Karina Förster

Spring!


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steige grinsend die letzten Stufen hinauf, trete in meine Zwei-Raum-Wohnung ohne ihn aus den Augen zu lassen. Er lächelt immer noch – siegesgewiss.

      Ich bitte ihn mit einer eindeutigen, aber stummen Geste hinein und er sieht sich ebenso interessiert um, wie ich es bei ihm tat.

      Ich mache das, was ich immer mache, wenn ich heimkomme. Wie gewohnt werfe ich mein Schlüsselbund in eine Schale, die auf dem kleinen Regal im Flur steht und gehe in die Küche. Mein Kater miaut mich an, als ich den Schrank öffne, in dem sein Futter lagert. Sein weißer Kopf knallt gegen mein Schienbein. Dass er sich aber auch immer die schmerzhafteste Stelle für seine heftige Liebesbekundung aussuchen muss!

      »Hallo mein Schatz! Hast du mich vermisst? Ja, ich dich doch auch«, flüstere ich ihm beruhigend zu. »Ich war auf einem Boot, aber jetzt bin ich wieder hier.«

      Yanick beobachtet uns an den Türrahmen gelehnt.

      »Das ist Schmitti.«

      »Hallo Schmitti.«

      Schmitti sieht zu ihm, miaut kurz, als er seinen Namen hört, widmet aber sofort wieder die volle Aufmerksamkeit seinem Fressnapf, den ich ihm reiche. Gierig schnappt er sich die zerkleinerten Brocken und ich streichele seinen Rücken.

      »Sieh dich ruhig um, fühl dich wohl. Ich bin gleich wieder da«, sage ich zu Yanick und verlasse die Küche.

      Er steht mit Schmitti am Fressnapf.

      Im Bad stelle ich mich vor den Spiegel und sehe in mein Spiegelbild. Meine Haare sind offen und ich beginne mich sorgsam zu kämmen. Anschließend flechte ich mir einen Zopf und stecke ihn hoch, damit er beim Duschen nicht nass werden muss. Zuvor reinige ich mir meine Füße im Waschbecken. Die Hose von Lisa ziehe ich mir aus und falte sie.

      Die Tür öffnet sich und Yanick tritt mit Schmitti auf dem Arm ein.

      Er sieht sich um.

      Also doch dreist.

      Aber warum wundert oder ärgert mich das nicht?

      Schmitti springt von seinem Arm und läuft hinaus. Auch das wundert mich wenig. Es ist sowieso ungewöhnlich, dass Schmitti auf seinem Arm saß. Er hasst Männer und beißt sie gerne mal. Sein Herz hat wohl zu schnell geschlagen und Schmitti erschreckt.

      Ich ziehe mich, ungeachtet der Anwesenheit meines Besuchers, weiter aus. Ich falte nun Lisas Strickjacke in aller Seelenruhe. Er setzt sich auf den Badewannenrand und beobachtet mich aufmerksam.

      Als alles ordentlich liegt, trete ich vor die Dusche und entledige mich dort meines Bikinis, als ob Yanick nicht im Raum anwesend wäre. Ich öffne den Duschknauf und ein Nieselregen fällt sanft wie Frühlingsregen auf mich hinab. Anschließend drehe ich mich und erblicke Yanick, der sich vor der Dusche befindet und sich ohne Hast entkleidet. Ein Schritt und er steht vor mir. Wie schon auf seiner Terrasse schlägt mein Puls bis zu meiner Schläfe, macht mir das Denken unmöglich und zwingt mich beinahe in die Knie.

      In meiner Hand halte ich sein Geschenk und reiche es ihm jetzt:

      »Herzlichen Glückwunsch«, flüstere ich und lege meinen Bikini in seine Hand. »Ist es das, was du wolltest?«

      Er sieht zu seiner Hand hinab, in der jetzt mein Bikini liegt und lacht gelöst.

      »Auch«, gibt er zu und mir ist klar, dass er weiß, es folgt ein Weiteres. »Ist es für dich in Ordnung, wenn ich mir Ninette vom Leib wasche?«, fragt er und ich nicke.

      Klar will ich das.

      Solange er sich nach Pflegeartikel umsieht und sich reinigt, betrachte ich ihn. Er wirkt auf mich ebenmäßig und perfekt modelliert. Der erste Mann, den ich nackt an mich heranlasse. Auf manche Ebenen spricht er meine Sinne an und mein Körper reagiert eindeutig. Ebenso wie seiner.

      »Es ist leicht, zu erkennen, bei welcher Eingangstür ich mit meiner Mimik reagiere«, beginne ich und beobachte sein Gesicht aufmerksam. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Also liege ich richtig.

