Gerd Lange

Radpilgern Extrem


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      >>In Anbetracht der historischen Geschichte dieses Bauwerkes und der einfachen Ausführung des Stempels ist wohl die Krönung Kaiser Konstantin mit einer Papyrus Rolle vollzogen worden. <<, merke ich der Pfarrerin gegenüber an.

      >> Auch, wenn ich mich wiederhole, bitte erinnere mich irgendeiner daran, dass ich dieser Kirche einen anständigen Stempel spendiere! <<

      Dieses beeindruckende Volumen der Basilika lädt mich zum Verweilen ein. Ich will alle Eindrücke aufsaugen. Die, wie ich finde, sehr hübsche Pfarrerin Kerstin König- Thul, erkundigt sich noch bei mir, zu meinem Vorhaben bis Santiago de Compostela zu radeln und wünscht mir Gottes Segen für meine Reise.

      Unmittelbar neben der Konstantin-Basilika, quasi direkt um die Ecke befindet sich das Kurfürstliche Palais und es gilt als einer der schönsten Rokoko-Paläste der Welt.

      Durch den Palast Park vorbei an den alten Stadtmauern erreiche ich das Amphitheater. Leider ist mir der Besuch in diesem Theater, bedingt durch eine Veranstaltung eines großen dunklen Brauseerfrischung Getränkeherstellers, zu kostenintensiv, so dass ich darauf verzichte. Ich habe aber auch nicht mehr so viel Lust und Kraft. Denn es sollte ja ein Ruhetag werden, und jetzt bin ich schon fast den ganzen Tag auf den Beinen und erkunde die Stadt Trier. Da es sich aber bis hier hin für mich gelohnt hat, und alles sehr interessant war, beschließe ich, jetzt nicht mehr das Geburtshaus von Karl Marx zu besichtigen, sondern nur noch den Tag in Ruhe ausklingen zu lassen.

      Also habe ich erst mal wieder ein schönes Lokal aufgesucht und einen Kaffee Latte auf der schattigen Terrasse am Hauptmarkt zu mir genommen. Während ich die Pause genieße und das leichte Brennen in den Beinen verspüre, stelle ich für mich fest, dass die Römerbauten Triers zu Recht zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen.

      Da ja heute noch „Mitte Esse Grille Fleisch“ auf meinem Menü Plan steht, und es fast 18:00 Uhr ist, gehe ich nach der Kaffeepause zurück in mein Schlösschen.

      >> Wunderbar, es ist ja schon alles aufgebaut! <<, lobe ich und stelle fest, dass meine Wirtin jetzt sogar eine saubere Schürze über ihren langen grauen Baumwollkittel umgelegt hat.

      >>Ich werde sowieso nur durchgegartes Fleisch essen. <<, beschließe ich in Gedanken.

      Ich bin dann aufs Zimmer, natürlich nicht ohne, ja RICHTIG, nicht ohne nach meinem Rad zu sehen!? Dann mache ich mich für den Abend frisch und bin dann bewaffnet mit meinem Smartphone und meinem Notizbuch runter. Denn, ich hatte jetzt richtig Hunger!

      Die Wirtin teilte mir in der äußersten Ecke des Pavillons einen kleinen Tisch zu und ich bestelle erst mal zwei kleine Bierchen, um meinen Durst zu löschen.

      Da es in diesem Häuserdurchgang außer sanierungsbedürftigen Fassaden nichts zu beobachten gibt, aktiviere ich mein Internet, um die Sachen mit den Radprofis zu recherchieren. Und tatsächlich, die ziehen nur die gepolsterten Radfahrhosen auf das nackte Fleisch. Wenn ich das mal vorher gewusst hätte. Aber warum auch, es hat mich ja nie so richtig tangiert. Bei all meinen Tagestrecken war es nie so heiß. Und drei Tage in Folge bin ich noch nie über die 100 Kilometer am Tag gefahren.

      >>Aber nicht ärgern Gerd, da hast Du wieder, wenn auch schmerzhaft, etwas dazu gelernt<<, schlussfolgere ich.

      Ich öffne mein Notizbuch und halte meine Tageserinnerungen fest. Dabei registriere ich aus den Augenwinkeln, dass sich der Pavillon mehr und mehr füllt. Die entfachte Holzkohle lockt auch schon mit dem unverwechselbaren Geruch - Fleisch trifft Holzkohle und glühende Holzkohle küsst Fleisch!

