Karina Förster

Spring!


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ja nicht zwangsläufig auch, dass mein Zettel gezogen wird.

      »Beide Geburtstagskinder dürfen jetzt ihren Tanzpartner losen«, erklärt Kai die Spielregeln weiter. Er stellt sich gut sichtbar in die Mitte der Terrasse. »Nun denn. Wer will anfangen? Lisa?«

      Lisa tritt zu ihm. Sie zieht, ihn anlächelnd, ein Los aus der Vase mit der rosa Schleife.

      Kai nickt zufrieden und sie entfaltet ihr Los. Sie liest laut: »Per.«

      Danach schreitet sie zu einem Mann, der breit grinsend und mit einer knappen Badehose bekleidet den Zettel ansieht, den Lisa ihm hinhält. Er strafft sich stolz und geht mit ihr in Position. Eine langsame Rumba beginnt und beide schweben über die Terrasse.

      Im Anschluss an diesen Tanz wird Yanick seine Tanzpartnerin ziehen. In den Gesichtern, der anwesenden Frauen sehe ich die pure Anspannung. Vor allen in Ninettes. Die stehen bestimmt Schlange bei ihm. Wenn er genug Zeit hätte, dann könne sicher rund um die Uhr ein Lostanz stattfinden.

      Fiebrig erwarten sie die Verlosung und schauen verstohlen zu ihm herüber. Wen wundert's, alle hoffen auf sich. Sie lecken sich alle Finger nach ihm und ich drehe meine Augen in seine Richtung.

      Er verfolgt den Tanz seiner Schwester mit rhythmisch wippendem Fuß. Sicher tanzt er gerne, denn manchmal bewegt er die Hüfte mit. Sie steckt in einer abgeschnittenen Jeans. Er lacht kurz amüsiert auf, als Per aus Versehen mit Lisa zusammenprallt, weil die Tanzschritte ihm Mühe bereiten. Zu gut kann ich jede Frau verstehen, die vor ihm auf dem Boden liegt und ihn anhimmelt. Sein Lachen klingt bezaubernd und angenehm, nicht hämisch. Er beugt sich leicht nach hinten und lacht aus tiefsten Herzen. Sein Gelächter steckt mich an und ich hebe unweigerlich meine Mundwinkel hoch.

      Genau in diesem Moment sieht er her. Mein Herz stolpert wieder erschrocken, doch ich kann meinen Blick nicht züchtig oder verschämt senken. Ich schaffe es nicht. Am Ende glaubt er noch, ich mag ihn. Es genügt doch, wenn alle anderen Frauen das so offenkundig tun.

      Erst der Beifall für Lisa und Per unterbricht unsere Blicke.

      Yanick schreitet auf die Tanzfläche und positioniert sich für seine Verlosung. Kai stellt sich mit der Vase, an der die hellblaue Schleife befestigt ist vor ihm.

      »Yanick. Jetzt du. Warte, ich mische noch einmal!«

      Kai rührt mit seiner Hand in der Vase und mischt den Zettelhaufen darin kräftig durch. Gut, geht es mir durch den Kopf. Mische meinen Zettel ruhig nach ganz unten, damit er mich nicht zieht.

      Yanick schaut ihm dabei zu. Anschließend greift seine Hand in die Vase und er hält das Los nun in seiner Hand. Kai tritt zufrieden lächelnd bei Seite. Yanick faltet sein Los auseinander und verliest laut meinen Namen.

      »Ella.«

       Oh nein!

      Er kommt auf mich zu und zeigt mir zum Beweis den Zettel, auf dem mit meiner Handschrift mein Name steht. Ich selbst schrieb und faltete ihn. Zaudernd und ungläubig sehe ich vom Zettel in Yanicks Gesicht auf. Der schweigt und sieht mich nur an. Er lächelt nicht einmal.

      Das muss ihm doch jetzt peinlich sein. Also mir ist es jetzt peinlich. Seine Hand streckt sich aus und charmant beginnt er zu lächeln. Freut er sich etwa über meine Reaktion?

      Einige Gäste werden ungeduldig. Ich lege meine Hand in die Dargebotene und er zieht mich aus meiner Sitzhaltung auf.

      Er macht sich nicht die Mühe mit mir in die Mitte der Terrasse zu schreiten. Anders als Lisa will er gleich hier loslegen und stellt sich in Position auf. Die Musik beginnt und die ersten Takte sagen mir, dass es ein langsamer Merengue ist. Na Klasse! Vergebens bemühe ich mich, an ihm vorbeizusehen.

      »Bereit?«, fragt er mich leise. Ohne meine Antwort abzuwarten, beginnt er mit den ersten Tanzschritten. Automatisch stelle ich mich auf meine Ballen. Ich folge den gemütlichen, aber sinnlichen Schritten.

