Gerd Lange

Radpilgern Extrem


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dem nächsten Getränk wird auch Gerner dann etwas speziell. Ich weiß nicht ob er/sie mir damit imponieren wollten oder ob die beiden einfach nur bescheuert sind. Auf jeden Fall wird ein Verhalten an den Tag gelegt, welches für mein soziales Empfinden abstoßend wirkte.

      Wir sitzen auf der vollen Promenade und da pfeifen die alten Säcke doch den jungen Mädchen nach.

      Und Malte, dem der Zeigefinger und Mittelfinger zu Zweidrittel fehlt, fand es lustig, öffentlich anzudeuten, dass er zwei Finger in der Nase verschwinden lassen kann. Dann meint er:

      >>Glaube mir Gerd, die Weiber stehen da drauf. Schau mal nur wie geil die alle angezogen sind. Die machen mich alle wuschig. <<

      So jetzt werden die beiden gewöhnlich und mir wird die Situation langsam aber sicher ungemütlich. Da mir die zwei „Süßen“ jetzt unter dem Einfluss des Alkohols zeigen wessen Geistes Kind sie sind, beschließe ich, diese illustre Gesellschaft meinen Rücken zu kehren.

      Dann erkläre ich ihnen: >>So Jungs nach diesem Bier gehe ich, denn morgen früh muss ich wieder los. Die Stadt Toul erwartet mich. <<

      >> Bleib doch noch etwas, wir bekommen doch jetzt erst richtig Spaß<<, so die Rückmeldung und einseitige Annahme von ihnen.

      >>Nein wirklich nicht, ich habe fertig und gehe gleich. <<, stelle ich klar.

      >> Was willst du denn schon zurück, lass uns doch noch was trinken<<, so der lallende Malte.

      >> Was ist denn an dem Wort NEIN nicht zu verstehen? <<, frage ich etwas angenervt. Aber die zwei von der Fischbratküche wollen nicht aufgeben.

      >>Dann lass uns doch zu unserem Wohnmobil gehen. Da haben wir noch Wein und wir feiern noch den Abschied<<, bettelt Gerner.

      >> Also gut, aber dann zeitnah, denn ich bin hundemüde! <<, lenke ich ein.

      Wir machen uns dann auch auf und Gerner lässt recht unverblümt durchblicken, wie seine Hormone ihm den Kopf verdrehen. Dieser alte Sack denke ich und sage:

      >>Je oller desto doller! <<

      Es ist schon 22:30 Uhr und ich bemerke meinen dringend benötigten Schlaf. Ich dränge noch etwas, und da es ab einem gewissen Alter, länger dauert, kommt dann auch der Wein endlich angefahren. Es ist sogar ein guter trockener Rotwein. Für die Marke habe ich mich nicht mehr interessiert, aber süffig ist er. Ich muss kein Prophet sein aber die Absichten, die der Gerner hatte, wurden mir trotz der alkoholisierten Stimmung immer deutlicher. Dann die für mich entscheidende Aussage, dem ich jetzt doch noch und entschieden, einen Riegel vorzusetzen vermag, denn ich bin sofort wieder nüchtern.

      >>Gerd von Latten du bist doch so ein netter sportlicher Mann und eigentlich dachte ich, dass du gleich hier bei uns in der Mitte schläfst und wir drei uns vorher noch etwas austoben! <<, so der notgeile Gerner.

      Mir steigen die Nackenhaare zu Berge. Aber die Zwei sind viel zu lieb, als dass ich mich hier und jetzt vergesse oder irgendwelche brutalen eindeutigen homophonen Äußerungen von mir geben wollte.

      Klare Informationen zu meinen sexuellen Vorlieben waren jetzt angesagt, damit hier eindeutig klargestellt wird wo der „Hammer“ hängt. Also sage ich:

      >>Hört mal ihr „Penisgaragen“, habt ihr einen an der Waffel oder zu heiß geduscht? Nein, ich bin ein ganz normal Heterosexueller und da wird sich auch hier und heute nichts dran ändern. Ich gebe euch jetzt noch 20,- Euro und dann trinkt ihr Morgen einen auf mich und wir gehen in Freundschaft auseinander. <<

      Erst mal verhaltene Stille aber dann versuche Gerner die Situation zu retten, indem er sage:

      >> Ohh, aber sei uns bitte, bitte nicht böse, Gerd nein…, denn ein Versuch war es wert. <<

      Ich antworte noch einmal: >> Also Mädels kein Dialog mehr, Tschüss zusammen und danke für den super lustigen Abend bis zu dem Zeitpunkt, wo ich begann mich als Opfer- Anwärter zu sehen. <<

      >> Das ist aber wirklich… jammerschade. Ja und dir alles Gute… v Punkt Latte und dass du gesund in Santiago de Compostela ankommst und ab und zu an uns denkst, ja!?….Schaui! <<, schließt Malte.

