Gerd Lange

Radpilgern Extrem


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eine großzügige Salatmischung mit Paprika, Strauchtomaten, Gurken, Oliven und einen gekühlten Delphinfreundlich gefangenen Thunfisch, dazu eine leckere Vinaigrette. Beim Gang zum Büffet freue ich mich auf diese Sinneseindrücke und dabei zieht sich schon das Wasser in meinem Mund zusammen.

      Beim ersten Anblick des Büffets dann die erschreckende Ernüchterung. Das Büffet besteht aus Eisbergsalat mit braunen Stellen, Tomaten und Eiern einem blasen Analog Käse sowie Kochklebeschinken abgerundet mit einem Fettdressing aus der Fertigproduktion.

      Alles klar. Von diesem Zeugs hier, ich nenne es nicht Essen, fasse ich null an. Ich bestelle noch ein kleines Bierchen, zahle und fahre dann weiter ins Zentrum von Metz.

      >>Die halten hier alle Mittagsschlaf, die Ferkel. Kaum Menschen unterwegs, was ist los hier? Hoffentlich bekomme ich bald etwas zu essen! <<

      Ich sichte am Moselufer schon einen Campingplatz. Möchte mich aber noch nicht festlegen, ob ich diesen schon nehme. Da ich großen Hunger verspüre, fahre ich die Kathedrale als Fixpunkt im Auge erst mal an. Finde in ihrer unmittelbaren Nähe ein Schnellrestaurant einer großen Fast Food Kette und weiß von Deutschland, dass es dort Salat gibt. Ich sichere mein Fahrrad und betrete erst mal den gut klimatisierten Laden.

      Ich bekomme sofort Gänsehaut. Meine Härchen an Armen und Beinen stellen sich auf und ich schüttele mich. Hier drinnen sind ist es mindestens an die 25 ° Temperaturunterschied zu draußen.

      >>Was ist denn hier los, ist eure Klimaanlage defekt? << Mich versteht sowieso keiner von den zwei Gästen und so richte ich meine Gedanken auf das Wesentliche, auf Nahrung.

      Ich habe dort in der Auslage tatsächlich Salat wahrgenommen und mir direkt zwei Portionen bestellt. Den Salat plus einen Kaffee beabsichtige ich dann auch draußen im Schatten zu mir zu nehmen, aber es ist trotzdem sehr heiß. In der kleinen Nebenstraße, wo sich die Außensitzplätze befinden, weht kein Lüftchen. Die Hitze liegt überhaupt wie eine Glocke an diesem Mittag über Metz. Ich möchte mich, da ich ziemlich durchgeschwitzt bin, nicht der Gefahr aussetzen, gegebenenfalls noch eine Erkältung zu bekommen. Denn gesundheitliche Probleme hatte ich schon mehr als gewollt.

      Den ersten Salat habe ich im Nu verputzt und stellte fest, dass ich mich beeilen muss. Die viel zu kleinen Sonnenschirme erlauben es nicht, allzu lange den Schatten zu genießen. Ich öffne gerade meinen zweiten Salat, da klingelt mein Handy. „Das ist Frau Lange“, denke ich und nehme das Gespräch ohne auf das Display zu schauen an:

      >>Hallo Gerd, ich bin es, dein Bruder Vitus…. ich brauche dich Bruderherz…, um zu reden! <<“, eröffnet er das Gespräch.

      >> Das ist sehr schlecht, denn ich bin nicht in Deutschland und es wird viel zu teuer für dich, wenn du mich von deinem Festnetz aus anrufst <<, antwortete ich.

      Vitus, so stelle ich fest, hat die Eigenschaft mich sehr oft anzuklingeln, wenn ich mich gerade nicht in Deutschland befinde. Und da er sehr mit seinen liquiden Mitteln wirtschaften muss, dränge ich ihn immer, sich sehr kurz zu fassen. Wir hatten einige Monate vor meiner Abreise einen, in meinen Augen kleineren, Disput. Vitus hilft manchmal bei mir aus. Ich konnte seinem Wunsch nicht gerecht werden, eine Mitarbeiterin zu entlassen, die ihn beleidigt hat. Weil ich aus seiner Sicht nicht „zum Blut“ hielt, wolle er erst mal Abstand zu mir halten. Meine Versuche, den MINI Konflikt in einem persönlichen Gespräch nach Wochen zu glätten, verlief ergebnislos, da sich der Leidende, wie er mir später zugestand, immer abwesend stellte.

      Vitus antwortete: >> Egal, ich muss mit dir reden, da interessiert mich das Geld nicht. Es tut mir leid, bitte sei nicht böse auf mich, aber ich habe doch nach meiner Scheidung nicht mehr so viele Menschen. Kannst du nicht mal vorbeikommen, dann reden wir über alles!?<<

      Ich merke an seinem Wortfluss, dass er alkoholisiert ist und mir dadurch auch nicht mehr richtig folgt. Langsam werde ich unruhig. Der 60 cm kleine Sonnenschirm deckt meinen Kopf nicht gut ab und ich muss immer nachrücken. So bin ich der Sonne stärker aussetzt als mir lieb ist und mein bisschen Restgeduld schwindet stark.