      Wie ich schon bei seinem Tanz mit Lisa beobachtet habe, beherrscht er weit mehr als die Grundschritte. Innerhalb weniger Augenblicke bin ich auf seine Schrittweite eingestellt. Ich folge ihm mühelos.

      »Du hast heute auch Geburtstag?«, frage ich unterkühlt, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

      »Ja«, antwortet er.

      »Gratuliere!«

      »Danke«, sagt er, meine Eiseskälte überhörend und zieht mich dichter zu sich heran.

      »Habe mein Geschenk am Steg liegen lassen. Die Taschen am Bikini sind leider immer viel zu klein«, sage ich und löse mich für mehrere Schritte rückwärts. Er sieht an mir hinab. Ich komme, meine Hüfte wippend wieder auf ihn zu. Meine Hände halte ich so, dass er sie bequem greifen kann.

      »Ja, ich sehe«, raunt er, beugt sich für eine Wickelfigur und dreht mich ein. Doch ich befreie mich aus seiner Umarmung und wir tanzen jetzt unsere Schritte diagonal.

      »Dann schenkst du mir eben etwas, das du dabei hast. Ich bin sicher, du weißt, was mir gefallen könnte.«

      Er hebt meine rechte Hand und führt sie über meinen Kopf. Dort hält er sie für einen kleinen Moment, bevor er sie lächelnd loslässt. Sein Satz in Kombination zu der sehr verführerischen Bewegung bringt mich fast aus dem Konzept. Wirklich, er tanzt gut und weiß es zu genau. Das Einzige, was ich dabei habe ist mein Bikini.

      »Vorhin hast du doch gesagt, dass dir mein Bikini gar nicht gefällt«, sage ich. Dabei gehe ich einen Schritt zurück und drehe mich. So gedreht, steht er hinter mir.

      Er legt seine Hand auf meinen Bauch und ich höre ihn hinter mir lachen. Geht’s noch? Ich habe Gänsehaut, weil er neben mir lacht.

      Dicht an seinen Körper geschmiegt fahre ich abwärts kreisend meine Hüfte hinab und er macht mit. Das Publikum klatscht. Es wirkt eindeutig und ich unterbreche zufrieden mit einem Ausfallschritt. Doch er holt mich zurück und zieht mich dicht und aufrecht zu sich. Seine Hand ruht auf meinem oberen Rücken und sein Bein drängelt sich zwischen meine.

      Er beginnt seine Hüften kreisen zu lassen. Das wirkt keineswegs plump, denn er schlägt gekonnt eine Bewegung zwischen den Kreisen ein. Die wirkt sexy. Aber das Frivole der Geste unterbricht er, indem er zu einer neuen Wickelfigur überleitet. Wieder sind die Zuschauer begeistert, denn sie kommen voll auf ihre Kosten.

      »Dann verstehe ich nicht, warum du ihn dann geschenkt haben willst?«, frage ich und übergehe damit seine Reize.

      Yanick beugt mich leicht nach hinten, ohne mir zu antworten.

      Stand nicht hinter mir an irgendeiner Stelle Ninette? Gut, dann aber nur so weit beugen, dass Yanick auch mein Gesicht sehen kann.

      Tatsächlich, sie steht dort und sieht griesgrämig zu mir herab. Ninette ist es deutlich anzusehen, dass sie sich stark darüber ärgert, diesen Tanz nicht mit Yanick zu tanzen. Offenbar ist es für sie sogar unerträglich, dass ich mit dem Mann tanze, bei dem sie sich liebestoll anbiedert.

      Nach zwei Tanzschritten biege ich mich erneut herab. Ich lächele sie offen an. Yanick hält mich in meiner Hüfte und zwingt so unsere Unterkörper aneinander. Mein Bein eng an seinem gedrückt, ziehe ich es, so weit ich kann hoch. Dabei öffne ich meinen Mund.

      Ich schließe lasziv meine Augen, zucke mit meinem Oberkörper so, als hätte ich in seiner Hose etwas sehr Hartes gespürt. In diesem Moment tue ich so, als wäre ich darüber sehr entzückt. Meine Lippen öffnen sich einen Spalt weiter.

      Lang gezogene Pfiffe ertönen aus den Reihen der Zuschauer. Wie ich erwartet und gehofft habe, ist das zu viel für Ninette. Sie sieht zu ihm auf. Was auch immer sie dort entdeckt, es erzürnt sie, denn sie sieht zu mir hinunter und läuft rot an.

      Männer sind so berechenbar! Wer in der Küche mit der vögelt, den kann man ganz leicht anheizen. Ninette schnaubt verächtlich aus und stürmt durch die Menge davon. Zufrieden und schmunzelnd werde ich in Standposition hochgezogen. Die Musik verstummt.

      Doch Yanick bleibt stehen, wie er ist und betrachtet mich.