      Es folgen keine weiteren Diskussionen oder Gespräche. Das Geld nehmen sie nicht an, ich stehe auf und gehe zu meinem heiß, und nicht warm, ersehnten Zelt.

      Weil es noch sehr mild ist, hole ich meinen Schlafsack aus dem Zelt und lege mich auf die Parkbank. Während ich noch etwas über die Begegnung der etwas „wärmeren Art“ nachdenke, fällt mir mein Telefonat mit meinem älteren Bruder Vitus von heute wieder ein. Und obwohl ich echt hundemüde bin, machen sich Gedanken aus meiner Vergangenheit in meinem Kopf breit.

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      Vitus musste beim Verlust unserer Kindheit am meisten einstecken. Während mein Gehirn die ersten fünf Jahre meines Lebens überwiegend ausgeblendet oder verdrängt hatte, sind seine Erinnerungen immer noch sehr präsent. Mein Freund Stefan, genannt „Stöps“ und Psychologe seines Zeichens, hatte mir das mal in meinem Fall mit dem psychischen Bewusstsein erklärt. Von all meinen vier größeren Brüdern wurde Vitus am meisten von unserem Erzeuger misshandelt. Er gab Vitus den Spitznamen „Gummipupe“, weil er sich herausnahm, alles mit Vitus machen zu dürfen. Wir erzählen nicht sehr oft von unserer grausamen Kindheit. Die Erinnerungen daran sind zu schmerzhaft und rauben gute positive Lebensenergie. Kaum einer kann sich vorstellen, welche tiefen menschlichen Abgründe wir in der 1950 bis 1960 Jahren erleben mussten.

      Während meine Mutter sich schützend über mich warf, um Tritte und Faustschläge, die mir mit zwei Jahren bestimmt waren abzufangen, erging es den anderen Geschwistern brutal schlecht. Immer wenn unser Erzeuger mit seinen Kumpanen oder mit seinen Brüdern trank, und das vier bis sechs Mal in der Woche, zitterten alle, wenn er betrunken nach Hause kam. Er meldete sich immer schon lautstark schon von der Ferne an. Und die ganze Familie Zuhause wusste, dass es gleich wieder Übergriffe der schändlichsten Weise geben wird. Meine Mutter nahm und versteckte mich manchmal in Schränken und befahl mir, mich nicht zu rühren oder gar herauszukommen, egal was auch immer passieren würde.

      Einmal griff unsere Erzeuger nach dem Gewehr, lud, entriegelte und schoss damit auf unsere Mutter. Das Profil hat sie um 20 cm verfehlt und steckte noch lange im Mauerwerk. Sie sank zu Boden und zitterte über Stunden wie Espenlaub. Durch den großen Krach wurde von Nachbarn die Polizei gerufen, aber nach zwei Stunden wurde unser Erzeuger wieder auf uns losgelassen und schlug unsere Mutter dafür brutal zusammen. Unsere Mutter hatte immer Essig Saure Tonerde, um damit ihre ständig blau geprügelten Augen zu heilen.

      Und immer diese Drohungen: „Wenn einer von euch irgendjemanden etwas erzählt oder zur Polizei geht, bringe ich zuerst alle Kinder und dann eure Mutter um!“

      Vitus berichtete mir, dass er das Erbrochene unseres Peinigers essen musste, wenn dieser sich übergeben hatte. Anfangs versuchte Vitus sich vergebens zu wehren. Dafür wurde mein Bruder dann zusammengetreten. Wenn wir abends zur Toilette gehen mussten, so führte unser Weg vorbei an das elterliche Schlafzimmer. Bei diesem Gang pickte unser Erzeuger Vitus immer raus. Einmal, so erzählte er mir mit Tränen in den Augen, wollte er sich seines Urins entledigen, als der Geisteskranke Betrunkene ihn zu sich rief.

      >>Eh, Gummipupe komm mal sofort her. Du gehst jetzt und holst Zeitungspapier und einen Esslöffel<<

      Vitus, gerade mal acht Jahre mit gebrochenem Willen, dem blinder Gehorsam immer wieder eingeprügelt wurde, befolgte den Befehl.

      >> Du legst jetzt etwas Papier auf dem Boden vor das Bett und tust nichts<<, befahl er.

      Vitus traute seine Augen nicht, er beugte seinen nackten Hintern aus dem Bett und presste den Inhalt seines Darmes heraus. Die Luft stank fürchterlich.

      >>So