      Bei mir läuft beinahe der Sabber die Mundwinkel herunter. Jetzt aber schnell mein Büro geschlossen. Erst mal einen Salat vorab vom Buffet geholt, die erste Portion Fleisch geordert und den Bestellkupon dafür entgegengenommen. Der Salat schmeckt richtig gut und eine leckere Vinaigrette rundet den Geschmack fruchtig und passend zur Jahreszeit ab.

      >>Geht doch<<, denke ich und spüre aufkommende Tiefenentspannung und Zufriedenheit mit mir und der Welt.

      Es ist schon richtig voll jetzt. Ich wurde gerade aufgerufen, mir mein Muskelstück abzuholen, da kommt „Sie“ und Sie kommt zielstrebig - von weitem schon lautstark rufend auf mich zu. Das Licht am Ende des Tunnels erlischt.

      Ja - es - erlischt - vor- meinen – Augen.

      Ich bekomme sofort eine mittelschwere Gänsehautentzündung.

      Diese Dame, groß gewachsen, in weißem knielangen Spitzenkleid, mit roten (ich konnte es am Klang hören, wenn der Stahlnagel auf Kopfsteinpflaster trifft) abgelatschten Stöckelschuhen und einem ins Auge stechenden feuerroten Lippenstift. Ihr Alter, um die 60 Jahre mit Rubensfigur. Die fette Speckplauze quillt über ihren grünen mit Pailletten versehenen Hüftgürtel bestimmend hervor und brennt sich in meiner Netzhaut ein. Ihre blonden mit Spliss belasteten dünnen schulterlangen Haare waren zu einem Mittelscheitel gestylt und hängen ohne Spannkraft flach auf ihre halslosen Schultern. Ihre fade und schlecht durchblutete Gesichtshaut mit den dicken Augenrändern und den aufgeblähten Wangen hatten nicht den geringsten Hauch von Glanz.

      Da steht sie nun vor mir und stellt fest:

      >>Ich gesehen, dass du alleine, kann ich mich setzen, da voll alles ist? << Ich nenne Sie, oder „ES“ einfach mal „Butterle“

      >>Was soll ich machen, überleg… überleg? Du kannst das Dickerchen doch nicht stehen lassen, du bist doch immer mehr ein Pilger und bist entspannt, also was soll passieren? <<

      >> Ja bitte. <<, antworte ich und hole meinen kleinen Pferdehals vom Grillmeister ab.

      Ich packe mir noch eine gute Portion Gemüse dazu, denn heute ist der Tag der Trennkost. Ich schreite mit voll bepacktem Teller zurück zu meinem reservierten kleinen entzückenden Tisch. Denke erwartungsvoll, jetzt werde ich in aller Ruhe mein Essen zu mir nehmen.

      >>Ich traue wohl meinen Augen nicht, was geht denn jetzt ab!? <<

      >>Das meine Schwiegersohn und mein Tochter! <<, sagt Butterle.

      Jetzt ist mein kleiner Tisch voll und mit der Ruhe wird es das dann auch gewesen sein.

      Mit einem kurzen unzufriedenen:

      >>Tag<<, erwidere ich die Begrüßung und setze mich auf den noch freien Platz.

      Der Schwiegersohn, so ein zweimal zwei Meter Kleiderschrank und eine jüngere Frau zieren jetzt die Runde. Der abgebrochene Riese stellt sich und auch die Frau vor. Dann fangen alle durcheinander in ihrer landeseigenen Sprache an zu diskutieren. Ich spüre schon langsam, dass ich Temperatur bekomme und mir wird immer unwohler.

      >>Diese Hektik jetzt an meinem Tisch, den habe ich nur für mich bestellt und jetzt das hier. <<

      Ich versuche mich auf meine weitere Nahrungsaufnahme zu konzentrieren. Kann aber, aufgrund der hektischen Konversation, keinen klaren Gedanken mehr über den Geschmack und Qualität meines Essens fassen.

      >>Am liebsten möchte ich die alle hier fortjagen, aber der große starke Mann blockiert mich. <<

      Doch dann passiert etwas was die Erfinderin, des sieben Tagedeodorants, hätte besser bleiben lassen. Holt sich diese Urinsteinlutscherin doch eine Aldi -Zigarette heraus, steckt dieses Kraut an und haucht mir andauernd diesen Qualm immer wieder entgegen.

      Ich spüre meinen Puls und ich wusste, dass mein Köpfchen wieder glüht. Mein Sohn Vincent pflegt dann immer anzumerken:

      >> Papa du „Knick Licht“ entspanne Dich wieder. <<

      Meine Phantasien reichen bis hin zum Äußersten.

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