Größe von ein Meter achtzig überraschend zwischen den Streithähnen aufgetaucht war.
„Solche boshaften Wortgefechte solltet ihr besser nicht fortsetzen”, grollte er. „Wir sind hierher beordert worden, nicht um uns irgendwelchen Zivilkram um die Ohren zu schlagen, sondern zum Kampf gegen die Feinde ausgebildet werden. Habt ihr das überhaupt begriffen?” Nach einer kurzen Pause blickte die beiden Kampfhähne besorgt an und sagte nachgerade: „Was wir auf unserer Stube brauchen, ist Kameradschaft. Jeder muss sich auf den anderen verlassen können.” Und er ergänzte freundlich: „Ich bin Otto Krüger, von Beruf Buchdrucker und komme aus Rostock. Und noch etwas, Kameraden, die Ehre des Vaterlandes steht über allem. Bösartiges Gezänk aus verletzter Eitelkeit ist zu vermeiden. Ist das klar?”
Danach reichte er temperamentvoll jedem die Hand. Auf seinem klugen Gesicht lag ein freundlicher Zug. Der uniformierte Beppo sah ihn beim Händeschütteln gequält an. Karl hatte den Vorgang schweigend verfolgt. Ihm erschien die Auseinandersetzung als unwürdig. Ein Glück, dass sich der Rostocker eingemischt hatte.
Der zweite Rekrut, der hinter dem Hitlerburschen das Zimmer betreten hatte, stellte sich als Berti Weisinger vor.
Der Kamerad, der unter Karl im Bett lag, hatte sich inzwischen aufgerichtet und saß mit den Beinen baumelnd auf den Bettrand. Er sagte zu Karl, als er zum Bett trat: „Wie ich hörte, willst du nur für das Land kämpfen und nicht sterben – täusch dich nicht – man kann beim Kampf auch schnell unter der Erde liegen.” Langsam erhob er sich und gab Karl die Hand. „Auf gute Freundschaft! Ich heiße Horst Fläming, komme aus dem Stettiner Gebiet und arbeitete auf einem Rittergut als Treckerfahrer.”
Mit seinen kräftigen Fingern fuhr sich Horst durchs dunkelbraune Haar. Er straffte seine Gestalt und fuhr fort: „Auch ich war vor Jahren verrückt auf den Wehrdienst. Meine Herrin war dagegen. Sie erwirkte für mich eine zweimalige Zurückstellung. Ich hoffe, es wirft keinen allzu dunklen Schatten auf mich.”
„Die Hauptsache ist”, sagte Karl, „dass wir in echter Kameradschaft die Wochen der Ausbildung überstehen.”
Karl begann seine Stubenkameraden zu mustern. Bis auf Beppo waren alle von kräftiger und sehniger Gestalt. Alle waren etwas größer als Karl. Er war sich aber sicher, mit patenten Burschen auf einer Stube zu liegen.
Inzwischen hatte er seinen Karton ausgepackt und die Sachen im Spind verstaut. Er ging zum Fenster und holte tief Luft. Hohe Kiefern, die zwischen den Kasernenblöcken aufragten, reichten mit ihren Ästen fast an die Fenster heran. Das Sonnenlicht spiegelte sich grell bunt in den Scheiben.
Der Gruppenführer
Am Abend legte sich Karl nach dem Abendessen auf sein Bett. Die Lider sanken wie von selbst herab. Die Reise und die Hitze des Tages forderte ihren Tribut. Karl war eingenickt. Plötzlich wurde er wachgerüttelt. Verschlafen öffnete er die Augen. Vor dem lichtdurchfluteten Fenster stand ein mittelgroßer, schlanker und wie es schien, vor Energie strotzender Gefreiter. Neben ihm stand ein Oberschütze von kleinerer Statur, aber mit einem kräftigen Körperbau. Unter dem schief sitzenden Käppi lugte fuchsrotes Haar hervor.
Karl wälzte sich aus dem Bett, glitt geschmeidig auf die Dielen und stellte fest, dass die sechs Rekruten aus der Nachbarstube gleichfalls anwesend waren.
Respektvoll grüßte er.
Der Gefreite stemmte die Hände in die Hüften. Seine blauen Augen wanderten neugierig über die erwartungsvollen Gesichter. Wollte er die Gedanken der Rekruten ergründen? Um seine Lippen spielte ein unverbindliches Lächeln, als er sich vorstellte. „Ich bin Gruppenführer Windmüller und durch Regimentsbefehl beauftragt, Ihnen eine kriegsgemäße Ausbildung zu verpassen.”
Plötzlich trat Leidenschaft in sein Gesicht und er sagte: „Ich verlange bedingungslosen Gehorsam und eiserne Disziplin, Rekruten. Ohne Widerrede muss jeder Befehl, auch wenn er nicht verstanden wird, ausgeführt werden. Ansonsten wäre die Wehrmacht ein Räuberhaufen, der schon beim ersten Schuss des Feindes wie eine Hammelherde auseinander laufen würde.”