      »Dein rechter Mundwinkel hat dich verraten. Du hast dich gefreut. Und unten vor der Tür hast du zu deinen Fenstern hochgesehen.« Seine Augen wirken bei dem Licht schwarz und ich spüre meinen Puls bis in jeden Zellkern. Mein Atem geht flach, als er sich ganz nah zu mir stellt.

      »Vermutlich habe ich dir den Weg weisen wollen«, hauche ich.

      Das Duschwasser glättet seine Kopfhaare und läuft in dicken Rinnsalen an ihm herunter. Es tropft aus seinen Haaren und berieselt meine Haut. Kein Mann war mir bislang so nah. Noch keinen Mann wollte ich so nah lassen.

      »Vielleicht.« Weniger als ein Hauch hat er dieses Wort geflüstert.

      Deren Wirkung spüre ich dennoch in meinem Gesicht, als hätte er mich mit seinen Händen gestreichelt. Ich bin erregt, obwohl ich kaum etwas von ihm weiß. Obwohl ich mich dagegen gewehrt habe. Gegen diese Gefühle bin ich scheinbar machtlos.

      » мо́жет быть - Mozhet büjt (Vielleicht)«, flüstere ich und berühre seine Oberschenkel. Er schließt die Augen und erneut strömt sein Atem über meine Haut.

      Ich habe seinen Anblick schon genossen, als er die Leiter zum Boot hinaufkletterte. Mit meinen Fingern fahre ich seinen Körper entlang und er genießt diese Liebkosung. Sein Atem geht flach. Ich gleite hinauf zu seiner Hüfte und halte inne, um ihn anzusehen.

      Wir existierten nur noch in einer stillen, dunklen Welt, die nicht von dieser zu sein scheint. Alle Fragen und Ängste schweigen in dieser ehrwürdigen Sekunde. Mein Mund öffnet sich einen winzigen Spalt.

      Er sieht es und sofort spüre ich seine samtweichen Lippen. Gefühlvoll und die Seele streichelnd verschmelzen sie mit meinen. Seine nassen Arme umschließen mich und schieben mich verlangend an seinen Körper. Dieser Kuss ist himmlisch und es ist leicht, eins mit ihm sein zu wollen. Ich drehe den Wasserhahn zu.

      Yanick verlässt die Dusche und holt ein Handtuch. Er wickelt uns darin ein. Tänzelnd schiebt er uns in mein Schlafzimmer. Unsere Münder bleiben dabei aufeinander.

      Dort angekommen flüstert er: »Ich wollte dich unbedingt. Wie nie etwas zuvor in meinem Leben. Es tut mir leid, dass ich unseren Start vermasselt habe.«

      Schnell lege ich meinen Finger auf seinen geschwungenen Mund. Daran will ich jetzt nicht mehr denken und streife das Handtuch von unseren Körpern. Es fällt zu Boden.

      Später liege ich im Bett und schaue von meinen Sinnesempfindungen überwältigt, an die Decke. Nie hätte ich gedacht, dass es sich so anfühlt. Noch immer bin ich außer Atem. Ich liege erschöpft neben ihm und sehe ihn lächeln. Mein Körper fühlt sich an, als sei er Achterbahn in das Universum gefahren. Ich bin noch immer berauscht und elektrisiert. Nie im Leben habe ich mir derartige Gefühle in so einem Einklang der Körper und Herzen vorgestellt.

      »Darf ich bei dir bleiben?«, höre ich seine vom Glück trunkene Stimme und spüre, wie er mit einem Finger meine Gesichtszüge nachfährt, als male er auf Leinwand.

      »Bis Montag früh. Danach trennen sich unsere Wege.« Lächelnd drehe ich mich zu ihm, schnuppere an seiner weichen Haut, die von einem leichten Schweißfilm überzogen ist und salzig schmeckt. Sie ist weich und warm. Unwiderstehlich und ich beiße vorsichtig hinein.

      »Bis Montag?«, fragt er und ich bestätige mit einem Kopfnicken. »Wegen der Wette?«

      »Vielleicht.«

      »Du bist herzlos und eiskalt wie der sibirische Winter!«, wirft er mir schmollend vor und zieht mich dennoch in seine Arme.

      Ich schmiege mich mit meinem Rücken an ihn. Ein Kuss in meinen Nacken kitzelt mich und sein Atem lässt tausende Schmetterlinge in meinem Bauch fliegen.

      »Das war ich heute Morgen noch nicht. Umgang formt«,