssinn, sowieso keinen funktionierenden Sinn!«, giftete Numa zurück.

      Skryrmir schob dem schwelenden Konflikt gleich den Riegel vor. »Auch wenn es dir gegen den Strich geht, Hackbart, so ist Numa jetzt deine Fürstin. Also behandle sie mit Respekt! Ich will, dass ihr euch beide ein wenig zusammennehmt und Frieden haltet. Ist das denn so schwer für euch beide?«

      »Nein«, sagte Hackbart zerknirscht.

      »Nein«, sagte Numa schmollend.

       »So will ich das sehen«, nickte er zustimmend. »Und was machst du jetzt?«, fragte Skryrmir seinen Bruder.

      »Zuerst gehe ich kacken, und dann suche ich mir eine Hübschlerin. Wieso sollst du der einzige von uns sein, der diese Nacht in den Armen einer schönen Frau verbringt? Gehabt euch wohl. Und gute Nacht!«, verabschiedete er sich und taumelte von dannen.

       »Äh, Numa«, fragte Skryrmir leicht desorientiert. »Wo werden wir eigentlich die Nacht verbringen?«

      »In meiner Jurte«, zog Numa ihn mit sich.

      »Äh, weißt du eigentlich, wie es geht? Na, du weißt schon...«

      »Oh, da habe mal keine Bedenken. Ich sah zu, wie es die Pferde machen. Ein altes Skythen—Sprichwort lautet: Lerne von den Pferden, dann lernst du für das Leben.«

      »Pferde… Hm, ich glaube, in dieser Hinsicht musst du deine Erwartungen bei deinem Mann ein wenig runterschrauben«, kicherte Skryrmir und folgte seiner Frau.

       Offenbar wussten beide, wie es funktionierte, denn außer, um sich von Temudschin und der Familie zu verabschiedeten, und ab und zu mal etwas Nahrung zu besorgen, kamen die beiden Turteltauben - laut Hackbarts Bericht - kaum aus ihrer Jurte heraus. Sie hatten, und so viel stand fest, aneinander einen echten Narren gefressen. Den Begleitern von Skryrmir war es recht, so konnten sie ein paar zusätzliche Tage in Hólmgarðr verbringen.

      Trotz allem - Verliebtheit hin oder her -, irgendwann musste das frisch vermählte Paar wieder ins Alltagsleben zurückfinden. Und schon wurde dem blonden Nordmann das Herz wieder schwer. Die Schiffsmannschaft wusste nichts von Numa. Und es graute ihm, wie sie sich seiner feinsinnigen Braut gegenüber benehmen würden. Deshalb beschloss er, dass Numa ihre Scharade als Junge aufrecht erhalten sollte. Beide hielten das für eine gute Idee und weihten Hackbart in ihre Pläne ein.

       Als Skryrmir mit Numa, dem Karren mit der auseinandergebauten Jurte, der in Kamelhaardecken gewickelten Morin chuur, dem Sack Reis, einem Skythenbogen, dem kleinen, braunen Hengst namens Taras, und obendrein mit einem Kamel auftauchte, war den Nordmännern die blanke Verwirrung regelrecht ins Gesicht geschrieben. Wahrscheinlich dachten sie: Er war ja schon immer ein wenig wunderlich. Aber das?!

       »Dies ist Numa«, stellte er den Pseudojungen vor. »Ich habe ihn angeheuert, damit er sich während der Fahrt um die Pferde kümmert. Behandelt ihn so, als wäre er einer von uns!«

       Numa wurde zuerst mit argwöhnischen Blicken, dann jedoch mit einem Schulterklopfen von jedem persönlich begrüßt.

       »Ihr könnt schon mal alles verstauen, aber ordentlich. Sichert die Ladung gut. Und du, Numa, kümmerst dich um… Wie heißt das Vieh?«, zeigte er fragend auf das Kamel.

      »Tulga«, antwortete Numa.

       »Gut, du kümmerst dich anschließend um den buckligen Tulga, und zwar so, dass er unseren Kahn nicht zum Kentern bringt. Ich gehe derweil noch einmal auf den Markt. Unterwegs fiel mir ein Weinhändler von der Krim auf. Vielleicht macht er mir einen guten Preis. Bin gleich wieder da!«

      Es verging ungefähr eine halbe Stunde bis Skryrmir, beschwingt und leicht beschwipst, wiederkam. Dabei erlebte er sein blaues Wunder. Oder eher, sein grünliches Wunder. Numa saß triefend nass, in ihre Kamelhaardecke gewickelt, auf einem Poller der Anlegestelle. Unter ihrem geschwollenem Auge prangte ein mächtiges Veilchen.

       »Was ist hier passiert?«, forderte Skryrmir zu wissen. »Hackbart! Auf ein Wort!«, knurrte er mit der Hand am Schwertgriff.

       Hackbart hob beschwichtigend die Hände. »He, wir haben uns nur an das gehalten, was du befohlen hast. Vergiss nicht, wie dein Erlass lautet: Niemand darf mitfahren, der nicht schwimmen kann. Numa konnte nicht schwimmen. Darum haben wir ihm ein Seil um den Bauch gebunden und so lange von der Anlegestelle ins Wasser geworfen, bis er endlich schwimmen konnte.«

       »Ich war gut! Sie mussten mich nur dreimal wieder vom Grund hochholen. Sie sagten, bei Sven wären es ganze sieben Male gewesen!«, berichtete Numa stolz.

      Hackbart winkte ab. »Mich musste niemand wieder vom Grund holen! Ich schwimme wie eine Ente.«

      »Ja, selbst wenn wir dich mit Steinen beschweren, kannst du nicht untergehen. Du bist wie ein Fettauge in der Suppe!«, bemerkte Skryrmir mit sarkastischem Unterton in der Stimme.

      »Was willst du? Met formte diesen schönen Körper, und der hat nun mal viel Auftrieb«, konterte Hackbart.

      »Ja, ich werde Haltegriffe an deine Tunika nähen lassen. Sobald wir kentern, kann sich jeder an dir festhalten, damit niemand untergeht.«

      »Das habe ich jetzt aber nicht gehört!«, schniefte Hackbart beleidigt.

       »Lass deine dummen Witze. Ich bin ungehalten! Kaum bin ich weg, da verprügelt und ertränkt ihr mir Numa?«, fragte Skryrmir ungläubig. »Wie konntest du das nur zulassen?«

       »Jetzt tu mal nicht so, als sei er ein kleines Mädchen! Du sagtest, wir sollten ihn behandeln, als sei er einer von uns«, grinste Hackbart hämisch und flüsterte. »Vielleicht solltest du den Anwesenden lieber reinen Wein einschenken. Apropos Wein, das Fässchen verlade ich dann mal sofort.«

       Skryrmir stand kurz davor, ihm einen Schlag ins Gesicht zu verpassen. Doch dann besann er sich. »Und warum hat der Junge