Karina Förster

Spring!


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formt ebenso«, kontert er zurück. Er legt seine Hand entschieden und beherzt um meine Taille, bis mir in dieser sicheren Umarmung meine Lider zufallen.

      Nachdem ich spät am Vormittag erwache, ist sein Antlitz das Erste, was ich wahrnehme. Ein Lächeln huscht über meine Lippen. Als wäre er mein Spiegel, antwortet er mit breit gezogenem Mund und strahlenden Augen.

      »Guten Morgen. Du bist nicht gegangen?« Ich ging davon aus, dass er nach meinen Worten gehen würde. Ist er aber nicht und irgendwie bin ich froh darüber ohne es genau erklären zu können.

      »Guten Morgen. Es ist Dienstag um sechs Uhr in der Früh. Noch eine Menge Zeit bis Montag.« Heute ist Sonnabend und er will mich necken, indem er die Tage vertauscht. Dementsprechend huscht mir über diese Dreistigkeit wieder ein Lächeln über den Mund. Unter der Decke fährt er mit seinen Fingern seitlich an meinen Armen entlang.

      Ich grinse und Yanick schlägt die Decke zurück. Er will mich bei seinen Zärtlichkeiten ansehen können. Bedächtig fährt er über meine Haut. Seine Augen folgen den Fingern.

      Dabei bemerkt er den Fleck zwischen uns. Der prangt mitten zwischen uns. Genau auf Beckenhöhe. Yanick zieht seine Brauen zusammen.

      Er wirkt erschrocken und sieht mich mit auffällig großen Augen an. Dann weicht sein Schreck der Erkenntnis.

      Weil ich schweigend und gelassen den winzigen dunklen Punkt betrachte, fragt er »Du bist?«

      »Ich war …«, kläre ich ihn in aller Seelenruhe auf, weil er jetzt hochfährt. Seine Mine bietet die gesamte Bandbreite an Emotionen auf. Fast muss ich darüber lachen.

      »Ich habe nichts gemerkt«, bringt er schließlich hervor und beäugt mich argwöhnisch.

      »Das sollte dich nicht erstaunen, weil es doch nur für dich spricht und ich wollte es nicht thematisieren«, beruhige ich ihn und lächele zufrieden.

      »Und dir geht es gut?«, fragt er nun besorgt? Anscheinend bin ich seine erste Jungfrau. Das ist süß.

      »Aber ja, nur habe ich jetzt Hunger, wie ein sibirischer Wolf«, lache ich. Er zieht mich hoch, saust mit mir an der Hand in die Küche, aus der Schmitti sich miauend verzieht. Wir bereiten uns nackt und uns immer wieder küssend ein verspätetes Frühstück.

      Das essen wir am Tisch sitzend. Er grinst mich immer wieder breit an und schüttelt den Kopf. Ich will gar nicht erst wissen, welche Gedanken ihn da durchschweifen. Ich grinse einfach zurück.

      »Was geht dir durch den Kopf?«, frage ich ihn nach einer Weile. Ich lehne mich zurück. Er hat mir seit zwei Minuten ununterbrochen und aufmerksam beim Kauen zugesehen.

      »Mein Vater. Er mochte dich.«

      »Das muss an meiner netten Art liegen. Da muss erst eine in einem Bikini kommen, den du nicht einmal magst«, spöttele ich und grinse keck. Dann trinke ich aus meiner Tasse.

      »Nette Art?«, lachend wirft er seinen Kopf in den Nacken. »Wenn du so willst. Er sagte mir, ihm erschien es so, als ob sich ein lang verheiratetes Ehepaar stritt.«

      »Was lachst du da? Ich war freundlich und höflich.« Seine Bemerkung überhöre ich absichtlich.

      »Im Ernst, Ella. Ist dir noch nie aufgefallen, dass du unglaublich schön bist?«

      »Irgendwann bin ich alt und runzelig, falls es mich nicht schon morgen hinrafft und ich es überhaupt erleben darf. Da ist es doch heute egal, ob ich schön bin oder nicht. Meine Mutter war bildschön und glaube mir, dem Tod war das gleichgültig«, entgegne ich und stelle die Tasse geräuschvoller als beabsichtigt ab. Schönheit hat schon meiner Mutter nicht viel geholfen. Ich lehne Oberflächlichkeiten nicht nur aus diesem Grund ab.

      »Deine Mutter lebt nicht mehr?«

      Schweigend sehe ich in die Tasse und bejahe nickend.