Voller Eifer, die Stirn runzelnd, fuhr er fort: „Rechnen Sie nie damit, dass Ihnen während der Ausbildung etwas geschenkt wird. Ohne Nachsicht werden Sie bis zur Erschöpfung gedrillt. Ich sage es ganz offen: An der Front, Rekruten, lauert an jeder Ecke der Tod, und nur der wird bestehen, der mit unerbittlicher Härte auf den Kampf mit dem Feind vorbereitet wurde, physisch wie psychisch. Auf deutsch gesagt: Ohne brutale, unmenschlich erscheinende militärische Ausbildung ist kein Sieg an die Fahnen zu heften, hat der Soldat an der Front wenig Überlebenschancen.”
Mit steigender Aufmerksamkeit hatte Karl die Rede des Gefreiten verfolgt. Da kamen ihm die Sätze des Dresdners vor der Kaserne in den Sinn. Und er fragte sich: sollte das kalte Entsetzen einer unmenschlichen Ausbildung tatsächlich auf uns Rekruten zurollen? Er wollte es nicht glauben und dachte an das Sprichwort: ,Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird’.
Der Gefreite ergänzte, dabei seine Stimme hebend: „Ich hoffe, angehende Panzerschützen, Sie geben in den nächsten acht Wochen alles her, was in Ihnen steckt. Es geht um beste Ausbildungsnoten. Bescheiden möchte ich ergänzen, es geht auch um meine persönliche Interessen, denn nach Abschluss der Grundausbildung ist vorgesehen, mich zum Unteroffizier zu befördern.”
,Aha’, dachte Karl, ,wir sollen ihm den Unteroffiziersdienstgrad verdienen!’
Nun stellte der Gruppenführer seinen Stellvertreter, den Oberschützen Rothmann vor. Ihm sei derselbe Respekt wie ihm selbst entgegenzubringen. Oberschütze Rothmann, ergänzte er, sei im Frankreichfeldzug für besondere Tapferkeit mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet worden, weil er nach dem Abschuss seines Panzers das Maschinengewehr (MG) ausgebaut und damit fast einen ganzen Zug französischer Soldaten niedergemäht habe.
„An ihm können Sie sich ein Beispiel nehmen!”
Er hob den Blick und erklärte: „So wie ein Schiff einen Kapitän benötigt, so braucht die Kompanie einen Kompaniechef. Der unsrige ist Rittmeister von Motzendorf, ein älterer, schon graumelierter Offizier, dessen Kühnheit im Weltkrieg 1914/18 zu Ruhm und Ansehen führte. Ihm heftete der große Heerführer General Ludendorff das Eiserne Kreuz I. Klasse persönlich an die Brust. Dagegen ist unser Zugführer, Leutnant von Neckenstein, noch ein Jüngling, der sein Offizierspatent gerade erst an der Offiziersschule erworben hat. Sein Eifer, seine untergebenen Soldaten wie Stahl zu härten, ist unvergleichlich groß.”
Nach Sekunden des Überlegens setzte er hinzu: „Gleichwohl werden Sie die Offiziere während der Ausbildung nur selten zu Gesicht bekommen. Diese Männer gehören den blaublütigen Geschlechtern an. Alle Offiziere müssen sich ständig in der Beherrschung der Grundelemente von Strategie und Taktik weiter bilden. Daher liegt die tägliche Ausbildung der Rekruten in den Händen des Unteroffizierskorps. Kopf unserer Kompanie ist Hauptfeldwebel Ladenschmeisser, ein äußerst zackiger Mann von siebenundzwanzig Jahren. Er wird auch Spieß genannt. Unseren Zug führt Feldwebel Hintersinn. Dieser dreiundzwanzigjährige Feldwebel glüht förmlich vor Verlangen, Ihnen das Einmaleins des Exerzierens und seiner Elemente beizubringen. Als Unteroffizier hat er sich die Sporen im Polenfeldzug verdient.”
Sodann zückte er sein Notizbuch und informierte über die umfangreichen Aufgaben des nächsten Tages.
Windmüller blieb am Fenster stehen. Seine schlanke Gestalt stand vor dem verschwimmenden Abendhimmel. Ein Lächeln überzog sein junges Antlitz. Mit gespreizten Fingern, und den Händen vor die Brust, sprach mit ansteigender Stimme, wobei ein träumerisches Nachdenken auf seinem Gesicht erschien, von der heiligen Sache, der alle Soldaten zu dienen hätten, um als Patrioten an den Kriegsfronten mit glühendem Herzen und kühlem Verstand für Deutschlands Größe zu kämpfen. Er sprach auch von den geschlagenen Armeen, die vom Staub der Geschichte bedeckt sind, vom Nationalsozialismus und seinen Ideen, die durch jeden Soldaten würdevoll weitergetragen werden müssten. Er zögerte einen Augenblick, überlegte und sagte beherrscht: „Denken Sie immer daran, Kameraden, in den langen Jahren nach dem jüdisch-bolschewistischen Dolchstoß in den Rücken unserer tapferen und unbesiegbaren Soldaten im November 1918 war das Verantwortungsgefühl des deutschen Volkes, für die Heimat