      >> Also Vitus ich komme erst in fünf Wochen zurück. Dann melde ich mich bei dir und wir sprechen dann. Es ist schade, ich hätte gerne vor meiner Abreise noch die Angelegenheit mit dir geklärt, aber du warst nie Zuhause und ans Telefon bist du auch nicht gegangen. Und ich sitze hier in der Hitze und möchte noch schnell essen und sowieso, ist es viel zu teuer<<.

      >> Wie fünf Wochen, wo bist du denn schon wieder und wieso weiß ich nichts davon? <<, wunderte er sich.

      Ich ergänze:>> Nein, nein, nein, also wir müssen jetzt Schluss machen, - JETZT! - Ich melde mich, wenn ich wieder Zuhause bin. OK!?<<

      >> Ja, aber sei nicht böse Bruderherz. <<, so Vitus.

      >> Nein bin ich nicht, bis bald<<, und dann lege ich auf.

      >> „Man“ es ist Sonntag und 15:30 Uhr und der ist schon bekneipt. Aber wir leben ja in einem freien Europa und es darf da jeder so machen wie er will und er sowieso. <<, sinniere ich noch vor mich hin.

      Jetzt verputze ich schnell meinen Salat, damit ich aus der Hitze komme und beschließe, gleich nach dem Besuch der Kathedrale, zu dem nahe der Mosel gelegenen Campingplatz zu fahren. Dort beabsichtigte ich mein Nachtlager aufzuschlagen.

      Die Kathedrale Saint-Etienne, ein Juwel der gotischen Architektur, ist auch wieder ein mächtiges und imposantes Bauwerk, das geöffnet ist. Die Anzahl der Touristen kann ich, auf Grund der hohen Temperaturen, an zwei Händen abzählen. Ich besichtige die Kirche und hole mir anschließend meinen mit Datum 21.07.2013 versehenen Stempel, Nummer 8 ab.

      >>Hurra jetzt habe ich die erste Seite voll und bis Santiago benötige ich nur noch 64 Stück. <<

      Ich freue mich schon gleich auf die kalte Dusche und dass ich meine Salzkruste abspülen kann. Nach fünf Minuten Fahren und Schieben meines Rades durch die wunderbare Stadt Metz, sagt meine innere Stimme zu mir, dass ich heute Abend noch mal vorbeischauen muss.

      Da wusste allerdings meine innere Stimme noch nicht, wie grenzwertig es noch werden wird.

      Der Campingplatz an der Allee de Metz-Plage ist sehr schnell von mir erreicht. Das Einchecken schnell erledigt und mit sechs Euro auch günstig.

      Ich habe einen traumhaften Platz direkt am Moselufer auf einer nur für Zelte vorgesehenen Rasenfläche. Die Plätze unter den Schatten spendenden Bäumen waren wie geschaffen. Da es noch nicht so spät ist, habe ich auch noch genug Fläche zur Auswahl.

      Ich beschlagnahme, in einer mir sehr eigenen egoistischen Art, erst mal eine Kunststoffbank und breite mich sowohl auf, als auch um die Bank herum aus. Sofort packe ich meinen Schlafsack, rolle diesen auf der Bank aus und lege mich erst mal kurz hin, um das Hier und Jetzt zu genießen.

      Nach einer kurzen Zeit des Besinnens überkommt mich das - erst mal alles fertig machen- Gefühl und ich raffe mich auf, um mein Zelt aufzubauen. Nachdem ich also mein Nachtlager fertig, meine Duschutensilien und frische Klamotten zusammengesucht habe, gehe ich voller Vorfreude auf eine eiskalte Dusche los.

      Auf dem Weg dorthin stocke ich noch etwas, als ich ein kleines Mitsubishi- Wohnmobil mit Anhänger und darauf zwei möchte gern Harley Motorräder sehe. Es sind zwei urige Typen. Der eine rangiert gerade das süße kleine Teil und der andere weist ihn mit Händen und Füßen ein. Ein kleines und lustiges Schauspiel, dessen Zeuge ich werde. Um durch meine Beobachtung bei den beiden Akteuren keine Unsicherheit zu provozieren, bin ich dann auch weiter und registriere noch das Deutsche Kennzeichen.

      An diesem noch sehr unschuldigen Nachmittag ahne ich noch nicht, welche Eingebung mir hilft, aus dieser „Begegnung der etwas wärmeren Art“ zu entschwinden.

      Weiter hin zur Dusche orientiere ich mich noch etwas. Ich halte Ausschau nach dem, von der Rezeption erwähnten Restaurant, sowie dem Einkaufsshop. Alles klar. Dort werde