      »Das tut mir leid. Du bist wunderschön und ich rede nicht nur von deinen Äußerlichkeiten. Ella, sein Herz blieb fast stehen«, beklommen senkt er den Blick und fügt mit leiser Stimme hinzu: »Mein Herz auch.«

      »Vor Schreck?«, frage ich grinsend, werde jedoch schnell ernst, als er seinen Blick zu mir hebt und ich darin sein Herz entdecken kann. Yanick verneint kopfschüttelnd und sieht schamhaft auf den Tisch hinunter. Seine Finger fahren unruhig die Maserung entlang. »Nein. Ganz sicher nicht deswegen. Alle reden immer über Geld.«

      »Ich habe aber auch über Geld mit ihm geredet.«

      »Du verstehst nicht.«

      »Scheinbar«, sinniere ich und denke dabei an Ninette. Sie ist das beste Beispiel, wie ich mal nicht werden will. »Zu viel Geld verdirbt den Charakter«, necke ich ihn. Er greift blitzartig zu meiner Hand herüber und versucht sie zu haschen. Doch ich bin schneller und entziehe mich laut frohlockend.

      »Hör auf, so zu reden! Ich habe keinen verdorbenen Charakter.« Für einen Moment wird sein Gesicht ärgerlich und er deutet mit dem Zeigefinger energisch auf die Tischplatte. »Ich bin mir zu eintausend Prozent sicher: Wäre das wirklich deine Meinung über mich, dann würde ich hier nicht sitzen.«

      Das war nicht meine Meinung und es tut mir schlagartig leid, dass ich ihn auf diese Art necke. In der gemeinsamen, wenn auch wenigen Zeit, habe ich das längst bemerkt.

      Ich gehe zu ihm, positioniere mich, bis er zu mir empor sieht. Niedergedrückt sehen seine Augen an mir hinab und ziehen mich an sich. Ich setze mich quer über seine Schenkel und lege meinen Arm um seine Schulter. Es ist rücksichtslos zu hänseln, wenn jemand wenig Geld besitzt, aber genauso gut auch umgekehrt. Und ihn verletzt es eindeutig, dass ich ihn damit aufziehe.

      »Du hast recht. Du würdest hier nicht sitzen«, sage ich kleinlaut und küsse ihn entschuldigend. Schnell wird der Kuss lebendig, immer temperamentvoller, bis er stürmisch und lustvoll seufzt. »Aber ich bin durch und durch verdorben und ich werde dich fressen. Montag ist nichts mehr von dir übrig.«

      Ich habe mich zu seiner Halsbeuge gearbeitet und werde bei diesen Worten unwirsch weggedrückt. Wieder stehe ich vor ihm und sehe verwirrt zu ihm hinab.

      Meine Worte kamen einer Ohrfeige gleich, begreife ich und will ihn wieder zu mir ziehen. Doch er schüttelt energisch seinen Kopf, schiebt mich von sich. Ich lasse von ihm ab. Erst da erfasse ich, was ihn bekümmert. Unsere gemeinsame Zeit ist endlich und ich habe ihn an Montag erinnert. Vorsichtig lege ich meine flache Hand unter sein Kinn und schiebe es so, dass er mich ansehen muss.

      »Noch ist nicht Montag«, flüstere ich. »Heute ist doch erst Dienstag.«

      Er lächelt schon wieder, wenn auch zaghaft. Gebeugt beginne ich seinen Mund zu suchen, den er mir zuwendet und mich nicht wieder fortstößt. Im Gegenteil. Schnell wird er wieder innig und fieberhaft. Vor ihm auf seinen Schoß sitzend, spüre ich schnell, wie sehr ich ihn entfache und befeuere. Wieder sitzt er seufzend unter mir und gibt sich meinen Küssen hin.

      Seine Bewegungen unter mir sind völlig klar und spornen mich an. Unser Atem geht flach und wir sind still, als wir uns verbinden.

      Mit offen begehrendem Mund sieht er mich an und genießt den Moment. Erst danach macht er einen Atemzug. Es ist Leidenschaft pur und er schließt für eine Sekunde seine Augen. Aus seinem Mund haucht er ein Oh und ich nehme es in meinen Mund auf. Entrückt löst er sich allmählich unter meinen Bewegungen auf. Er erzeugt einen Sog, als er zitternd zu mir sieht. Ich empfinde es als ein mitreißendes Meer. Seine hellbraunen Augen laden mich ein.

      Mit halb geschlossenen Augen ertrinkt er bereitwillig. Ergriffen sehe ich seiner Wonne zu. Er reißt mich auf seltsame Weise mit sich und ich folge bedenkenlos. Ich tauche ihm nach, in ein mir unbekanntes Meer, wo er zu tausend Einzelteilen zerfällt.

      Der Erregung folgt ein Zustand absoluter Verzückung. Ich bin fern von allen Orten. Fasziniert will ich ein Teil von ihm berühren und sehe, dass sich meine Hand ebenfalls zerfällt. Alles formiert sich neu, wird gemeinsam zu etwas, das nur durch sich selbst genährt wird. In sich vollkommen und doch unvollkommen. Alles und nichts. Leer und voll zeitgleich. Gerührt und erschüttert